Rainer Millies ist der amtierende (wenn auch inoffizielle) Deutsche Meister bei den Seglern der Mini-Folkeboote. Eigentlich wollte der Modellsegler aus Plön seinen Goldpokal dieser Tage verteidigen, doch fiel die für in Kühlungsborn geplante Meister-Wettkampfserie den eisigen Witterungsbedingungen der letzten Wochen zum Opfer.
Bleibt nur noch der Glühfix-Cup am Samstag dieser Woche in Plön, mit dem die immer im Winter laufende Segelsaison der Minis endet. Wenige Tage vor dem letzten Wettkampf erzählt Millies im float-Gespräch mit Michael Krieg, weshalb Modellbootsegeln auch für Segler „echter“ Boote eine echte Herausforderung ist – und wie man mit nur zwei Jahren Erfahrung beim Radio Sailing in einer Einheitsklasse meisterlich wird.
float: Herr Millies, wie sind Sie dem Virus des Mini-Folke-Segelns verfallen?
Rainer Millies: Ich habe mir das Boot Ende 2015 gekauft, nachdem ich im Plöner Segler-Verein zwei Mini-Folkeboote bei Vereinskameraden gesehen habe. Ich fand die – sofort – noch schöner als mein eigenes Modellboot, eine AC 60, die den America’s-Cuppern nachempfunden ist. Damit bin ich auf dem „Kleinen Kiel“ gesegelt, einem kleinen Gewässer nahe der Kieler Innenstadt.
Später, ich war inzwischen nach Plön gezogen, habe schnell gemerkt, dass ich bei ein bisschen Welle mit meiner AC 60 gegen die Mini-Folkes bei der Geschwindigkeit hoffnungslos unterlegen war. Die Mini-Folkeboote sind eine Eintypklasse: Alle sind identisch, sehr schick, wenn auch nicht ganz preiswert. So habe ich zugeschlagen.
Sofort von Null auf 100… im letzten Jahr gewannen Sie auf Anhieb die – inoffizielle – Deutsche Meisterschaft, den Goldpokal. Wie haben Sie das geschafft?
Millies: (lacht) Das habe ich mich selbst gefragt. Ich war ja erst anderthalb Jahre so richtig dabei, bin bei einigen Regatten gestartet und im Mittelfeld gelandet. Ein Vorteil ist sicher, wenn man segeln kann und weiß, wie man kreuzen muss, die Vorfahrtsregeln kennt, ein bisschen Taktik beherrscht und Winddreher erkennt.
Am schwierigsten war zu lernen, mit den beiden Steuerknüppeln zu arbeiten, um die Schotwinde und das Steuer zu bedienen. Aber das hatte ich schnell raus. Und ein bisschen Glück gehört auch dazu. Mein Boot war optimal eingestellt mit Segelprofil und Mastneigung, es hat alles super gepasst.
Merkt oder sieht man überhaupt, ob man hart genug am Wind segelt?
Das merkt man sofort. Zumindest wenn das Boot in der Nähe ist, sehe ich das an den Windbändseln, die im Vorsegel kleben – wie bei den Großen. Schwieriger ist es, wenn das Boot weiter weg ist. Dann kann man die Fäden nicht mehr richtig deuten, und Du fährst nur nach Krängung. Normalerweise fährt man das Boot so, dass es immer ein bisschen Krängung hat. Dann weiß man, dass es gut am Wind liegt.
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In der float-Reportage Mini-Folkeboote, maximaler Spaß.
Muss man sich bei Rammings durch Strafkringel sofort entlasten?
Ja, wie bei den Großen. Einmal rum, 360 Grad. Auf jeden Fall so, dass man niemanden behindert. Und man kann häufig davon ausgehen, dass man dann – bei den relativ kurzen Wettfahrten, die nur zehn bis 15 Minuten dauern – gleich hinterherfährt.
Sie sind in der heimischen Seglerszene kein ganz unbeschriebenes Blatt. Wo und in welchen Klassen haben Sie segeln gelernt?
Angefangen habe ich im Opti in der Seglergemeinschaft Ascheberg, wo ich groß geworden bin. Vorher hatte mein Vater eine Alt-H-Jolle, auf der ich das Segeln auch gelernt habe. Später hatte ich selbst zwei Alt-H-Jollen. Vom Opti bin ich – recht erfolgreich, zumindest bei weniger Wind, da ich zu leicht bin – in die OK-Jolle und in den Laser umgestiegen. Es folgten ein 15er-Jollenkreuzer und später zwei Neptun-Kleinkreuzer – gut geeignet auch für Wanderfahrten.
Welche wichtigen Entscheidungen müssen Sie vor einer Regatta treffen?
Wir fahren, wenn das Wetter es zulässt, zwölf Wettfahrten. Man kann theoretisch nach jeder Wettfahrt das Boot kurz auf die Brücke heben, ins Gestell packen und das Rigg ein bisschen umtrimmen, wenn es die Windverhältnisse erfordern. Und so probiert man halt ein bisschen, verändert vielleicht die Achterstagspannung, die Wölbungstiefe des Segels, den Baumniederholer. Auch den Rohrkicker kann man verstellen, um ins Groß ein bisschen mehr Twist zu geben. Mit der Fock geht es genauso, denn am Fockbaum ist eine kleine Dirk, um den Baum in der Höhe verstellen zu können.
Was hat es mit den Gewichten auf sich?
Gute Frage. Der angeklebte serienmäßige Kiel hat rund zwei Kilo Gewicht. Das reicht aus bis maximal zwei Windstärken. Danach sollte man schon Blei zusätzlich reinpacken. Der Kiel ist ja innen hohl.
Welche Kurse segeln die Mini-Folkeboote?
Up- and Down-Kurse. Ideal ist, wenn man auf einem Kopfsteg steht und der Wind parallel zum Steg weht. Wenn da 16 Leute oder mehr stehen, sollte der Steg breit genug sein. Die Startlinie liegt dann idealerweise 90 Grad dazu, so dass man sie gut einsehen kann und auch nicht weit weg von seinem Boot ist. Die Wendemarken liegen ungefähr 50 Meter auseinander. Zusätzlich dazu gibt es in Luv noch eine Ablauftonne und in Lee ein sogenanntes Gate.
Ist das Startprozedere auch wie bei den Großen?
Nein, das ist kürzer. Ich habe eine kleine „Startmaschine“, eine Band-Ansage, auf meinem Handy gespeichert. Die habe ich mir selbst zusammengestellt und aufgesprochen, im Sekundentakt mit einem entsprechenden Klopfsignal. Manche machen das mit 90 Sekunden abwärts, die letzten Sekunden werden einzeln angesagt, und dann ist Start. Die Ansage wird über Bluetooth und zwei Boxen laut übertragen.
Haben Sie für unsere Leser noch einen speziellen Tipp?
Wenn es jemanden interessiert: Es gibt beim Deutschen Segler-Verband eine Seite mit mehreren Modellbootsklassen. Da kann man sich auch den Regattaplan ansehen und mitmachen.
Die Mini-Folke-Gruppe ist nicht im Deutschen Segler-Verband vertreten, weil wir es einfach nicht wollen. Das klappt auch so hervorragend. Wir haben zwei, drei Segler in unserer Gruppe, die das ins Leben gerufen haben, und die passen auch auf, dass die Regeln eingehalten werden. Und sollte jemand unsere Mini-Folkeboote gut finden, kann er sich gern mit mir in Verbindung setzen, um zu erfahren, wo wir trainieren.
Herr Millies, wir danken für das Gespräch und reichen alle Anfragen sehr gerne an Sie weiter.