In seinem neuen Video beschreibt Leo, wie er die Messpunkte, die er vom Rumpf der Tally Ho abgenommen hat, erst in einen Plan und dann auf den Schnürboden aus Spanplatten überträgt. Der Ballastkiel ist fix. Denn ihn neu zu gießen würde zuviel Arbeit machen. Alle Linien, basierend auf dem Ballastkiel, sehr sorgfältig auf dem Schnürboden aufzureißen, ist indes unerlässlich, um einen perfekt strakenden Rumpf zu erhalten. Dabei muss die Materialstärke der Außenhaut und der Spanten berücksichtigt werden.
Drei Aufrisse erstellen
Der Wasserlinienriss (Halfbreadthplan), also die Draufsicht einer Bootshälfte, teilt den Bootskörper sozusagen in Scheiben verschiedener Höhen. Der Spantenriss (Sections/Stations) stellt einen Querschnitt der breitesten Stelle des Rumpfs dar – mit allen nach hinten (auf der eine Seite) und vorne (auf der anderen Seite der Mittschiffslinie) kleiner werdenden Spanten. Dann folgt der Seitenriss (Bodyplan), der die Position der einzelnen Spanten darstellt. Um den Kurvenverlauf – in der Längsrichtung als auch die Spantenkurven und den Deckssprung – so genau wie möglich darzustellen, zeichnet Leo in den Spantenriß außerdem, von einem Punkt mittschiffs ausgehend, strahlenförmig verlaufende Diagonalen ein.
Wo die Diagonalen die Wasserlinien und Spantenrisse schneiden, entstehen feste Punkte. Diese können auf den Wasserlinien- und Längsriss übertragen werden. Sie werden nun mit Heftnägeln fixiert, an die wiederum biegsame Latten (so genannte Strak-Latten) angelegt werden und ein harmonischer Kurvenverlauf (Strak) aufgezeichnet wird. Davon werden nun Modelle der Spanten abgenommen. Unter Berücksichtigung der „Schmiege“ (der Anschrägung der Spantendicke entsprechend der Zuspitzung des Rumpfes in Längsrichtung) neue Spanten gebaut werden. Und, voilá: Die Spanten, senkrecht im richtigen Abstand auf den Holzkiel gesetzt, ergeben die Form des Rumpfs.
Zwei Monate sind ein Wimperschlag
Dieses Verfahren wird normalerweise beim Neubau angewendet. Allerdings hat der 100 Jahre alte Rumpf der „Tally Ho“ schon manche Verformung erlebt und so einiges von seiner ursprünglichen Form eingebüßt. Gründe dafür gibt es viele: Winddruck im Mast und Wellengang, aber auch falsche Lagerung an Land und Materialermüdung. Denn auch Holz unterliegt einer natürlichen Alterung. So wird aus einer Restauration ein „Rebuild“. Das ist mit „Neubau“ nicht ganz treffend übersetzt, kommt dem aber nahe.
Leo Sampson tut gut daran, viel Zeit in die Schnürbodenarbeit zu investieren. Insgesamt sind es etwa zwei Monate. Das ist ein Aufwand, der sich lohnt – und ein Wimpernschlag im Vergleich zu der Zeit, die er in Zukunft mit der „Tally Ho“ segeln will, sagt er. Hilfe bekommt Leo von den jungen Bootsbauern Francesca aus den USA und von Mark aus Australien, der einen Teil seiner Wanderjahre hier absolviert.
Leo beschreibt die Arbeit sehr gründlich, immer wieder aufgelockert durch Musik und Spielerei mit seinem Papagei und dem Hund. Interessierte können aus diesem Video viel lernen. Es lohnt sich, die Untertitel dazu einzuschalten. Und es macht Spaß, Leo und seinen Freunden bei diesem Refit-Projekt zuzuschauen.