Fast neun Tage nach dem geplanten Start hat das Transat Jacques Vabre endlich alle vier Klassen auf den Kurs von Frankreich nach Martinique in der Karibik gebracht. Nachdem die Class40 und die Ocean50 am Montag mit dem Restart vor Lorient in das Rennen zurückkehrten, gingen die 40 Imocas vor Le Havre die ersten Meilen überhaupt der 16. Auflage des Transatlantik-Klassikers an.
Bei Sonnenschein und kräftigen Winden wühlten sie sich durch die kabbeligen Wellen von der normannischen Küste der Halbinsel von Cherbourg entgegen, um aus dem Ärmelkanal heraus einer stürmischen Front entgegenzukreuzen, die die Flotte am westlichen Zipfel von Frankreich erwartet.
Derweil sind die fünf Ultim-Trimarane, als einzige Klasse regulär auf Kurs, bereits am südlichen Ende ihrer Route angekommen und steuern auf der Südhalbkugel nun ihrem Wendepunkt, der Insel Ascension, entgegen.
Imocas steuern auf Schwerwetterfront zu
Orkan Ciaran und die nachfolgenden Stürme hatten einen Start der Imoca-Flotte in der vergangenen Woche immer wieder herausgezögert und den Restart der Class40 und Ocean50 nach ihrer Kurzetappe von Le Havre nach Lorient verhindert. Doch ein kleines Wetterfenster zum Beginn dieser Woche eröffnete nun die Chance, die Flotten von der französischen Küste in Richtung Karibik loszuschicken.
Gleichwohl sind die Bedingungen in den ersten Tagen hart, sollten aber zu meistern sein. Die Kurssetzung sieht eine deutliche Reduzierung der Strecke vor. Während die Ocean50 an den Kapverden vorbei in Richtung Westen geschickt werden, müssen die Class40 nur Madeira auf der Steuerbordseite lassen, um dann nach Martinique abzubiegen. Den direktesten Weg fahren die Imocas, die lediglich die Azoren an Steuerbord als Wegmarke haben.

Damit eröffnen sich für die Imocas viele strategische Optionen, die am Ausgang des Ärmelkanals zu wählen sein werden. Die Frage lautet: nach Süden oder zunächst nach Westen? Auf der Nordroute wartet der stärkere Wind – allerdings direkt von vorn. Der Süden lockt mit der kürzeren Distanz, wärmerem Wetter, bietet aber nur leichte Winde. Entscheidend wird am Ende sein, wie die Crews durch die Leichtwindzone kommen, um schließlich in den Passat einzutauchen.
Boris Herrmann erwartet Herausforderungen
Boris Herrmann erklärte vor dem Start: „Der neue Start und die neue Route ermöglichen jetzt eine wesentlich strategischere Ausrichtung des Rennens. Insbesondere nach den Azoren haben wir jetzt viel mehr Möglichkeiten. Die Wettervorhersage ist jetzt etwas besser als in den letzten zehn Tagen. Es stehen uns aber noch einige große Herausforderungen bevor.
Etwa zwei Tage nach dem Start werden wir wahrscheinlich Böen von 45 Knoten sehen. Hoffentlich können wir durch diese Front kommen, um dann zu wenden und den Wind dahinter zu nutzen, der es uns ermöglichen sollte, schnell zu segeln.“
Auf der Nordroute fürchtet Will Harris vor allem die vier bis fünf Meter hohen Wellen, die den Yachten direkt auf den Bug schlagen werden und die Fahrt damit sehr unangenehm machen.
Charal beeindruckt zum Start mit hoher Geschwindigkeit
Zum Startsignal gaben sich Herrmann/Harris sehr zurückhaltend. Das Duo mit den meisten gemeinsamen Meilen im Rennen, das bereits vor vier Jahren das Transat Jacques Vabre zusammen gesegelt ist, reihte sich im Mittelfeld der Flotte ein.
An der Spitze zeigte die Mitfavoritin, die Charal mit Jérémie Beyou/Franck Cammas, ihr hohes Potenzial. Ganz in Lee der Startlinie gestartet, zog sie mit hohem Speed an die Spitze der Flotte.
Einen Top-Start lieferte auch die Groupe Dubreuil ab. Die ehemalige Yacht von 11th Hour Racing ist ausgerechnet von Sébastien Simon gekauft worden, der bei The Ocean Race mitverantwortlich für den Startcrash der Guyot mit 11th Hour war. Zum Transat Jacques Vabre hat sich der Franzose den Ex-Olympia- und Ocean-Race-Star Iker Martinez an Bord geholt.

Ebenfalls sehr gut ins Rennen starteten die beiden Yachten For the Planet (Sam Goodchild/Antoine Koch) und For People (Thomas Ruyant/Morgan Lagravière). Die Bureau Vallée (Louis Burton/Davy Beaudart) kassierte dagegen eine Fünf-Stunden-Bestrafung, da sie das Startschiff auf der falschen Seite passiert hatte. Charlie Dalin kehrte mit Pascal Bidégorry auf der Macif nach dem Start zurück in den Hafen. Der Rückzug war aus medizinischen Gründen angekündigt worden, ohne dass Dalin dazu weitere Erklärungen abgab.
Nach den ersten Meilen hatte sich die Malizia mit Boris Herrmann auf Rang 13 vorgearbeitet. Die Deutsch-Französin Isabelle Joschke folgte auf der Macsf mit Co-Skipper Pierre Brasseur auf Rang 17. Andreas Baden kämpfte sich an Bord des Non-Foilers Nexans Art & Fenêtres von Fabrice Amedeo auf Rang 29 durch die raue See.
„Nach acht Tagen Warten und Ungewissheit sind wir jetzt bereit loszulegen und entsprechend motiviert. Unsere Yacht ist bestens vorbereitet. Unsere Wettermodelle versprechen eine anspruchsvolle erste Nacht auf See, bevor wir dann mit Kurs Süd in die Biskaya hineinsegeln“, erklärte Baden.
Burke und Fink vorn in der Class40
Bereits am Montag waren die Class40 und die Ocean50 von Le Havre auf Kurs durch die Biskaya gegangen. Die jungen deutschen Lennart Burke/Melwin Fink konnten sich in der vorderen Gruppe platzieren und steuern mit einem Abstand von rund 20 Seemeilen auf die absolute Spitze auf das Kap Finisterre zu.

Zwischenzeitlich gab es allerdings unruhige Stunden für die Fans der Sign for Com. Die Segelyacht konnte auf dem Tracker nicht lokalisiert werden. Allerdings gab das Team schnell Entwarnung: Es handelt sich nur um ein Übertragungsproblem, an Bord ist alles in Ordnung.