Le Havre ist bereit für das Transat Jacques Vabre (TJV): Große Banner, Flaggen und Plakate schmücken die nordfranzösische Hafenstadt. Medien-Anstalten haben ihre Kameras und Mikrofone aufgebaut. Besucher strömen aufgeregt zum Bassin Paul Vatine, Schulklassen laufen durch das Race Village. 95 hochgetunte Mono- und Multihulls liegen am Quai des Antilles und Quai de la Réunion.
Der 170.000-Einwohner-Ort in der Normandie ist in diesen Tagen der Schmelztiegel der Offshore-Segelszene. Die Topstars des Shorthanded-Segelns fiebern dem kommenden Sonntag (29. Oktober) um 13:05 Uhr entgegen – dem Startschuss zu dem Transatlantikrennen für Zweihand-Crews in vier Klassen auf der Kaffeeroute. Es wurde vor 30 Jahren das erste Mal gesegelt und findet seitdem im Zwei-Jahres-Rhythmus statt.
Und mittendrin in diesem Treffen der Elite: die beiden jungen Deutschen Lennart Burke und Melwin Fink. Sie sind vielleicht noch etwas ungläubig, dass sie nur ein Jahr nach dem Aufstieg aus der Mini-Klasse und der Gründung ihrer gemeinsamen Kampagne ihr bisher größtes Rennen angehen. Beim TJV haben sie die Gelegenheit, sich im Feld der Class-40-Teams mit den Superstars ihrer Klasse zu messen.
Eine Handvoll Deutsche
Wie 2019 sind damit wieder fünf Deutsche bei diesem Klassiker dabei, der bei seiner Erstauflage 1993 noch ein Solo-Rennen war, aber seit 1995 für Duos ausgeschrieben ist. Die Klassen haben sich in den vergangenen 30 Jahren gewandelt, doch immer waren die Open 60 dabei, und immer war es ein Wettbewerb für Multi- und Monohulls. Das bisher beste deutsche Ergebnis lieferte 2013 Jörg Riechers als Dritter der Class 40 ab. Boris Herrmann verpasste vier Jahre später knapp das Imoca-Podium, landete mit Thomas Ruyant auf Rang vier.
Seit der Eröffnung des Race Village vor einer Woche sind auch die großen französischen Medien-Anstalten vor Ort, der Start am Sonntag wird natürlich live übertragen. Auch Burke und Fink wurden schon von dem Medien-Hype mitgerissen und standen auf dem Steg vor den Mikrofonen.
Das Rennen rocken
Ansonsten versuchen sie aber, sich auf das Rennen zu fokussieren, auf das Boot, die Ausstattung, die Wetter- und Sicherheitsbriefings. Vor einer Woche ist das Duo mit seiner Sign for Com in Le Havre angekommen. Erst im Sommer gab es nach den vergangenen Rennteilnahmen beim Normandy Channel Race, bei Les Sables-Hortas-Les Sables und dem Fastnet Race ein Refit für die erst ein Jahr alte Class 40. Die Pogo 40 S4 wurde auf Fehmarn noch einmal von Grund auf auseinandergenommen, alles noch einmal verstärkt.
„Jetzt in Le Havre haben wir das Boot gefinished, alle Arbeiten sehr rechtzeitig erledigt“, sagt Burke. Zu tun gibt es in den Tagen vor dem Start aber trotzdem jede Menge: Meetings mit der Wettfahrtleitung, Absprachen mit den Kommunikations- und Technik-Teams des Rennens. „Wir haben jetzt drei Satelliten-Systeme an Bord.“ Während des Rennens sind sie so in der Lage, mit den Medien zu kommunizieren, Mitteilungen von der Organisation zu empfangen, sich medizinischen und technischen Rat zu holen. Wetter- und Strategie-Beratung von außerhalb ist allerdings verboten.
Langsam steigt die Anspannung vor dem Rennen: „Unsere Gefühlslage? Wir wollen endlich ablegen, das Rennen rocken. Und wir freuen uns aufs Ankommen. Wir wollen mit den anderen unsere Erlebnisse teilen. Auf diesem Rennen über 4.600 Seemeilen nach Martinique kann so viel passieren“, sagt Lennart Burke voller Vorfreude. Nach überstandenen Rückenproblemen, die ihn beim Rennen Les Sables-Horta-Les Sables ereilten, und dem starken Auftritt beim Fastnet Race, als das Duo in der Class 40 auf Platz vier segelt, fühlen sie sich nun „topfit und sehr gut vorbereitet“.