Am 22. Januar 1939 kaufte Carl Kiekhaefer eine bankrotte Motorenfabrik in Cedarburg im US-Bundesstaat Wisconsin. 80 Jahre später ist Mercury Marine, das aus diesen bescheidenen Anfängen hervorging, ein Unternehmen mit rund 7.000 Mitarbeitern. Dass die Geschichte des Motorenbauers so erfolgreich werden würde, war nicht immer selbstverständlich.
Heute, am Eröffnungstag der Miami Boat Show, stellte Mercury Marine seinen 400 PS starken Verado-Außenbordmotor vor. Es ist der leistungsstärkste Außenbordmotor dieser Baureihe. Der 400-PS-Motor eignet sich im Besonderen für Ponton-Boote und größere Sportboote. Mit einem Gewicht von 668 Pfund ist der Motor so schwer wie der bisher größte 350-PS-Verado – und damit nach Herstellerangaben der leichteste Außenborder in der Klasse über 400 PS.
Der fabelhafte Mr. Strang
Der fabelhafte Ingenieur Charles Strang ist einer der Schlüssel zum späteren Erfolg. Er entwickelte in den späten 1940er-Jahren ein Marine-Antriebssystem, das stärker ist als alle Außenbordmotoren jener Zeit. Der ehemalige NASA-Mann verbindet dazu einen PKW-Rennmotor aus Aluminium mit der unteren Einheit eines Außenbordmotors. Seit 1951 offiziell in Diensten von Kiekhaefer Mercury Marine, entwickelt er den Sterndrive mit seinem Kollegen Jim Wynne weiter. Das einzige Problem: Ihr Chef lehnt die Technologie anfangs ab, die wenige Jahre später 80 % des Markts erobern wird.

Für Jahre bleibt Strangs Entwurf in der Schublade. 1961 schließlich stellt Kiekhaefer auf der Chicago Boat Show den MerCruiser Outdrive vor. Zu Kiekhaefers Freude ist das eigene Modell stärker als alle Motoren der Mitbewerber. So bleibt es über die Jahre: Mehr Leistung ist mehr. Der typisch US-amerikanischer Ansatz ist ebenso einfach wie effektiv: „No replacement for displacement“ – für Hubraum gibt es keinen Ersatz.
Erfolg mit Kennzeichen V
Seit 2008 wurden nach eigenen Angaben mehr als eine Milliarde US-Dollar in die Forschung, Entwicklung und Produktion investiert. 2018 startete Mercury die größte Motorenpalette in seiner 80-jährigen Geschichte. 19 neue Viertakt-Außenbordmotoren, die den Leistungsbereich von 175 bis 300 PS in V6 und V8 abdecken, haben seit Frühjahr 2018 nach und nach Premiere.
Zur Pressepremiere der V8-Motoren in Italien im letzten Sommer kamen Werften mit 19 Booten an den Lago Maggiore. Das Spannende: Unterschiedlichste Modelle für verschiedenste Anwendungen waren zu sehen, darunter die aktuellen Modelle von Axopar, der neuen finnischen Aluminium-Marke Falcon, die 2018 den Best of Boats Award gewonnen hat, sowie RIBs von Zodiac Nautic und vielen italienischen Herstellern.

„Go boldly“, der Slogan zu den beiden neuen Motoren, ist Programm. „Bold“ heißt neben „frech, keck, gewagt“ aber auch „wuchtig“ und „fett“. Das passt: Was den Mercury Marine V8 und den Mercury Marine V6 auszeichnen, ist eine Menge Hubraum, der unter dem kompakten Chassis verborgen ist.
Global in Feierlaune
Der große Erfolg der neuen Motorenserie hat den Hersteller fast überrannt. Wer einen der neuen V8-Motoren will, muss teils längere Lieferzeiten einplanen, heißt es aus der Branche. Ein Bootsbauer, den float auf der boot Düsseldorf traf, frohlockte: Ihm war es gelungen, sich eines der Achtzylinder-Kraftpakete für sein aktuelles Bootsprojekt zu sichern.
Mercury Marine wird das ganze Jahr über sein 80-jähriges Bestehen feiern. Noch immer ansässig in Wisconsin, mit Sitz in Fond du Lac, ist die Firma heute eine Tochter der börsennotierten Brunswick Corporation mit 2,6 Milliarden US-Dollar Umsatz pro Jahr.


Als einer der weltweit führenden Anbieter von Schiffsantriebssystemen entwickelt, produziert und vertreibt Mercury Marine Motoren, Zubehör und Dienstleistungen für die Freizeit- und die kommerzielle Schifffahrt. Unterstützt wird der Hersteller durch einen globalen Kundensupport mit, so die eigenen Angaben, rund 10.000 Servicepunkten weltweit.
Ein Kommentar
In den 90ern traf ich einmal zufällig einen Mercury-Testingenieur in einer Kneipe in Oshkosh, ein paar Meilen vom Hauptsitz in Fond du Lac entfernt. Er habe, gerade aus dem Urlaub zurück, völlig überraschend seine Papiere bekommen, erzählte er. Viele seiner Kollegen ebenfalls. Vielleicht fing damals ja schon die teilweise Verlagerung der Produktion ins Ausland an. Heute baut Tohatsu in Japan die Mercury-Außenborder bis 30 PS, Motoren bis 75 PS werden in China produziert. Immerhin kommen die Motoren der höheren Leistungsklassen noch aus Fond du Lac am Lake Winnebago.