Michael Walther hat soeben sein Grönland-Paddeltour zur Eisgrenze in der Disco-Bay beendet, die wir auf float im März bereits vorgestellt hatten. Hier an der Eisgrenze liegt das Unesco-Weltnaturerbe Ilulissat-Eisfjord mit dem Sermeq-Kujalleq-Gletscher, wo sich die Grönlandwale tummeln. Wo sich aber wegen des Klimawandels auch das Eis immer weiter zurückzieht.
Ziel des Extremsportlers Walther war es deshalb, die Auswirkungen des Klimawandels auf die nördlichen Polarregionen zu dokumentieren und zu verfilmen um in Schulen auf das Thema Klimawandel und Meeresschutz aufmerksam zu machen. Gerade ist er von seiner Tour zurück. float hat mit Michael Walther über seine Erfahrungen im Eis gesprochen.

float: Michael, wo bist Du gestartet?
Michael Walther: Wir hatten wesentlich mehr Eis in der Disco-Bay als erwartet. Aufgrund der Wetterbedingungen sind wir, anders als erst geplant, gleich nach Aasiaat, zur südlichen Spitze der Disco-Bay geflogen. Wir dachten, dass wir hier leichter loskommen. Leider drückte auch hier der Wind das Eis in die Bucht zurück und machte es sehr schwierig loszukommen. So saßen wir die ersten zwei Tage in Aasiaat fest und kamen erst dann auf relativ unkonventionellem Weg aufs Wasser.

Konntest Du denn durchgehend paddeln, so wie geplant?
Das war leider nur mit Unterbrechungen möglich. Ich konnte schon mal eine längere Strecke paddeln und unser Fotograf Daniell – und Max, der Kameramann – konnten gute Bilder machen. Aber unser Guide, der das Begleitboot fuhr, wurde sofort nervös, wenn sich die Windrichtung und -stärke veränderten. Die ganze Zeit öffneten und schlossen sich Wege im Eis. Ich hatte mehrfach Situationen, in denen ich mir einen kleinen Kanal zum Paddeln gesucht hatte. Und wenn ich mich zum Begleitboot umschaute, hatte sich das Eis hinter mir schon wieder geschlossen.

Das klingt gefährlich. Kann man die Eisschollen betreten?
Ja, manchmal musste ich über eine Eisscholle steigen, um weiterzupaddeln. Das ist nicht ungefährlich, weil man nie weiß, wie gut die Scholle hält, ob sie sich dreht oder ein Stück abbricht. Aber es war manchmal halt die einzige Möglichkeit. Auf Dauer ist das aber keine Lösung. Ich wollte ja weiterkommen. Ich musste deshalb häufiger die Paddelei abbrechen und erstmal ein Stück mit dem Motorboot rausfahren, damit uns das Eis nicht komplett einschließt. Für das Begleitboot war es noch unangenehmer, weil es tiefer im Wasser liegt und vom Eis erdrückt werden kann.
Wer war alles bei dir?
Ich war mit dem Fotografen Daniell Bohnhof und dem Videofilmer Max Stolarow unterwegs. Außerdem war unser Guide Martin dabei, der in Asiaat lebt und die Eissituation und Gefahren kennt.
Wie viele Tage bis Du denn insgesamt gepaddelt?
Schwer zu sagen, wegen der durchgehenden Helligkeit sind bei uns dreien die einzelnen Tage ziemlich ineinander verschwommen. Ich denke, dass ich an die acht Tage gepaddelt bin. Ich wäre gerne viel mehr gepaddelt, aber die Situation ließ es halt nicht zu. Aber unser Ziel war ja vor allem, die beeindruckende Schönheit der Natur da oben zu dokumentieren und die Auswirkungen des Klimawandels. Ich denke, das ist uns auf Bildern und Videos gelungen.

Wo habt ihr übernachtet?
Wir sind sehr gut mit der Tourist-Info vernetzt gewesen und haben uns Unterkünfte auf der Strecke gesucht. Wir sind bis nach Ilulissat gefahren zum Unesco-Weltnaturerbe mit dem Sermeq-Kujalleq- Gletscher. Da wollte ich ja hin. Außerdem war es uns wichtig, mit den Locals in Kontakt zu kommen um zu hören, was sich in den letzten Jahren für sie bereits geändert hat.
Wie ist es denn, wenn man dort paddelt? Du warst ja bei Eis und Schnee an der Nord- und Ostseeküste unterwegs. Ist das vergleichbar oder ganz anders?
Es ist eine größere Herausforderung, als ich dachte. Ich bin hier in Kiel ja schon bei minus 5 bis minus 8 Grad Celsius paddeln gewesen. Dennoch ist es halt mit minus 15 °C ein echter Unterschied. Kleine Wellen, die übers Board schwappten, froren direkt auf dem Board fest, bevor sie wieder ablaufen konnten. Das habe ich bisher so noch nicht erlebt. Teilweise war das Board dadurch extrem rutschig, so dass ich mir echt Gedanken gemacht habe, wie man das lösen kann. Spikes helfen bei einem aufblasbaren Board ja auch nicht (lacht).

Was waren für dich besondere Eindrücke?
Es ist total beeindruckend neben den Eisbergen, die zum Teil zwei bis drei Stockwerke hoch sind, zu paddeln. Wenn man darüber nachdenkt, wie alt dieses Eis ist und wie es aus dem Inneren Grönlands herausgedrückt wird, ist das sehr ursprünglich. Man hat das Gefühl, zu Gast zu sein und sich die Natur anschauen zu dürfen. Aber man ist halt nur ein winziger Teil davon.
Wir waren die Begegnungen mit den Einheimischen?
Wir haben mit verschiedenen Leuten gesprochen. Zum Beispiel mit Jägern, für die es immer schwieriger wird zu jagen, weil das Eis im Frühjahr nicht mehr trägt, aber noch zu dicht ist, um mit dem Boot jagen zu gehen. Diese Übergangsphase zwischen fester Eisdecke und freiem Wasser wird immer länger. Das nicht mehr tragfähige Eis macht ja bekanntermaßen auch den Eisbären zu schaffen.

Sind euch auch Tiere begegnet?
Wir haben ein paar Grönlandwale gesehen, die an uns vorbeigeschwommen sind. Das war beeindruckend, weil die ja eine ganz ordentliche Größe haben. Wir haben außerdem enge Freundschaft mit Schlittenhunden geschlossen. Ansonsten sind mir Tiere vor allem auf dem Teller begegnet. Die Grönländer jagen noch richtig, und wir konnten viele ortstypische Spezialitäten probieren. Dem Narwal bin ich beim Abendessen am nächsten gekommen – so wie Robbe und Karibu.
Ihr macht jetzt einen Film aus der Tour. Was wird er beinhalten?
Wir wollen mit dem Film von Zero Emissions die Schönheit und beeindruckende Natur dort oben zeigen. Außerdem möchten wir durch die Interviews mit Grönländern zeigen, was sich dort bereits jetzt durch den Klimawandel verändert. Ein Lehrer und ein Jäger haben uns interessante Antworten dazu gegeben. Die Idee ist, dass wir damit vielleicht ein bisschen mehr Interesse darauf lenken können, was unser Handeln bereits jetzt auslöst. Der Klimawandel ist sonst sehr abstrakt – anders als beim Plastikmüll im Ozean – und lässt sich damit nur schwer fassen. Das würden wir gerne ändern, vor allem damit, dass wir zeigen, was für eine beeindruckende Natur auf dem Spiel steht.
Wann kommt der Film heraus?
Das ist noch nicht ganz sicher. Ich denke, wir haben im Herbst diesen Jahres vielleicht schon etwas Vorzeigbares.
Michael, Danke für das Gespräch. Wir freuen uns, auf float bald etwas davon zeigen zu können.

Zur Ausrüstung
Für Michael kam es bei Temperaturen um minus 15 Grad Celsius auf einen guten Trockenanzug an. Der Anzug musste leicht sein, eng am Körper anliegen und wasserdichte Taschen besitzen. Er entschied sich für den SECUMAR KSA Contra 150 SF. Dieser Anzug, der für Spezialkräfte von Polizei und Militär konzipiert wurde, hat auch eine zivile Zulassung und kann damit an Zivilpersonen verkauft werden. Er besteht aus wasserdichtem und wasserdampfdurchlässigem GORE-TEX-3-Lagen-Laminat (ISO 15027-1). Die Leistungsklasse C bietet thermischen Schutz für 2,3 Stunden bei 0°C Wassertemperatur: Die Körperkerntemperatur fällt dabei um weniger als 2°C ab. Das ist mehr als die Norm.