„Hey Skip, das Wasser steht bis zu den Knöcheln über den Bodenbrettern.“ – „Na und, wir haben doch eine automatische Bilgepumpe.“ – „Ausgefallen!“ Diese Ansage hört man nicht gern, vor allem nicht auf einem 100 Jahre alten Holzboot in stockfinsterer Nacht bei Windstärke sechs bis sieben und hohen Wellen gegenan.
Zum Glück hat der Eigner der Herta im Winter eine kräftige Handpumpe eingebaut und zudem eine hochmotivierte Crew an Bord, die keine Angst zeigt. Davon konnte er bis zum Schluss nicht ausgehen. Denn die richtige Mannschaft zusammenzustellen ist nur eines der Probleme, wenn man mit einem Klassiker auf die Regattabahn gehen will.
Warum nur Regattasegeln?
Die Frage ist nur: Muss man sich das wirklich antun, wenn man ein schönes klassisches Holzschiff hat? Dafür müssen wir natürlich erst mal fragen: Warum ein klassisches Holzboot und nicht ein modernes, komfortables GFK-Boot, ein sogenannter Cruiser Racer, wie wir sie gerade im August bei der IOR-WM in Kiel erlebt haben, oder gleich eine Carbon-Rennziege wie die Imocas, die bei The Ocean Race um den Erdball geprügelt werden.

Die Antwort ist einfach: Weil diese Boote mit ihrer speziellen Ästhetik von ihren Eignerinnen und Eignern geliebt werden, wie man kein Plastik-Boot lieben kann. Und weil so ein Boot verhältnismäßig viel mehr Arbeit im Winter macht als ein GFK-Boot, damit im Sommer der Lack auch wirklich glänzt und das Holz zur Geltung kommt, möchte man sich damit sehen lassen und im Kreise Gleichgesinnter feiern.
Dafür sind die Veranstaltungen des Freundeskreises klassische Yachten (FKY) wie geschaffen. Einfach nur als Sternfahrt irgendwo hinsegeln, zum Beispiel Mitte Juni nach Svendborg, ist zwar möglich. Aber die Regatta, aus verschiedenen Ecken der Ostsee gestartet, macht erst den Reiz aus. In diesem Fall war es die Nachtregatta The Run, die traditionell mit der Aerø-Rund-Regatta zusammenfällt und einen ruhigen Törn durch eine kurze Nacht verspricht.
Holz trifft auf Carbon
Es muss ja nicht aus allen Knopflöchern pusten wie dieses Jahr, jedes Boot hat seine Grenzen. Das hat auch die Crew der Herta eingesehen, auf die Rundung der zweiten Tonne nördlich Als verzichtet und gleich entspannt Svendborg angesteuert, um die Klassikerfreunde zu treffen. Auf der harten Kreuz zur roten Tonne 7 sm vor Schleimünde hat sich auch gezeigt, wo die Leckstellen sind und dass im nächsten Winter eine Deckssanierung fällig ist.

Viele der Boote sind vor bis zu 100 Jahren auch schon als Regatta-Yachten gezeichnet worden, wie die 6mR, 8mR und 12mR Racer oder die schnittigen Schärenkreuzer. Die Crews versuchen möglichst mit modernen Riggs und Segeln die Schiffe richtig schnell zu machen. Da sieht man auch mal schwarze Carbonsegel auf der Bahn.
Das tut den Holzbooten nicht immer gut. Denn früher waren die Materialien nachgiebiger und haben nicht so sehr an den Verbänden gezerrt. Überhaupt haben auch Boote nur eine begrenzte Lebensdauer und gerade Regattayachten, ob modern oder klassisch, sind meist nur für eine Lebenserwartung von 10 bis 20 Jahren gebaut.
Schiffe sind wie Menschen
Dass die Klassiker überhaupt noch segeln, ist dem Einsatz ihrer Eignerinnen und Eigner zu verdanken. Sie haben sich irgendwann mal in ein richtig schönes klassisches Boot verliebt und mussten dann einsehen, dass sie an einer aufwendigen Restaurierung nicht vorbeikommen. Dabei geht es meist bis zum Kiel und den Hauptverbänden. Denn von außen sieht man nur schön lackiertes Holz, doch wie die Spanten, Kiel und Kielbolzen aussehen, offenbart sich oft erst auf den zweiten Blick, beziehungsweise wenn man erst mal zwei Saisons gesegelt ist.

Schiffe sind wie Menschen, ab einem gewissen Alter werden sie gebrechlich. Dann ist mehr als ein Facelifting fällig, auch hier hilft gute Pflege den Alterungsprozess zu verlangsamen. Moderne Regattayachten sind oft an die Grenze gebaut. Sie können bei richtiger Handhabung auch richtig schweres Wetter ab und werden auch ebenso gesegelt. Auf Klassiker-Regatten wählen die Teilnehmer eher die sichere Variante. Man bleibt – bis auf wenige Unerschrockene – bei mehr als fünf bis sechs Beaufort lieber im Hafen. Es kann aber auch anders kommen (siehe oben).
Familien, Sportler, Veteranen
Auch die Crews sind nicht immer schwerwettertauglich. Oft sind es Familien-Mitglieder und Freunde. Trainiert wird selten, häufig nur ein oder zwei Mal. Viele Eigner, die ihre Schiffe an der Ostsee liegen haben, kommen auch von weither aus dem Süden der Republik oder gar aus Österreich oder der Schweiz.
Dennoch gehen an den Tonnen zügig die Spinnaker hoch, man will sich ja keine Blöße gegenüber der Konkurrenz geben. Es wird um jeden Meter gekämpft, denn eine andere Gruppe der Seglerinnen und Segler hat Crew-Erfahrung auf modernen Regatta-Yachten oder Jollen. Trotzdem steht der Spaß im Vordergrund.