Nördlich der Rhinplate biegen wir nach Glückstadt ab und Svenja manövriert das Boot in den Vorhafen an den Wartesteg vor dem Sperrwerk. Der Westwind packt den Bug der Elbe Express beim Anlegen und drückt ihn seitlich weg. Svenja muss das Boot in der engen Gasse einfangen, umplanen und einen neuen Anlauf fahren. Punktlandung! Beim Hafenschluck sind wir von ihrem Manöver schwer begeistert.
Die Crew mit Lust auf Meer
Abends besprechen wir alle möglichen Törn-Varianten: Schaffen wir es bis Cuxhaven? Oder zumindest bis Brunsbüttel? Wir checken die Gezeiten, die Wettermodelle, schreiben Sebastian an. Der empfiehlt lakonisch: „Hafentage bis Mittwoch“. Wir geben uns dennoch nicht geschlagen und wollen weitersegeln nach Brunsbüttel, vielleicht schaffen wir es ja doch nach Cux? Denn wir sind die Crew mit Lust auf Meer – wir wollen nach Helgoland!
Dienstagmorgen entscheidet Svenja: Wir bleiben in Glückstadt. Vielleicht können wir, wenn der Wind etwas abgenommen hat, am Mittwoch bis Brunsbüttel hoch segeln. Dann also Körperpflege und Shoppen beim Segelausstatter. Agnes bekommt neue Gummistiefel, drei von uns eine warme Wollmütze, Katja eine neue Regenhose und Svenja einen Südwester. Ab nachmittags kloppen wir Doppelkopf bis spät in die Nacht. Der Monkey 47 Gin, den Katja gegen die Seekrankheit mitgenommen hatte, verfehlt auch hier nicht seine Wirkung.

Mittwochmorgen hat der Wind abgenommen und wir wagen es Richtung Brunsbüttel. Zuerst schieben wir uns in die Pole Position. Wir verholen die Nachbaryacht und Elbe Express ein Stück den Steg hinunter und gewinnen so Platz, um entspannt rückwärts auszulaufen. Wieder beweist Svenja, was sie drauf hat.
Keine anderen Bekloppten unterwegs
Im Schutz der Rhinplate setzen wir das Großsegel im ersten Reff und starten erneut Richtung Elbmündung, doch schon vor der Stör – kaum 3 sm weiter – liegen wir so auf der Seite, dass wir weiter reffen. Es folgt eine furiose Am-Wind-Kreuz im breiten Elbstrom bei Wind gegen Strom. Die Sonne scheint gleißend und Wolken, Gischt und „Elbe Express“ fliegen um die Wette. Außer uns sind keine anderen Bekloppten unterwegs.
Ausgemacht war, dass wir abdrehen und mit dem Wind ablaufen, wenn Svenja es für richtig hält. Als in den Böen Wind- und Ruderdruck im zweiten Reff so heftig werden, dass „Elbe Express“ fast aus dem Kurs läuft, sagt sie, dass es besser sei umzukehren.
Ay Captain!, antworten wir, die Enttäuschung ist nicht zu überhören. Aber wir laufen nur eine kurze Strecke mit raumem Wind ab, Svenja sortiert die Aufgaben, bespricht die nächsten Schritte: drittes Reff und erneut Kurs Brunsbüttel.

Hochseesegeln vor Brokdorf
Später dann im Fahrwasser vor Brokdorf kreuzen wir bei 34 kn Wind und fast 2 m Welle. Anne ist am Steuer, ihre Augen leuchten, während sie die Wellen abreitet. Eine große Welle erwischt uns von achtern und füllt das Cockpit. Es ist ein großes Abenteuer und wir sind alle begeistert. „So habe ich die Elbe auch noch nicht erlebt. Das ist Hochseesegeln vor Brokdorf!“, meint Svenja. Das ist echt reaktiv, denke ich.
Als das Gerocke Marcella schließlich den Magen umdreht, kehren wir um nach Glückstadt und legen uns hinter der Rhinplate vor Anker. Das Ankerbier im Cockpit mit Abendsonne schmeckt vorzüglich, wir sind voll auf unsere Kosten gekommen.

Am nächsten Morgen gehen wir früh mit den Gezeiten Anker auf und segeln gemächlich zurück nach Hamburg – im Regen, natürlich. Der Windspuk immerhin hat ein Ende, wie Sebastian Wache es prophezeit hat. Wir hören den Revierfunk, weichen dem dichten Schiffsverkehr aus, üben die Bedeutung von Betonnung.
Kurz vor Hamburg schläft der Wind dann ganz ein und der gestrige Ritt kommt uns jetzt irgendwie surreal vor. Als wir wieder bei der Yachtschule Eichler an den Steg gehen, ist klar: Helgoland, wir kommen noch. Dieses Mal hatten wir unser eigenes Frauen-Offshoresegeln auf der Elbe. Nennen wir es „Helgaland“.