Gestern ist Lennart Burke zu seiner Qualifikation über 1.000 Seemeilen nach Irland aufgebrochen. Sie ist die Voraussetzung für die Zulassung zur Mini-Transat. Der von der Classe Mini vorgegebene Kurs führt von Lorient Richtung Norden – an der französischen Küste entlang, der südwestlichen Spitze von England vorbei bis kurz vor Conninbeg an der Südostküste von Irland. Von dort geht es für den 21-Jährigen Segler aus Stralsund wieder zurück nach Lorient. Sebastian Wache von der Wetterwelt macht für ihn das Wetterrouting. Wir haben kurz vorm Start mit Lennart sprechen können.
Wie läuft dein neuer Mini? Du hast ja die „Geomag“ von Ambrogio Beccaria übernommen. Er hat mit ihr die letzte Mini-Transat in der Serienwertung gewonnen.
Ich habe ein super-sicheres Gefühl! Die Pogo 3 ist von 2018 und 1a in Schuss. Sie hat noch einen spitzeren Bug und will gefühlt immer durch die Wellen, der Scow-Bug ist da deutlich trockener. Aber dieses Boot ja schon gezeigt, was es kann (lacht).
Wie ist es, mit einem Gewinner-Mini zu segeln? Ist das ein gutes Omen?
Viele meinen, das würde viel Druck ausüben, aber so empfinde ich es nicht. Es ist ja nicht nur das Boot, das entscheidet, sondern auch der Skipper.

Wie hast Du dich auf die Qualifikation vorbereiten können?
Ich habe hier in Frankreich schon mit anderen Miniseglern trainiert, aber an Optimierung war bisher natürlich noch nicht zu denken.
Dich hat der französische Lockdown in Lorient getroffen, wo Du seit Februar im Hafen „Le Base“ lagst. Du bist dann ohne Boot nach Stralsund zurückgefahren. Hast Du in der Zwischenzeit trainieren können?
Wir hatten in Vorpommern und Rügen nicht so hohe Corona-Zahlen, und es war relativ ruhig. Aber es fühlte sich nicht richtig an, in dieser Situation segeln zu gehen. Ende April konnte ich aber zweimal eine Pogo 1 segeln, die ich geliehen bekommen habe.

Und jetzt bist Du wieder in Lorient in „La Base“. Wie ist die Stimmung dort?
Lorient ist echt das Mekka der Hochseesegler mit dem Regattahafen „La Base“ und dem bekannten Trainingscenter Lorient Grand Large. Wir liegen ja alle in einem Hafenbecken: alle Minis, Beneteau Figaros, alle Class 40, alle Imocas. Auch das Team Malizia/Seaexplorer ist hier. Ich bin sogar einmal gleichzeitig mit ihnen ausgelaufen (lacht). Sie erproben gerade die neuen Foils und die neuen Segel. Boris Herrmann hat echt ein cooles Team, sie sind von morgens bis abends am arbeiten.
Und wie lebst Du dort?
Mittendrin auf dem großen Gelände in meinem Transporter. Ich habe ihn ausgebaut, und er ist Wohnung und Werkstatt. Echt urig!

Wie oft hast Du bisher trainieren können?
Gar nicht so oft. Ich war jetzt dreimal draußen. Letzte Woche hat mich Sebastian Wache von der Wetterwelt angerufen und meinte: Hey, Lennart, in fünf bis sechs Tagen kannst du los. Da kommt ein gutes Wetterfenster. Dann habe ich alle Vorbereitungen getroffen und bin auch nicht mehr segeln gegangen. Ich wollte nicht das Risiko eingehen, dass noch etwas kaputt geht.
Wie wird denn das Wetter?
Sebastian und ich haben die Lage die letzten Tage intensiv beobachtet und den optimalsten Zeitpunkt gefunden. Das Wetterfenster ist super, wir haben fast 90 % Downwind-Segeln, ganz wenig Am-Wind- Segeln, keine großen Stürme, maximal 17 Knoten Wind, völlig entspannt. Es wird sehr nass und sehr grau. Ich segle mit einem Tiefdruckgebiet mit, das begleitet mich die ganze Zeit. Sebastian Wache begleitet mich weiter und schaut, ob das Wetter noch passt.

Was musst Du tun für die Qualifikation?
Der von der Classe Mini vorgegebene Kurs führt von Lorient Richtung Norden an der französischen Küste entlang, an der südwestlichen Spitze von England vorbei zur Untiefentonne Conninbeg (52° 02,4’ N – 6° 39,5’ W). Das ist in der Nähe des Fastnet Rock. Zurück muss man am Plateau Rochebonne in der Biskaya vorbei. Von dort geht es bis kurz vor La Rochelle, wo ich die Île de Ré umrunde. Das wird ziemlich spannend, dann man muss dort unter einer Brücke mit Winddrehern durch. Ich hoffe, ich muss das nicht im Dunkeln machen. Dann geht’s zurück Richtung Norden nach Lorient.
Wie beweist man, dass man diese Route auch gesegelt ist?
Wir müssen Fotos machen. Wir sollen eng an der Tonne vorbeisegeln und dann ein Selfie mit der Boje machen. Im Dunkeln sollen wir ein Foto vom GPS machen.
Bist Du mit Satellitentelefon ausgerüstet?
Nein, das hat leider nicht mehr geklappt. Ich werde unterwegs ein bisschen Netz finden, denke ich.
Was hast Du zu Essen dabei?
Ich habe das typische Hochseesegler-Tütenessen dabei, drei Mahlzeiten am Tag. Ich probiere auf diesem Törn mal aus, was mir am besten schmeckt, Trocken- oder Nassfutter. Ich habe einen Jetboil für Heißwasser an Bord und ein paar Leckerli (lacht). Und eine Dose Bier. Das trinke ich, wenn ich unter der Brücke durch bin.

Welchen Schlaf- und Wach-Rhythmus hast Du dir vorgenommen?
Ich will versuchen, mit zwanzig Minuten Schlaf auszukommen.
Hast Du das schon geübt?
Nein, ich springe ins kalte Wasser (lacht). Man gewöhnt sich daran, denke ich.
Wer segelt jetzt mit Dir los?
Mit mir starten zwei weitere Mini-Segler, die die Quali brauchen, und auch eine andere Pogo 3.
Wie geht es danach weiter?
Im August beginnen die ersten Rennen. Normalerweise wäre das Azoren-Rennen, doch das findet nicht statt. Stattdessen sind es drei Etappen im Rennmodus: 300, 500 und 900 Seemeilen, alles im August.
Bis zur Transat 2021, die voraussichtlich Ende September im nächsten Jahr startet, ist ja noch Zeit…
Die Zeit brauche ich auch noch. Jetzt lerne ich erstmal, wie das Leben allein an Bord so funktioniert. Die fehlenden 1.500 Seemeilen mache ich im August. Ich will ganz viel Erfahrung im Rennmodus sammeln. Man lernt natürlich viel mehr mit dem Druck der Gegner.
Was macht denn das Sponsoring? Hat sich da durch Corona etwas verändert?
Nein, da ist alles in Ordnung. Ich habe ein cooles Team, das mich unterstützt. Stand heute bin ich bei 65 %. Wir müssen noch Gas geben, und ich suche weiterhin nach Sponsoren.

Herzlichen Dank für das Gespräch, Lennart. Fair Winds!