Ich vermerke auch diese Erkenntnisse in meiner Kladde und mache mich nun auf die Suche nach alternativen Ankerplätzen und -häfen.
Unerwarteterweise gibt es in der näheren Umgebung nicht so viel. Der Dog River ist flach und flussaufwärts nur noch für Motorboote geeignet, Mobile ist sehr industriell, dort könnte man in der größten Not in den Industriehafen fahren. Auch die Bonsecour Bay, der östliche Ausläufer der Mobile Bay, ist eine Möglichkeit oder Pensacola weiter im Osten. Wenn ich aus irgendwelchen Gründen vorher abdrehen muss, sind Key West oder Tampa mögliche Schutzhäfen.
Teile der Tampa Bay sind zudem als „Hurricane Hole“ klassifiziert, nur für den Fall des Falles. Ich schaue mir die Häfen und Ankerplätze im Detail an, notiere Koordinaten, Wegpunkte und Gefahrenstellen. Wenn ich auf einen Ausweichhafen angewiesen bin, habe ich vielleicht keinen Kopf für eine detaillierte Ansteuerungsplanung. Diese Information muss dann parat sein, auch ohne Internet.
Den Plotter programmieren
Nun konsolidiere ich all diese Informationen zu Wegpunkten und verbinde die Wegpunkte zu einer Route, die dann in der Kladde notiert und in den Plotter programmiert wird. Sie führt mich aus dem Fahrwasser über das Riff in den Yucatan-Strom. Dann geht es östlich des Kerns des Hochdruckgebiets vorbei in die Ansteuerung der Mobile Bay, dort ins Fahrwasser und schließlich in den Dog River.
572 Meilen werden das sein. Und mit den erwarteten Verhältnissen und meinen Bootsdaten schätze ich eine Fahrtzeit von 127 Stunden ab. Es sind also etwas über fünf Tage, mein Schiff ist halt keine Rennziege. Wenn ich am 23. Juli um 06:00 auslaufen werde, sollte ich also am 28. Juli um 13:00 Ortszeit in Mobile ankommen.

Ich prüfe noch einmal, ob ausreichend Proviant, Wasser und Treibstoff gebunkert sind. Und ich mache die obligatorischen Checks: Bilgen, Batterien, Instrumente, Kommunikationsausrüstung, Sicherheitsausrüstung. Sieht gut aus. Auch meine Papiere schaue ich noch mal durch: Pass und Visum, Bootsregistrierung und Versicherung, Cruising License und die für die USA vorgeschriebene ROAM-App der US Customs and Border Protection (CBP). Alles da.
Von der Kladde zum Float-Plan
Als letzter Schritt folgt nun der sogenannte Float-Plan. Ein Float-Plan ist ein Dokument, in dem die Daten zum Schiff und seiner Sicherheits- und Kommunikationsausrüstung eingetragen werden. Dazu Daten zur Route, Besatzung und möglichen Kontaktpersonen an Land, um im Falle des Falles den Rettungskräften die Arbeit zu erleichtern. Und damit die eigenen Überlebenschancen zu erhöhen.
Diesen Float-Plan, ich persönlich nutze den Vordruck der US Coast Guard, schicke ich an zwei Personen meines Vertrauens. Sie habe ich vorher über die Route und deren Dauer sowie den Zweck des Float-Plans informiert.
Etwas müde, aber zufrieden, dass auch nach der Detailplanung nichts gegen das für morgen geplante Auslaufen spricht, klappe ich die Karten, Handbücher und den Laptop zu und genehmige mir eine meiner Lieblingszigarren: Romeo y Julieta, noch original aus Kuba. Der Golf kann kommen. Ich bin bereit.