Das Ruder der Tally Ho nimmt Form an und Nic baut schöne Kirschholzmöbel ins Badezimmer der Holzyacht. Auch für eine lustige kleine Werbe-Einlage reicht der kreative Überschuss aus. Später weist Leo uns in seine favorisierte Ruder-Form und den Sinn einer Trimmklappe ein und in Port Townsend beginnt der Frühling wie bei uns: mit ungemütlichem Regenwetter.

Seit Leo Sampson Goolden 2017 das Tally-Ho-Projekt, den Wiederaufbau der 1909 von Albert Strange gezeichneten Kutteryacht, übernommen hat, macht er sich ständig Gedanken, wie er einzelne Komponenten so perfekt wie möglich bauen kann. Nun sind die Dieseltanks eingebaut und der Rumpf ist fertig. Seitdem geht es um die optimale Ausstattung: Yacht-Technik-Wissen von heute umgesetzt auf dieses über 100 Jahre alte Design. Leo hat immer wieder überraschende Lösungen parat.
Das perfekte Ruder
Das Ruder ist der wesentliche Bestandteil eines jeden Schiffes, denn es bestimmt den Kurs. Ist es zu klein und stimmt die Form nicht, hat es keine wirkliche Steuerwirkung. Ist es zu groß und unförmig, erzeugt es zu viel Druck für den Rudergänger, besonders wenn der Segeltrimm nicht stimmt. Die richtige Form ist auch entscheidend für schnelle Kursänderungen bei langsamer Fahrt.
Nicht zuletzt ist die Form des Propellerausschnittes auch entscheidend für die Anströmung des Ruders durch die vom Propeller erzeugte Wassersäule (Leo verwendet hierfür den Begriff Prop Wash) und damit für das Steuerverhalten vor allem bei langsamer Fahrt vorwärts und rückwärts sowie die Minimierung der Kavitation.

Dafür muss der Ausschnitt so klein wie möglich sein, um die Ruderfläche bei jedem Ruderwinkel möglichst nah an den Propeller zu bringen. Sie darf aber auch nicht zu nahe dran sein, weil dadurch die Gefahr der Kavitation erhöht würde. Dafür haben Zeal und Leo mehrere Sperrholzmodelle gebaut.
Traditionell ineffizient
Im Laufe der Jahrzehnte wurde das Ruder der Tally Ho mehrmals vergrößert, hatte aber immer eine ineffiziente runde Form. Leo hat ein Ruder entworfen, das hinten eine gerade Abrisskante und die größte Fläche im unteren Bereich hat, quasi als Fortführung der Kiellinie. Die gerade Hinterkante dient auch als Aufnahme einer motorgesteuerten Trimmklappe, die das Steuern insgesamt einfacher macht, denn das am Spiegel angehängte Ruder soll über eine große Pinne gesteuert werden wie eine Jolle. Dabei können große Kräfte auftreten.

Die Trimmklappe ist nichts Neues. Leo hat ihre Vorteile schon auf mehreren klassischen Yachten selbst erfahren. Sie minimiert durch eine gegen die Ruderlage gerichtete Einstellung den Ruderdruck und hält bei richtiger Einstellung das Schiff auf Kurs. Dadurch kann ein Autopilot mit sehr wenig Strom auskommen, ein wünschenswerter Effekt bei langen Überfahrten. Dieses Prinzip wird auch bei Windfahnen-Selbststeueranlagen angewandt. Es ist ein komplexes Thema. Leo verspricht, es in einem der nächsten Videos zu erklären.
Mit Musik geht alles besser
Seit einigen Wochen ist Zeal nun schon mit dem Bau dieses Ruders beschäftigt. Es ist zusammengesetzt aus 4 Purpleheart-Bohlen, jede 4 Zoll (10 cm) stark und bis zu 10 Zoll (25 cm) breit. Die Bohlen werden auf Form geschnitten, gehobelt und mit Bronze-Bolzen zusammengeschlagen. Zeal hat auf die Bolzen einen Kopf geschmiedet und ein Gewinde geschnitten. Gegen das Verrutschen bekommt jede Bohle zwei eingezapfte Schlossstücke. Als Einbettungsmaterial und zur Versiegelung werden die Stücke dick mit Sikaflex CA (Konstruktionskleber) eingestrichen, einem deutschen Produkt auf Poly-Urethan-Basis.

Nach dem Zusammenfügen schneidet Zeal mit dem Elektro-Fuchsschwanz die Rundungen im Propellerloch und an der Hinterkante aus. Die restlichen Stücke schlägt er mit der Axt weg und formt die Rundungen mit Schiffshobel und Winkelschleifer. Zum Schluss wird die Hirnholzkante unten mit einem eingefrästen Balken verschlossen, bevor mit dem Elektro-Hobel das eigentliche Shaping, also das Verjüngen (Tapering) von 4 Zoll vorne auf 1 ½ Zoll (38 mm) an der Hinterkante beginnt.