Höhe macht Laura Lühnenschloß nichts aus. Ihr liebster Arbeitsplatz ist irgendwo oben, in der Takelage eines Großseglers, sei es auf der „Thor Heyerdahl“, der „Eye Of The Wind“, der „Rickmer Rickmers“ oder der „Peking“. „Dort oben ist es ruhig, man ist in einer anderen Welt, einem anderen Element. Wie der Taucher tief unten im Meer, nur eben hoch oben in der Luft“, erzählt die junge Taklerin auf dem ehemaligen Flying P-Liner Peking. Während sie den Hamburger Winter in ihrem Hafenbüro abwettert, träumt sie davon, auf einem Windjammer über die Meere zu segeln.
Aufgewachsen ist sie 400 Kilometer von der Küste entfernt, im Südwesten Deutschlands bei Trier. Da wird einem die Liebe zur Seefahrt nicht in die Wiege gelegt. Zum Glück ist die Familie in den Sommerferien immer wieder nach Frankreich an den Atlantik gefahren. Hier konnte Laura erste Erfahrungen mit der Segelei sammeln.
Offensichtlich hat das die richtige Saite in ihrer Seele angeschlagen, denn auf das Abitur folgte das Studium der Sportwissenschaften, Schwerpunkt Wassersport. Die Diplom-Arbeit behandelte das Katamaran-Segeln, Technik und Teamwork. Schon während des Studiums riefen gute Freunde sie an die Ostsee.
Vom Surfbrett auf die Thor Heyerdahl
Auf Rügen gibt es viele Kite-, Segel- und Surfschulen, bei denen Laura Lühnenschloß mit Begeisterung als Lehrerin eingestiegen ist. In der Wintersaison bringt sie auf den Werften in Lauterbach oder Altefähr die Schulboote in Ordnung oder sie fliegt für einen Reiseveranstalter nach Ägypten, die Türkei oder Brasilien und bringt den Touris das Windsurfen bei – eine deutlich angenehmere Option.
Über die Jahre hat sich allerdings auch hier das Klientel geändert: Zu Beginn der 2000er-Jahre waren die Surfbegeisterten noch wirklich am Naturerlebnis interessiert, dem Zusammenspiel von Mensch, Surfboard, Wind und Wellen. Später musste Laura bei ihren Schülern eine deutliche Verlagerung des Fokus auf teure Klamotten und Posing feststellen. Das gefiel ihr nicht wirklich, Veränderung war angesagt.

Das 1930 in Holland als Frachtmotorsegler gebaute Stahlschiff „Thor Heyerdahl“ wurde 1979 von zwei Freunden und vielen Freiwilligen auf der HDW in Kiel zu einem Toppsegelschoner mit Wohnkabinen umgebaut. Der norwegische Forscher taufte das Schiff auf seinen Namen, und seither fährt es Ausbildungstörns auf Atlantik und Ostsee. Jedes Jahr von Oktober bis April wird die Thor Heyerdahl zum Klassenzimmer unter Segeln. Dann fahren 35 Jugendliche aus den 10. Klassen mit einer 15-köpfigen Crew einmal über den Atlantik.
Dieses Projekt kam Laura wieder in den Sinn. 40-Fuß-Yachten hatte sie immer wieder mal überführt, kannte sich also schon mit mehr als einem Segel aus. Gereizt hat sie aber vor allem die Aussicht, mit einer erfahrenen Crew und einem Haufen Jugendlicher die große Atlantik-Runde in die Karibik und zurück zu machen – auf einem 150-Fuß-Schiff mit mehr als 10 Segeln, und dabei gute Seemannschaft zu leben.
Segeln fürs Leben
Die Thor Heyerdahl suchte gerade eine neue Crew für ihre Ausbildungstörns. Ihr Wissen und ihre positive Ausstrahlung überzeugten, und schon war sie auf großer Fahrt. Laura ist zuerst als Deckshand und Wachführerin, später als Bootsfrau und Steuerfrau dabei. Der Törn geht über die Kanaren in die Karibik an die mittelamerikanische Küste und über die Azoren wieder zurück.
Unterwegs lernen die Schüler alles, was man braucht, um ein Segelschiff zu bedienen, aber auch sich selbst zu versorgen, also für 50 Leute für mehrere Wochen einzukaufen, zu kochen und zu putzen. Vor allem lernen sie Seemannschaft – respektvoll miteinander umzugehen und sich gegenseitig zu unterstützen.

Für Laura Lühnenschloß sind die Reisen absolute Highlights in ihrem Seefrauenleben. Voller fantastischer Eindrücke macht sie die große Winterschleife dreimal mit. Sie erzählt begeistert davon, wie aus unsicheren Milchbubis und Backfischen gestandene junge Frauen und Männer werden, die sich gegenseitig Halt geben und aufeinander verlassen können. Sie lernen, jeder Situation gelassen zu begegnen, und sind heute noch, viele Jahre später, gute Freunde und erfolgreich im Leben. Laura sieht es nicht ohne ein bisschen Stolz.
Aber im Vordergrund steht das pure Segelerlebnis. „Dieses Gefühl, wenn du mitten auf dem Atlantik in einer Vollmondnacht bei sieben Beaufort auf der Rah stehst und das Bramsegel packst, das vergisst du dein Leben nicht mehr“, schwärmt Laura, und ihre Augen strahlen. Ihre Liebe zur Seefahrt lebt sie in zahlreichen Törns – als Offizierin auf dem Dreimast-Toppsegelschoner „Thor Heyerdahl“ und auf der 40-Meter-Brigg „Eye Of The Wind“, letzteres ein gut bezahlter Job.
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