Von einer Sekunde auf die andere ist alles anders, sagt Kevin Escoffier im Video, das das Team Holcim-PRB soeben von seinem Mastbruch im Südatlantik veröffentlicht hat. „Eben war alles noch perfekt, jetzt ist es ein Alptraum. Wir hatten einen mechanischen Fehler, der Mast brach und stürzte herab.“
Es geschah heute Morgen, rund 20 Meilen vor der Küste Brasiliens auf der vierten Etappe des Ocean Race. Der Mast brach und stürzte ins Wasser. Die Imoca war zum Zeitpunkt des Unglücks bei mäßigem Wind und Seegang unterwegs. Skipper Kevin Escoffier ließ der Rennleitung mitteilen, dass die Crew in Sicherheit sei, und kurz darauf noch einmal, dass das Boot sicher sei und keine Hilfe von außen benötigt würde. Ein mutiger Schritt.
Die gesamte restliche Nacht arbeitete die Crew daran, das Hightech-Boot zu sichern. „Wir arbeiten jetzt an einem Notrigg, um zurück in den Hafen zu kommen und so schnell wie möglich wieder am Rennen teilnehmen zu können.“ so Kevin Escoffier. Denn der Franzose will so schnell wie möglich wieder ins Rennen starten. Aktuell führt sein Team Holcim-PRB das Leaderboard der Weltumseglung an.
Wiedereinstieg in Newport oder Aarhus?
In den ersten drei Etappen hat das Team 19 von 20 möglichen Punkten beim Ocean Race gewonnen. „Wenn wir es nach Newport schaffen, werden wir das Ocean Race immer noch anführen, also arbeiten wir hart daran, das zu schaffen“, sagte er.
Sollte sich das logistisch und zeitlich als unmöglich erweisen, könnten andere Optionen darin bestehen, das Boot und den Ersatzmast separat nach Newport zu verschiffen, und zwar rechtzeitig für Etappe 5 (die ebenfalls sehr knapp bemessen ist), oder nach Aarhus für Etappe 6. Alles das wird sich in den nächsten Stunden entscheiden. Wohl auch das ist ein Grund dafür, warum die Rennleitung den gesamten heutigen Tag bis zu ihrem Update verstreichen ließ.
Wie kommt das Rennboot zu einem neuen Mast? Schließlich gibt es einen Ersatzmast, den die Imoca-Klasse – und mit deren Booten wird das Race gesegelt – in weiser Voraussicht in Frankreich hat anfertigen lassen. Der Koloss steht dem Team zur Verfügung, das als erstes Bedarf anmeldet – und auch die Kosten für Mast und Transport aufbringt. Zuerst hatte die Zeitschrift Yacht darüber berichtet.
11th Hour Racing führt
Die Havarie ereignete sich um zwei Uhr Ortszeit, also um kurz nach sechs Uhr morgens deutscher Zeit, berichtet die Rennleitung. Die insgesamt fünf Imoca-Rennyachten waren vor vier Tagen im brasilianischen Itajai zur vierten Etappe nach Newport an der US-Atlantikküste gestartet.

Das Team Holcim-PRB, das die Regatta am vierten Tag der Etappe der Weltumseglung nach Gesamtpunktezahl anführt, segelte zum Zeitpunkt der Havarie rund neun Meilen in Führung vor dem 11th Hour Racing Team. Auf dem Wasser hat sich das 11th Hour Racing Team nun die Führung übernommen.
Das Team Malizia liegt nur 10 Meilen dahinter und auch Biotherm ist dicht dran. Guyot Environnement Team Europe liegt 30 Meilen zurück, hat aber in den letzten 24 Stunden das Tempo gehalten.
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Robert Stanjek, Co-Skipper von Team Europe, leidet mit dem Konkurrenten mit: „Es ist unglaublich schade. Kevin ist solch ein starkes Rennen gesegelt. Wir sind heute Nacht tatsächlich bei ihm auf Sicht vorbeigekommen, haben per Funk kurz gesprochen. Er guckt jetzt nach einer Hafenoption, möglicherweise wird es Rio. Das bedarf jetzt einer logistischen Meisterleistung, um das Rennen überhaupt an irgendeiner Stelle wieder aufnehmen zu können.“
Der Berliner Segler, der wegen einer Delamination am Boot selbst auf die Königsetappe durch den Southern Ocean verzichten musste, hatte im float Originals Podcast kurz vorm Start des Ocean Race gesagt: „Man muss das Schiff erst mal ins Ziel bringen“.
„Eventuell geht das Boot direkt auf einen Frachter nach Aarhus. Das wird man abwarten müssen. Es ist schon wahnsinnig schade, wie schnell solch eine starke Kampagne zerbricht. Wir leiden natürlich mit. Das wünscht man niemanden.“ so Stanjek.
Nicht die erste Havarie für Escoffier
Zum eigenen Vorankommen sagt Robert: „Die letzten 48 Stunden waren anstrengend. Wir sind viele Wenden entlang der Küste gefahren. Die Strömung schien dort etwas weniger zu sein. Das hat uns einige Meilen zurück gebracht. Ein gutes Gefühl, mal in die andere Richtung zu arbeiten.“ Seit einigen Stunden foilt sein Team auf einem spitzen Amwind-Winkel. „Es ist holprig und schwer, Schlaf zu finden. Obwohl wir noch keine stürmischen Bedingungen hatten, ist die Etappe ganz schön kräftezehrend.“
Kevin Escoffier scheint vom Unglück verfolgt. Vor drei Jahren war das Schiff des Franzosen bei der Solo-Weltumseglung Vendée Globe mitten im stürmischen Südmeer kollabiert. Er konnte sich bei hohen Wellen gerade noch in die Rettungsinsel retten. Erst Stunden später wurde er von einem anderen Solosegler gerettet. An der Suchaktion hatte sich auch Boris Herrmann beteiligt.