Es ist auch heute noch etwas Besonderes, über den Atlantik zu segeln, vor allem mit einer klassischen Yacht. Ich musste 61 Jahre alt werden, um dieses Abenteuer zu erleben. Der Klassiker ist deutlich älter als ich: Ein zweimastiges Stahlschiff, 18 Meter lang, als Yawl getakelt, gebaut 1936 in Danzig im Stil der amerikanischen Ocean Racer. Kann man mit so einem alten Schiff heute noch risikolos die große Überfahrt machen? Ja, man kann, wenn ein Schiff wie dieses in einem erstklassigen Pflegezustand und entsprechend ausgerüstet ist.
Christoph von Reibnitz macht die Tour regelmäßig: Als junger Mann kaufte er vor 30 Jahren das Stahlschiff als „Peter von Danzig“ vom ASV Kiel, restaurierte es und benannte es um in „Peter von Seestermühe“. Bis heute lebt er von Chartertörns. Alle zwei Jahre nimmt er an der ARC von den Kanaren in die Karibik teil, fährt dort Charter und im Frühjahr die Nordroute über die Azoren zurück auf die Elbe.

Über den Freundeskreis klassischer Yachten lernte ich ihn kennen – und der Wunsch entstand, einmal dabei zu sein. Im April dieses Jahres war es endlich so weit. Für mich das erste Mal. Für Christoph mit seinem „Peter“, wie das Schiff bei Crew und Skipper genannt wird, bereits das 14. Mal.
Die Zeitreise beginnt in der Gegenwart: Morgens auf dem Hamburger Flughafen lerne ich einen Teil meiner Mitsegler kennen: Jürgen, Zahnarzt, langjähriger Freund vom Skipper und die Ruhe in Person. Noch ein Jürgen, Tischler und mit dem Eigner verschwägert. Dann Dana, unsere Quotenfrau, Spezialistin für klinische Studien, die seit 24 Jahren Peter-Fan ist und jetzt den ersten großen Törn mitmacht.
Segeln ohne Hilfsmittel
Ein halbleerer Air-France-Flieger bringt uns in neun Stunden vom kalten nordischen April in die karibische Tropenhitze. Bei der Landung sind wir einander schon gut vertraut. Zum Hafen ist es nicht weit. An der Pier holt uns Christoph mit dem Dinghi an der Pier ab, an Bord erwartet uns der Rest der Crew: Sven, IT-Mann aus Potsdam, immer gut drauf, und Uli, Steinmetz aus Süd-Deutschland, sonst auf echten Groß-Seglern unterwegs, wir sind komplett. Das erste Bad im Dunkeln in dem Badewannen-Wasser der St.-Anne-Bucht ist ein guter Einstieg.

Nach einem Tag Proviant fassen geht die Reise in die große Zeit der Atlantik-Racer auch schon los. „Der Peter“ sieht mit seinem eleganten Riss schon von weitem nach dieser Ära aus, als es weder Autopilot oder elektrische Winschen gab. Die hat das Schiff übrigens auch nicht, alles wird hier noch von Hand gemacht. Allerdings gibt es wie auf modernen Yachten eine Navigations-Elektronik, die dem heutigen Stand entspricht, mit GPS und Radar.
Und im Cockpit sind Speedometer, Windlupe und Echolot hinter einer hübschen Holzklappe mit Bullaugen verborgen. Aber wer mag, kann auch unter Christophs Anleitung den Umgang mit dem Sextanten üben. Unter Deck empfängt uns eine wohlige Club-Atmosphäre von warmem Holz, es gibt eine gemütliche Sitzecke um den großen Salontisch gegenüber der Pantry, wo man sich hinlümmeln kann.
Aber nie in nassem Ölzeug! Da ist der Skipper nämlich rigoros: „Salzige Kissen kannst du in deiner Koje trocken schlafen!“ Christoph hat Schiff wie Besatzung im Griff. Bei allen Manövern ist er an Deck und führt das Kommando. Alles läuft entspannt.

Der Kapitän hat es auch schon anders erlebt: „Kurz nach dem Start zur ARC unter Spi eine Patenthalse und der schwere Baum krachte in die Backstagen. Das hätte fast den Mast gekostet.“ Der Steuermann habe sich zwei Tage nicht mehr an Deck getraut … Schon gut: Ein Käpt’n muss auch mal auf der Palme sein, um seine Truppe im Griff zu halten, Hauptsache, er kommt wieder runter.
Bis zu zehn Knoten sind möglich
Bald bleibt das Land hinter dem Horizont zurück, es geht hinaus auf den Atlantik. Jetzt sind wir erst richtig auf See: Es gibt keinen Netzempfang mehr, die Handys werden weggelegt. Die Kommunikation mit den an Land Gebliebenen ruht. Der Peter erfordert jetzt auch einen Großteil unserer Aufmerksamkeit: Die ständige Bewegung im Schiff belastet den Organismus, einige Crew-Mitglieder sind sogar seekrank.