Bis die Bordwände sich biegen
Mustafa macht den ersten Test, der bei neuen Serienyachten oftmals Ernüchterung bringt. Das Anspannen der Wanten führt manchmal dazu, dass unter Deck die Türen nicht mehr in den Rahmen passen, weil die Bordwände so dünn sind, dass sie sich biegen. Die Dilly-Dally mit einer Bordwand, die 2,8 Zentimeter misst, kennt die Probleme auch im fortgeschrittenen Alter nicht.
Die Wartung der Winschen geht bis spät in den Abend. Zunächst werden die Winschen aufgeschraubt und in Einzelteile zerlegt. Dabei stellen wir fest, dass der letzte Service lange her sein muss. Das alte Fett scheint zudem kein spezielles Marinefett gewesen zu sein. Wie Kaugummi klebt es an den Zahnrädern.
In einer Wanne mit Benzin (das ist besser und günstiger als Aceton) werden die Einzelteile penibel gereinigt, pro Winsch dauert das gut eine halbe Stunde. Dann werden die Zahnräder und Lager mit einem Pinsel gefettet, feine Stellen mit einem Spezialöl geschmiert und wieder zusammengesetzt. Über Nacht wird zudem das ausgebaute Furling-System überholt.
Zertifikat für Versicherung
6300 Euro und ein Zertifkat für die Versicherung später, steht der letzte Teil der Arbeiten an: der Probeschlag. Zusammen mit Mustafa und seinen beiden Mitarbeitern von Marmaris Rigging geht es raus in die Bucht vor der Stadt. Die Bedingungen sind perfekt. Der Wind weht konstant mit 15 Knoten, wenig Wellengang. Kaum neigt sich die Dilly-Dally ein wenig, steht plötzlich Mustafa auf der ersten Saling.
Nur an den Wanten, natürlich barfuss, war er unter vollen Segeln in den Mast geklettert. Ein bisschen wird noch an den Wanten geschraubt, dann läuft die Dilly-Dally. Und wie. Auf Am-Wind-Kursen etwa zehn Grad höher als zuvor. In ein paar Woche, sagt Mustafa, soll ich noch einmal nach Marmaris. Dann will er die Wanten und Stagen noch einmal überprüfen und nachziehen.
Bordhund fühlt sich sicher
Direkt auf dem Rückweg, am nächsten Tag, muss sich das neue Rigg beweisen. Wie vorhergesagt, legt der Wind gegen Mittag kräftig zu. Und wird in den kommenden Tagen noch stärker. Böen bis 50 Knoten sind vorhergesagt. Um sieben Uhr brechen wir deshalb in Marmaris auf, wollen in den Golf von Fethiye segeln, um dort in einer sicheren Bucht die nächsten Tage zu verbringen, bis eine sichere Weiterreise möglich ist.

Gerade als wir Kurs auf den Golf legen, frischt der Wind von 20 Knoten auf über 30 auf. Nur unter Genau sausen wir mit raumen Wind unserem Etappenziel entgegen. Die Logge zeigt dauerhaft 7,5 Knoten, auf der Welle reiten wir knapp neun. Die Winschen schnurren und selbst dem Bordhund gefällt das neue Tauwerk. Vertraut bettet er sein Haupt darauf und schläft. Auch bei uns ist das mulmige Gefühl von einst verflogen. Und so sind wir fast traurig, als der Wind in Landabdeckung unter 30 Knoten fällt.
Jens Brambusch berichtet im Detail von seinem Leben als Segelaussteiger auf seinem Blog Brambusch macht blau.