Was für ein Ausnahmerennen! Die neunte Vendée Globe musste sich mit der Pandemie arrangieren. Aber sie blieb magisch. Die Abfahrt der 33 Solosegler und die Ankunft der Gewinner in Les Sables d’Olonne fanden vor leeren Rängen statt. Nur ein paar Auserwählte durften die Segler trotz Lockdowns am Kai in die Arme schließen. Die acht schnellsten Segler beendeten das Rennen in einem Zeitfenster von weniger als 24 Stunden.
Der neunte, Benjamin Dutreux, kam 38 Stunden nach dem ersten Boot durchs Ziel. Eine Sensation, wenn man bedenkt, dass bei der Vendée Globe vor vier Jahren 19 Tage zwischen der Ankunft des ersten und des neunten Boots lagen.
Die Organisatoren haben den Seglern einen würdigen Empfang bereitet. Den Finalisten jubelten am VIP-Arrival-Kai die Organisatoren der Weltumseglung, die Sponsoren, die Teams und Familienangehörigen mit knallenden Champagnerkorken zu. Die anschließende Pressekonferenz wurde simultanübersetzt – so international wird die Vendée Globe mittlerweile verfolgt.
Das typische Biskaya-Wetter bläute dem Publikum gnadenlos ein, womit die Segler sich 80 Tage lang herumschlagen mussten: Es goss und kachelte, so wie schon bei ganz frühen Vorbereitungsregatten. Der Wind brauste so stark auf, dass Armel Tripon auf Platz 11 entschied, vor Portugal auf bessere Bedingungen für den letzten Schlag zu warten. Er kam am Montagmorgen an, dicht gefolgt von Clarisse Cremer. Sie wäre die erste Frau dieser an Seglerinnen reichen Regatta, die eine Vendée Globe auf Platz 12 beendet.

Jetzt spüren auch wir die Erschöpfung
Bei Offshore-Regatten laufen die Boote häufig nachts ein, vor Les Sables d’Olonne müssen sie zusätzlich die Flut abwarten. Aber weder diese Einschränkungen noch Covid 19 schmälerten unseren Enthusiasmus beim Finale. Ich selbst kommentierte die Ankunft der ersten fünf Boote aus einer Hütte im tiefsten England.
2009 war ich selbst als Teilnehmerin bei der Vendée Globe dabei. Das half mir, die Emotionen der Segler und des Teams, ihren Stolz und ihre Erleichterung nachzuempfinden. Jeder Segler hat seine eigenen Fans, aber alle fieberten auf die gleiche Weise mit. 81 Tage waren wir gefesselt, jetzt spüren auch wir die Erschöpfung. Denn: Alleine dieses Rennen durchzuhalten, ist für jeden Teilnehmer ein Sieg. Sie alle verdienen Ruhm und alle Epauletten dieser Welt.

Diese Vendée Globe hat Rekorde geschrieben. Noch nie haben so viele Boote die Ziellinie überfahren, 75 Prozent (die noch segelnden eingerechnet). Segler aus neun Nationen haben teilgenommen – auch das eine Höchstmarke, die sich aber sicher noch steigern lässt. Sechs Frauen sind angetreten, vier von ihnen stehen noch im Rennen. Beides sind Rekordzahlen. Die Rettung von Kevin Escoffier war dank des großen seemännischen Könnens von Jean Le Cam erfolgreich.
Und zum Schluss der Zahlenkrimi! Der Erste, der über die Ziellinie geht, ist nicht unbedingt der Erste des Rennens. Die Zeitguthaben wegen der Rettung von Escoffier müssen angerechnet werden. Das war ein Hollywood-reifes Drama.


Die Regeln sind extrem einfach
Das Drehbuch der Vendée Globe ist simpel: Es geht einhand um die Welt ohne Unterbrechung und ohne Hilfe. Zum Auftakt lernen wir die Protagonisten kennen, die 33 Segler mit ihren Biografien und Booten. Dann der Konflikt mit Stürmen, Flauten und Stimmungsschwankungen. Zur Klimax im südlichen Ozean spitzen sich die Probleme zu, bis einige aufgeben müssen, während andere mit Reparaturen davonkommen. Aber danach flacht die Spannung nicht ab. Jedes Boot ficht seine eigenen kleinen Kämpfe aus, egal auf welcher Position beim Finale.
Niemand konnte ahnen, dass die Podiumsplätze so stark von der gutgeschriebenen Zeit bestimmt werden würden.