Eigentlich segelt Martha in Berlin in der Europe-Klasse. Und eigentlich hält sie nicht viel von der Idee ihrer Mutter, anstelle eines „normalen“ Auslandshalbjahres, wie es inzwischen viele machen, an Bord eines Schiffs zu leben. Doch als ihr während der Corona-Pandemie zu Hause die Decke fast auf den Kopf fällt, überlegt Martha es sich anders. Und sie bewirbt sich doch noch beim Ocean College fürs schwimmende Klassenzimmer.
Mit Erfolg: Im Oktober geht sie in Emden an Bord der „Pelican of London“. 14.500 Seemeilen, sechs Monate und zwei Atlantiküberquerungen später kehrte sie am vergangenen Wochenende zurück. Und sie berichtet Max-Leopold Käther in der neuesten Folge der float originals von ihren Erlebnissen.

Martha segelt Corona davon
In der Corona-Pandemie segelt die 15-jährige Martha ein halbes Jahr auf einem Schiff, das gleichzeitig Schule ist.
„Es war wirklich wie eine Familie“
Am Anfang sei sie skeptisch gewesen, erzählt Martha. Manche ihrer neuen Mitschülerinnen und Mitschüler fand sie erst mal komisch. Doch die Zeit an Bord, die Zusammenarbeit und vielleicht auch die fehlenden Möglichkeiten, sich dauerhaft aus dem Weg zu gehen, hätten sie zusammengeschweißt. „Irgendwann hab‘ ich gemerkt, dass ich Menschen nicht ändern kann“, meint sie. Bestimmte Themen hätte sie dann einfach vermieden – und doch sei es wie eine Familie gewesen, in der man auch mal streitet, aber am Ende doch zusammenhält.

Schnell wird klar, dass es bei diesem Auslandshalbjahr viel weniger um die bereisten Länder geht. Auch wenn Martha, auf das schönste Erlebnis angesprochen, von einer Schwitzhütte bei einem Einsiedler im Regenwald Costa Ricas erzählt.
„Schokolade war heilig“
Auch von gewissen Entbehrungen berichtet Martha, zum Beispiel dem immer eintöniger werdenden Speiseplan, je länger man auf See ist. Während es anfangs noch Obst und Gemüse gab, bot die Bordküche gegen Ende der Atlantiküberquerungen immer neue Variationen von Reis, Nudeln und Kartoffeln. „Mit Schokolade konnte man mehr ausrichten als mit Geld“, meint Martha, „die war heilig.“

Um auf der „Pelican of London“ anzuheuern, braucht man keine besonderen Voraussetzungen, sagt Martha. Die Schülerinnen und Schüler müssen für das Ocean College ein Bewerbungsschreiben formulieren. Ausgewählt würden sie dann eher danach, „dass wir gut zusammenpassen“. Seglerische Vorkenntnisse waren nicht nötig und auch die Schulnoten nicht so wichtig. Dafür ist es nicht ganz billig, an Bord zu gehen. Denn finanziert wird der Aufenthalt an Bord durch die Teilnehmenden.
Das waren die Fragen
Wie war das für dich, wieder an Land zu kommen? Was war das für ein Gefühl, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben?
Was hat dich dazu gebracht auf ein Schiff zu gehen und um die Welt zu segeln anstatt ein „normales“ Auslandshalbjahr zu machen wie viele andere Schülerinnen und Schüler?
Wer war mit dir unterwegs? Waren das alles Deutsche, oder war das international besetzt?