Heute, am 29. Oktober um 16 Uhr unserer Zeit, starten die 87 Seglerinnen und Segler des Mini Transat 2021 zur zweiten Etappe der Transatlantik-Regatta. Über insgesamt 2.700 Seemeilen segeln sie mit ihren Proto- und Serienbooten von Santa Cruz de La Palma nach Saint-François auf der anderen Seite des Atlantiks.
Entscheidend wird auch das Wetter sein, das Sebastian Wache für float kommentiert – und den deutschspachigen Seglern als Wetterrouting mit auf den Weg gibt. Dann komm ein Schock: Gut zwei Stunden vor dem Start gibt Lina Rixgens bekannt, dass sie nicht weitersegeln kann: Ihr Boot macht nicht mit.
2019 haben die Schnellsten zwölf Tage für die Passage von den Kanaren zu den Westindischen Inseln benötigt. In diesem Jahr ist der Passatwind derzeit sehr schwach. Um etwas Druck zu bekommen, müssen die Solosegler deshalb sehr weit nach Süden segeln und damit ihre Kurse verlängern. Sie werden frühestens nach 14 bis 16 Tagen im Ziel erwartet. Man kann also davon ausgehen, dass bei dieser Etappe mehr Ruhe einkehrt in das bisher so umstrittene Rennen.
Solidarität versus Sieg
Noch nie hat es in der 44-jährigen Geschichte des Mini Transats so viele Diskussion um das „richtige“ Verhalten während einer Regatta gegeben. Moral und Solidarität versus gewinnen und siegen, das war die Frage. International waren die Gemüter von Teilnehmern, Mini-Transat-Fans und Experten erhitzt und die Meinungen geteilt.
Andere, die diese Szene nicht kennen, waren fassungslos über die Diskussion und verstanden nicht, warum man einen klaren Sieg kritisch hinterfragt. Die Rede ist von Melwin Fink und seinem Rennen, das er als Erster mit 100 Seemeilen Abstand gewann – mit nur 19 Jahren, als erster Deutscher.
Aber der Reihe nach: Auf der ersten Etappe hatte die Rennleitung am 1. Oktober den Miniisten am Kap Finisterre wegen einer Starkwetterfront empfohlen, einen sicheren Hafen aufzusuchen. Sie hatte das Rennen nicht abgebrochen, denn in der Klasse der Prototypen waren die ersten vier Solosegler schon weit in den Atlantik vorgedrungen und nicht vom Sturm bedroht. Bei den anderen Teilnehmern – viele befanden sich noch rund um das Kap Finisterre – waren viele Segler betroffen.
Plötzlich für die Regeln selbst verantwortlich
Was tut man während einer Regatta im Atlantik, wenn die Rennleitung unklare Vorgaben über Funk macht, auch die Begleitboote nicht entsprechend kommunizieren, die Sturmfront naht und man sich untereinander mit den wenigen Kommunikationsmitteln an Bord behelfen muss, weil dies das Rennen so vorgibt?
Alle Teilnehmer versuchen, in dieser Situation Klarheit zu bekommen. Sie sprechen über Funk miteinander, durcheinander, die meisten auf französisch, manche auf englisch. Häfen aufsuchen war eine Empfehlung, nicht die Entscheidung. Aber welche Häfen, wann und wo? Einige Minis hatten im vorherigen Sturm Schäden an ihren Booten erlitten und konnten diese bei einem Hafenstopp besser beheben. Für sie war ein Zwischenstopp eine gute Empfehlung. So entschied sich der Großteil der Miniisten, gemeinsam zu stoppen und die nächstliegenden Häfen anzulaufen.
Solidarität unter Miniisten
Im Wesentlichen ging es bei dieser Entscheidung um die Sicherheit der MitseglerInnen. Es ging aber auch um ein faires Rennen, für dessen Regeln man plötzlich selbst verantwortlich war, weil die Rennleitung ihrer Aufgabe nicht gerecht wurde und keine klaren Vorgaben machte.
Auch wenn die Vorderen gut durch den angekündigten Sturm kämen, würden vielleicht die weiter Zurückliegenden nachziehen und in Gefahr geraten. Nicht alle hatten gleichermaßen gute und sichere Boote. Ein Unglück wollte man nicht riskieren, Safety first.