
Ein Tausender pro Tag fürs Schiff
Und nur das Schiff zu betreiben „mit Standgas“, wie Kegler das nennt, koste einen Tausender täglich – ohne Personal. „Ich will kein eigenes Schiff haben, das ist ein Kostengrab, dazu muss man positiv verrückt sein!“ Die „Pelican“ gehört der britischen Stiftung „Adventure Under Sail“.
„Für unsere englischen Partner ist die Charter eine gute Sache – wir segeln dann, wenn die mit der ,Pelican‘ nur im Hafen liegen und Glühwein verkaufen können.“ Von Oktober bis April gehen die Törns.
Die Schule hat sich ihr Schiff mit Bedacht ausgesucht: „Engländer haben die höchsten Sicherheitsstandards – auf dem Atlantik muss ein Arzt an Bord sein, alles ist versichert, nur Profis sind involviert, man darf keine zusätzlichen Gäste mit an Bord nehmen.“
Immer kommt etwas dazwischen
Unterwegs regiert der Lehrplan, aber natürlich kommt immer wieder etwas dazwischen: Beim ersten Törn wurde dem Kapitän auf Kuba das Auto gestohlen. Auf dem zweiten Törn verzögerte ein Motorschaden in der Karibik die Rückreise. Im Frühjahr holte sich die Klasse in Bolivien die Ruhr, wieder verzögerte sich alles.
„Der Wind schickt uns keine Rechnung, also segeln wir so viel wie möglich.“ Von geschätzt 13.000 Seemeilen sei die „Pelican“ vielleicht tausend unter Motor gefahren, abgesehen von Hafen- und Ankermanövern.
„Ich persönlich komme vom Rudern, war in der Nationalmannschaft dabei. Mir ist Segeln zu langsam. Aber mit dem Grundgedanken – Schulklasse unterwegs – kann ich durchaus etwas anfangen.“
Was die Zuckerkinder erwartet
Muss er oft vermögende Eltern abwimmeln, die ihren verwöhnten Nachwuchs für ein paar Monate loswerden wollen? Kegler lacht: „Denen versuche ich das freundlich auszureden.“ Wochenlang Wache gehen, Schiff putzen, Kochen für die Mannschaft und noch dazu kein Internetempfang würden die meisten Playboys und -girls abschrecken.
„Eine Bewerberin hat gefragt, ob das Schiff eine WLAN-Boje hinter sich herzieht“, Kegler gluckst in sich hinein. Für solche Fragen verweist er gern auf die Eltern des vorigen Jahrgangs. Und gebraucht gern drastische Ausdrücke für das, was die Zuckerkinder erwartet: „Die kotzen und haben Heimweh.“
Dennoch hat auch die „Pelican“ schon die eine oder andere Niete gezogen: „Bei der ersten Reise habe ich vier verloren, wegen Heimweh, Alkohol und Drogen mussten die vorzeitig abmustern.“ Auch Eltern wurden schon enttäuscht: „Da gab es Kinder an Bord, die ich retten sollte. Eine Mutter hat sich zum Beispiel beschwert, dass ihr Sohn in Mathe eine ,Fünf‘ schrieb.“ Jetzt, im dritten Jahrgang, gab es bisher keinen Schwund.

Traum von der Weltumrundung
Und für den nächsten Törn liegen bereits zahlreiche Bewerbungen vor. Wie weit in die Zukunft plant die schwimmende Schule? Kegler übt sich in Sarkasmus: „Meine Gewinnmarge liegt unter fünf Prozent, reich werde ich damit garantiert nicht.“
Seine Bankberaterin habe ihm kürzlich zugeflüstert: Er solle nicht damit rechnen, sein Unternehmen irgendwann lukrativ versilbern zu können. Will er aber nicht – denn Konkurrenz ist ebenfalls nicht zu befürchten: „So etwas baut man nicht mal eben nach. Und ich habe mir einen Job geschaffen.“
Vorerst. Aber da auch Segelinternats-Leiter träumen dürfen, leistet sich Kegler eine Vision: In fünf Jahren soll eine Klasse ein Jahr lang auf Weltreise gehen. Einmal um den Globus, in zwölf Monaten kann die dann 77 Jahre alte „Pelican“ das locker schaffen. „Das wäre meine persönliche Mondlandung.“