Ein Sturm mit Böen bis zu 45 Knoten pfeift über Port Townsend, als endlich das Yellow-Cedar-Holz für die Decksplanken der „Tally Ho“ geliefert wird. Es war ein Kampf, die Planken aus Kanada in die USA zu importieren: Aufgrund des Handels-Embargos für Kiefernholz aus Kanada können Privatleute es nur mit erheblichen Zollkosten einführen. Leo hat wieder einmal Glück. Mit Hilfe der Gemeinde und eines großen Holz-Importeurs gelingt es ihm, die Decksplanken relativ günstig nach Port Townsend zu holen.


Teuer genug ist es trotzdem – aber eben gerade gut genug für Leo Sampsons Ansprüche. Und so lädt Pete mit dem Gabelstapler die langen Holzbündel vom Laster ab. Dabei muss er aufpassen, dass ihm die Bretter nicht vom Wind von der Gabel geblasen werden. Jetzt, da der Winter vor der Tür steht, ist es schon beruhigend, dass die Tally Ho in einer festen geschlossenen Halle steht.
Der 1909 gebaute Albert-Strange-Kutter, den Leo mit Holz-Schiffbauer Pete und vielen freiwilligen Helfern seit vier Jahren neu aufbaut, kann Schutz gebrauchen. Der provisorische Anbau an der Werkstatt in Sequim, wo die Crew bis zum Sommer gearbeitet hat, hätte dem Sturm womöglich nicht standgehalten.
Mit „Martha“ um die San-Juan-Insel
Bevor er sich an das Ausstraken der Decksplanken macht, kommt Leo endlich dazu, am Wochenende eine Regatta mit dem Schoner „Martha“ um die San-Juan-Insel zu segeln. Das Schiff ist noch zwei Jahre älter als die „Tally Ho“, aber in einem bemerkenswert gepflegten Zustand. Bei Skipper Robert ist sie seit bald 25 Jahren in den besten Händen.

Roberts Credo ist: traditionelle Werte für kommende Generationen erhalten. „Ich werde ärgerlich, wie viele dieser maritimen Schätze verkommen, weil sie nicht gepflegt werden“, findet er. „Dabei sind sie so wichtig für uns Menschen. Wir dürfen nicht den Bezug dazu verlieren, wo wir herkommen und wer wir sind.“
Sein Schoner wurde von B. B. Crownenshield gezeichnet und 1907 auf der Bootswerft Stone in San Francisco gebaut. In den letzten Jahren hat das Holzschiff eine umfangreiche Rumpf- und Innenraum-Restaurierung erfahren. Dabei wurde viel Wert auf den Erhalt und – wo nötig – die Wiederherstellung des klassischen Stils gelegt. Heute sieht „Martha“ noch fast so aus wie zu ihrem Stapellauf vor 114 Jahren.

Zunächst zieht das Feld der Regatta-Teilnehmer unter Spinnaker bei ruhiger See Richtung Norden. Später brist der Wind auf und die Rückfahrt wird zu einem feuchten Vergnügen hart am Wind.
Bei Sturm wird das neue Holz eingelagert
Im Sturmregen wird das neue Holz eingelagert und Leo macht sich daran, das Deck zu planen. Zunächst fertigt er dünne Sperrholzschablonen aller seiner Teakbohlen an, um an Deck die Form und die Stöße der Leibhölzer (der Coverboards) und der Fischung (der Kingplanks) festzulegen. Die Leibhölzer (auch Schandeckel genannt) fassen die Decksplanken nach außen hin ein. Sie decken den Übergang vom Deck zum Rumpf ab.
Die Fischungen laufen in der Mitte des Decks vom Bug nach achtern. Sie werden aus hartem Teakholz gebaut, während die Decksplanken (die Strakes) aus dem Nadelholz der Yellow Cedar gefertigt werden.
Das Deck der Tally Ho wird traditionell gelegt, also direkt auf die Decksbalken ohne Sperrholz-Zwischenlage. Dafür müssen die Planken entsprechend stark sein, denn sie werden wie die Außenhautplanken mit einer Kalfatnaht versehen und mit eingehämmerter Baumwolle abgedichtet. Darauf kommt eine Abdeckung aus moderner Dichtmasse wie MS Polymer. Leo Sampson verzichtet auf die traditionelle Dichtmasse Pech, das eher auf Arbeitsschiffen verwendet wird.
Wie die Planken bei der Tally Ho laufen
Decksplanken können entweder ganz gerade – der Mittschiffslinie folgend – verlegt werden, dann werden sie mit sogenannten Butten (den Nibs) in die Leibhölzer eingelassen. Damit die spitzen Holzenden nicht aufsplittern, werden sie abgesägt, so dass das etwa 3/4 Zoll (knapp 2 cm) breite Ende sauber in das Leibholz oder die Fischung eingelassen werden kann.
Die andere Methode ist mehr „Yachtstyle“. Hier ist der Verlauf der Decksplanken gekrümmt, parallel zum Verlauf der Außenhaut und Schandeckel. In diesem Fall laufen die Enden mit Butten in die Fischung mittschiffs.


Leo hat Fotos vom alten Deck der „Tally Ho“ gemacht, ein befreundeter Yachtkonstrukteur hat daraus eine Zeichnung angefertigt. Es ist nicht ganz gerade, aber auch nicht so gestrakt wie bei einer Yacht – es ist eher eine Mischung aus beidem.