Der Plöner Schüler-Ruder- und Segelverein nahm 1953 am Jugend-Seglertreffen auf der Schlei teil – aus heutiger Sicht auf recht abenteuerliche Weise.
Der Verein, seit der Gründung 1948 mit dem Internat Schloss Plön assoziiert und heute bekannt als Pionier beim Inklusionssegeln, trat mit zwei H-Jollen an. An drei Tagen Ende Juli vor nunmehr sieben Jahrzehnten wurden die Regatten vor Arnis und Ulsnis ausgefochten. Davor stand die Frage: Wie hinkommen zum Wettsegeln?
Die Organisatoren vom Norddeutschen Regatta-Verein hatten, zusammen mit dem Kieler Yacht-Club und dem Schlei-Segel-Club insgesamt vier 12-qm-Sharpies, 44 Piraten, acht Marinekutter und drei Elb-H-Jollen angekündigt. Sogar ein Pirat aus Schwerin war gemeldet.
Der Transport der Jollen zur Regattastrecke forderte von den Plönern den erinnerungswürdigeren Einsatz.
Huckepack per Bahn
Für die Schüler galt es, die beiden schweren, aus Vollholz gebauten H-Jollen „Klabautermann“ und „Lilofee“ und einen Piraten nach Schleswig zu bringen. Die Mitte der 1930er-Jahre in Berlin gebauten Wanderjollen waren zwar schon 1951 vermessen worden, die Segelnummern hatten aber erst wenige Wochen zuvor einige Plöner Internatlerinnen auf die Segel genäht.

3 Tage Segeln, 14 Tage Aufwand
Internatseigene Bootstrailer standen den Plönern noch nicht zur Verfügung, geschweige denn PKW oder ähnliches mit Anhängerkupplung. Zu Regatten auf dem nahegelegenen Dieksee brauchte man lediglich den Mast zu legen und über die fünf Seen zu paddeln. Nach Schleswig dagegen kam man nur per Bahn.

Was für ein Aufwand! Schon Tage vor der Veranstaltung auf der Schlei begannen die Vorbereitungen der „großen“ Reise: Zunächst wurde im Bootshaus der Mast der einen H-Jolle gelegt und diese im Schlepp von der zweiten segelnderweise zum Vereinshafen verholt. Nach dem Aufslippen dort wurden die H-Jollen auf einem ziemlich maroden einachsigen Karren zum ehemaligen Plöner Güterbahnhof geschoben.
Unter erheblichen Kraftaufwand auf die Ladefläche der offenen Güterwagen (ohne Rungen) gehievt, bettete man sie auf ausgedienten Internatsmatratzen und verzurrte sie aufwendig. Auf die rund zehn Meter lange Ladefläche passten zwei seitlich etwas versetzte Jollen. Dann ging es ab nach Schleswig zum damaligen, heute nicht mehr existierenden Stadtbahnhof in unmittelbarer Nähe des Stadthafens und des Doms.
In den von den Veranstaltern herausgegebenen „Allgemeinen Bemerkungen“ hieß es: „Es wird denjenigen Gruppen, deren Boote mit der Bahn verladen worden sind, empfohlen, die Hinreise so einzurichten, daß die Jugendlichen am Sonntag, dem 19. Juli, nachmittags in Louisenlund eintreffen, von dort erfolgt dann die Verteilung der Quartiere.“ Die Plöner schlugen im Wald beim Landerziehungsheim, dem heutigen Internat Louisenlund, ihre Zelte auf.
Vier Mann, vier Ecken

Mit einem von der Bahn zur Verfügung gestellten fahrbaren Kran wurden die Jollen abgeladen und schaukelnderweise ins Wasser gebracht. Stand der nicht zur Verfügung, hieß es „vier Mann, vier Ecken!“.

Die „Gemeinschaftsverpflegung“ erfolgte grundsätzlich im Landerziehungsheim. Die Plöner hatten aber auch zwei Fahrräder dabei, mit denen morgens aus dem nahen Fleckeby Brötchen zum Frühstück geholt werden konnten.
Benimm Dich, sonst fährst Du nach Hause!

In dem Begleitheftchen zum Jugend-Seglertreffen, das der float-Redaktion vorliegt, ist der letzte Satz mit Bleistift unterstrichen. Und die „kameradschaftliche Ehrensache“ ist ironisch mit „Heil Hitler!“ kommentiert.
Der verantwortliche Pädagoge Oberstudienrat Wölk („Zeus“) ließ die Jugendlichen aber an sehr langer Leine das machen, was sie für richtig und wichtig hielten. Um das in sie gesetzte Vertrauen nicht zu enttäuschen, wäre es für die Plöner Teilnehmer geradezu undenkbar gewesen, über die Stränge zu schlagen. Außerdem hätte es unweigerlich einen Schulverweis und den Rauswurf aus dem Internat zur Folge gehabt.

Sturmregatta vor Ulsnis
An den angebotenen „gesellschaftlichen Veranstaltungen“ – wie Tanz und gemütliches Beisammensein – haben die Plöner nur am Begrüßungsabend in der Jugendherberge von Borgwedel und bei den Zusammenkünften vor Schloß Louisenlund teilgenommen.

Teilnehmer Günter Heisch erinnert sich vage: „Es kann sein, dass ich bei der Sturmregatta vorn lag. Auch dass meine Jolle am letzten Tag der Jugendregatten bei starkem Südwest und kurzen hohen Wellen volllief. Und eine weitere H-Jolle kenterte.“


Der Fokus bei dem Jugend-Seglertreffen schien generell nicht auf der Wettfahrt gelegen zu haben. Selbst bei der Frage nach den Platzierungen muss Günter Heisch passen: „Wie wir 1953 auf der Schlei genau abschnitten, weiß ich nicht mehr.“ Der sportliche Ehrgeiz hatte sich wohl mehr auf die abenteuerliche Anfahrt gerichtet.
float dankt den Ehemaligen Kay Birkner, Günter Heisch und Joachim Hucke, deren Erinnerungen diesen Text erst möglich machten.