Die CDU Schleswig-Holstein hat dem Projekt Nationalpark Ostsee eine Absage erteilt. Die Nord-Grünen wollen am Prozess der öffentlichen Konsultationen festhalten, um zum Jahreswechsel über eine Gesetzesinitiative zu entscheiden. Gemeindevertretungen und Amtsausschüsse positionieren sich. Berichte über den Zustand der Ostsee erregen Besorgnis.
Dass die Ostsee dringend besser geschützt werden muss, darüber herrscht unter allen Beteiligten aus Politik, Fischerei, Tourismus, Wassersport und Naturschutzverbänden Einigkeit. Der Weg dahin bleibt aber auch nach den jüngsten Ereignissen umstritten. Immerhin kommt in die Beseitigung von Munitionsaltlasten Bewegung.
Kehrtwende von Ministerpräsident Günther
Die politische Auseinandersetzung zum Nationalpark Ostsee erreichte in Schleswig-Holstein Ende September, Anfang Oktober ihren Höhepunkt. Nach intensiven Protesten aus dem Wassersport, aber auch dem Tourismus, der Fischerei und Landwirtschaft vollzog Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) eine Kehrtwende.
Zuvor hatte er noch SH-Umweltminister Tobias Goldschmidt (Bündnis 90/Die Grünen) für dessen Wunschprojekt Nationalpark Ostsee, über dessen Einrichtung laut Koalitionsvertrag diskutiert werden sollte, den Rücken gestärkt. Nun sah er bessere Ideen, um den Ostsee-Schutz voranzutreiben.
Vorangegangen waren intensive Proteste – ausgehend von Interessengruppen auf Fehmarn. Bei einem Besuch auf der Insel Ende August schlug dem Ministerpräsidenten der Protest entgegen. Angetrieben vom CDU-Kreisverband Ostholstein, in dessen Kreis Fehmarn liegt, wurde zudem der Antrag für den Landesparteitag formuliert, die Einführung eines Nationalparks Ostsee abzulehnen. Weitere CDU-Kreisverbände von der Ostsee schlossen sich diesem Antrag an.

Dieser Riss in der Koalition zwischen CDU und Grünen erhitzte Ende September die Gemüter im Kieler Landtag. Der diskutierte allerdings weniger über die Sache, als sich in Häme und Beschwichtigungen zu ergehen.
Die Opposition aus SPD, FDP und SSW sah die Chance, mit viel Polemik den Keil zwischen die Regierungsparteien zu treiben. Die Wellen schlugen so hoch, dass die Landtagspräsidentin in die Diskussion eingreifen musste.
Hitzige Atmosphäre im Kieler Landtag
Gleichwohl folgte der CDU-Landesparteitag Anfang Oktober dem Antrag aus den Kreisen und erklärte seine Ablehnung für die Nationalpark-Pläne. Umweltminister Goldschmidt, der den Nationalpark als „Goldstandard“ für den Schutz der Ostsee bezeichnete, hält indes am Fahrplan für die Konsultationen fest.
Der sieht am 1. November einen sogenannten Verzahnungsworkshop vor, bei dem die schon zuvor gehörten Interessengruppen zusammenkommen sollen. Der Fortsetzung der Konsultationen hatte im Landtag auch die CDU zugestimmt.

Damit ist eine Gesetzesinitiative zum Nationalpark Ostsee noch nicht vom Tisch, denn auch innerhalb der CDU gibt es keine Einigkeit bei dem Thema. In der Gemeindevertretung Schwedeneck (nördlich von Kiel) wurde der CDU-Antrag abgelehnt, obwohl die Partei die Mehrheit der Stimmen in der Gemeindevertretung besitzt.
Der Amtsausschuss Lütjenburg (östlich von Kiel) fürchtet dagegen Einschränkungen und Verbote, die die heimische Wirtschaft und den Tourismus schwächen. Er spricht sich gegen den Nationalpark aus – wie schon zuvor andere Gemeinden und der Plöner Kreistag.
Die Alternativen zum Nationalpark sind die konsequenten Anwendungen der freiwilligen Vereinbarungen nach den Natura-2000-Regelungen, die Verpflichtungen innerhalb des internationalen Ostsee-Schutz-Netzwerkes Helcom oder auch die Ausweisung und Ausweitung von Naturschutzgebieten.
Dass die Ostsee in einem kritischen Zustand ist, ist unbestritten. Steigende Temperaturen und höhere Nährstoffbelastung durch Intensivierung der Landwirtschaft fördern das Algenwachstum.
Bei deren Zersetzung durch Bakterien und Mikroben wird Sauerstoff verbraucht. Damit weiten sich Todeszonen, also sauerstoffarme Bereiche ohne höheres Leben, aus den Tiefen der Ostsee immer weiter aus.
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