Anni Hausladen war 32, als sie 1980 bei einer Mitfahrgelegenheit nach Berlin eine Frau kennenlernte, mit der sie viel mehr verband als nur der Weg nach Berlin: Beide waren Seglerinnen. Es blieb nicht bei der kurzen gemeinsamen Strecke im Auto.
Beide Frauen wollten mit anderen Frauen segeln und beschlossen Gleichgesinnte zu suchen. Sie schalteten Anzeigen und bekamen Antworten. Wenig später starteten sieben Frauen – die eine erfahren, die andere nicht – zum ersten gemeinsamen Ostsee-Törn mit Ziel Bornholm. Drei Jahre später wurde aus dem losen Netzwerk ein Verein mit dem schlichten Namen: Seglerinnen e.V.

Jetzt fährt Anni Hausladen, heute 75 Jahre alt, zum 40-jährigen Jubiläum des Vereins nach Überlingen an den Bodensee. 60 Seglerinnen treffen sich vom 18. bis 21. Mai, um das umtriebige Frauennetzwerk zu feiern. Eine Jugendherberge haben sie dafür gemietet und 14 Jollen eines Segelvereins, mit denen sie einen ganzen Tag auf dem Bodensee verbringen werden – aus Spaß an der Frauensegelfreude.
Vier Tage lang feiern sie vier Jahrzehnte Engagement, Energie und ihren Widerstand gegen kleine und große Vorbehalte, denen Frauen begegnen, wenn sie selbst das Ruder übernehmen und die Leinen loswerfen. Die älteste von ihnen ist 88 Jahre alt – und mit der gleichen Begeisterung unterwegs wie die jüngsten.

Republikweit netzwerken
Aus zwölf Frauen, die 1983 den Segelverein gründeten, sind inzwischen fast 150 Mitfrauen – wie sie sich laut Satzung nennen – von 30 bis 80 Jahren geworden. Dazu kommt eine große Zahl von Interessentinnen.
Sie veranstalten einmal im Jahr das „Neuensegeln“ auf dem Bodensee für alle Frauen, die mal probieren wollen, und tauschen sich monatlich auf den sieben Stammtischen über alles Seglerische aus. In allen vier Himmelsrichtungen gibt es sie: in Köln, in Karlsruhe, am Bodensee, in Frankfurt, Berlin, in Hamburg und Rostock. Auch die Schweiz und Österreich ist dabei. Sie organisieren Sicherheitskurse, Skipperinnentrainings und Prüfungsvorbereitungskurse und treffen sich zum Vereinssegeln auf dem Heeger Meer in den Niederlanden.

Etwa ein Zehntel der Seglerinnen besitzt ein eigenes Boot und sucht über das Netzwerk auch Mitfrauen zum gemeinsamen Segeln. Denn sie haben die Erfahrung gemacht: Es läuft deutlich hierarchiefreier und entspannter unter Frauen ab, sagt Annie Hausladen. Auch wenn die Akzeptanz von Frauen am Ruder inzwischen deutlich besser geworden ist, findet sie. Aber Segeln will sie nur mit Frauen.
Das Netzwerk wird immer dichter. Während in anderen Vereinen die Mitglieder schwinden, steigt die Zahl der Mitfrauen kontinuierlich an. Nicht nur erfahrene Seglerinnen erweitern das Seglerinnen-Netzwerk, auch Anfängerinnen und reine Mitseglerinnen sind willkommen. Im Netzwerk können sie sich entwickeln und zu verantwortungsvollen Seglerinnen werden.
Wer Interesse hat, ist herzlich eingeladen: www.seglerinnen.de
Und weil auch die Seglerinnen gerne feiern, gibt es am Samstag, dem 20. Mai, eine große Party. In einem Segelclub direkt am Wasser natürlich.