Nach der Übergabe machte ich gleich einen kleinen Schlag. Viel Wind, wenig Segel, aber das Boot segelt gut. Die Ehefrau steht im Niedergang, begeistert von dem hübschen Schiffchen, bestens geeignet als Wochenend-Domizil an der Schlei. Wer muss schon immer segeln?
Blitzlichter und Gin Tonic
Der alte Eigner freut sich, einen neuen Liebhaber für seine Herzensdame gefunden zu haben, er hätte sie nicht jedem anvertraut. Seine „First Lady“ möchte gerne etwas bequemer reisen – auf einem GFK-Klassiker, einer Hallberg Rassy 35 aus den 80ern. Ein kleiner Batzen Geld wechselt den Besitzer, die Versicherung wird klargemacht, Aeolus darf noch bis Saison-Ende bei den Marinefliegern in der Plüschow-Bucht liegen bleiben.
Und dann der Auftakt zur Kieler Woche im Herbst, Rendezvous der Klassiker. Am Abend kommen die großen Geschwister Mingary und Peter in die Bucht. „Komm doch zu uns ins Päckchen.“ Damit hatte ich nicht gerechnet, was für ein Gefühl, wir waren aufgenommen in dieser Gruppe von Bootsbauern und Klassik-Enthusiasten.
Am Morgen dann die erste Fahrt zum Start vor dem alten Olympia-Hafen. Wir sind in der Gruppe der Folkeboote und kleinen Kreuzer. Zwei bis drei Windstärken, Aeolus lässt sich trotz des langen Kiels fast wie eine Jolle steuern. Bloß nicht übermütig werden, aber wir segeln ja schließlich Regatta, leider nur die kleine Bahn auf der Innenförde und nach 2 1/2 Stunden sind wir schon durch.
Unterwegs gab es Besuch von Fotografen-Booten, alle bewundern das schöne Schiffchen – endlich wieder in der Szene angekommen. Im Millionärsbecken vor dem ehrwürdigen Kieler Yacht-Club sind wir eher eine kleine Nummer. Aber zur Premiere kommen viele Freunde, die mit Gin Tonics verköstigt werden.

Für den zweiten Platz in der Gruppe gibt es einen Strander Beutel mit fair gehandeltem Kaffee aus einer lokalen Rösterei. Wegen Corona gab es keine Preisverleihung an Land, die Preise wurden per Ruderboot überbracht – Premiere geglückt.
Herrlicher Oldtimer, glänzende Zukunft
Jetzt sitzt der stolze neue Eigner und Autor ganz alleine an Bord und lässt die aufregenden letzten Wochen Revue passieren. Vor allem folgt die Bestandsaufnahme. Der Voreigner steht zwar hilfreich zur Seite, aber es gibt noch ein paar Baustellen und vor allem ein paar Ideen, um das Boot meinen Bedürfnissen anzupassen. Die Wochenenden bis Mitte Oktober sind verplant, dann geht Aeolus ins Winterlager.

Im nächsten Frühjahr kommt der rituelle Namenswechsel: Herta III soll sie heißen, Aeolus klebt zwar schon fast 70 Jahre am Spiegel, ist aber nicht der Taufname, der Auftraggeber nannte sie Hai. Wir werden den Windgott und seinen Kollegen im Meer schon besänftigen. Und dann stehen herrliche Touren auf Schlei und Ostsee und natürlich die Teilnahme an den FKY-Events an. Wer weiß, vielleicht schaffen wir es ja sogar mal zum Holzboot-Treffen in Risör.