Im letzten Teil unserer Reihe ging es um die Abläufe an Bord, die für eine korrekt gefahrene Wende erforderlich sind. Diesmal erklärt uns Segelberater Oliver Ochse, wie man dabei einen Pinnenausleger optimal handhabt. Denn: Ein Boot mit Pinnensteuerung kann mit einem Pinnenausleger fast immer deutlich besser gesteuert und vor allem gewendet und gehalst werden.
Dabei ist nicht so sehr die Länge des Pinnenauslegers maßgeblich, sondern das richtige Timing und eine optimierte Bewegungsabfolge. So wird’s gemacht.
Der verlängerte Arm
Die Länge des Pinnenauslegers ergibt sich aus der Sitzposition des Steuermanns. Boote älteren Baujahres mit schmalem Heck – wie H-Boote, Drachen, Folkeboote und einige Regatta-Jollen – benötigen einen eher langen Pinnenausleger: Weil das Heck schmal ist, muss der Oberkörper des Steuermanns weit nach außen verlagert werden, um die Fock mit ihren Steuerfäden im Blick behalten zu können. Entsprechend größer wird der Abstand zur Pinne und entsprechend länger muss der Pinnenausleger sein.
Den Pinnenausleger richtig halten
Die ergonomisch beste Haltung für das Steuern mit Pinnenausleger ist folgende: Der Oberarm wird seitlich neben dem Oberkörper abwärts gehalten und der Unterarm mit der Hand, die das Ende des Auslegers greift, etwa um 100 Grad angewinkelt.

So kann locker aus dem Unterarm gesteuert werden und man vermeidet den anstrengenden Fehler, aus dem Körper heraus zu steuern. Der Pinnenausleger bleibt dabei immer leicht vor dem Körper. Bei dieser Haltung dreht sich der Oberkörper automatisch etwas in Fahrtrichtung.
Eine Wende fahren


Um eine Wende zu fahren, müssen wir nun der Windstärke entsprechend die Drehung einleiten. Dafür drücken wir die Pinne mit Hilfe des Pinnenauslegers vom Körper weg – dies lieber etwas zu langsam als zu schnell. Und dann warten wir laaaange, lange mit dem Seitenwechsel.
Der Seitenwechsel des Steuermanns sollte eine fließende Bewegung gegenläufig zur Bewegung des Großbaums sein. Wenn der Großbaum die Mittschifflinie passiert hat, ist dahinter genügend Platz für den Steuermann, um die Seite zu wechseln, ohne sich unter dem Baum durchwinden zu müssen.
Die Pinne sollte im Verlauf des Wendemanövers nicht weiter eingeschlagen werden als unbedingt nötig. Denn je mehr und je länger das Ruder quer steht, desto stärker verlangsamt sich die Fahrt.
Sobald der Großbaum die Mittschifflinie passiert hat, ist ausreichend Platz, um auch einen langen Pinnenausleger nach oben zu klappen und – am besten mit leichter Neigung nach vorn – zur neuen Seite zu schwenken.

Dabei folgt der Steuermann dem Pinnenausleger. Ganz wichtig: Der Pinnenausleger bleibt in der alten Steuerhand, bis das Boot wieder sauber auf dem neuen Am-Wind-Kurs angekommen ist – im Idealfall auch noch ein wenig länger.
Augen nach vorn
Denn es stellt gar kein Problem dar, beim Steuern den Ausleger für eine Weile hinter dem Körper zu halten. Dabei sollte der Oberkörper etwas in Fahrtrichtung gedreht sein, um die Steuerfäden im Blick behalten zu können. Der Pinnenausleger bildet etwa einen 90-Grad-Winkel zur Pinne. Daraus ergibt sich fast automatisch die ideale Sitzposition: nicht nur zum Steuern, sondern auch für den Längs-Gewichtstrimm:

Wenn das Boot nach der Wende auf den gewünschten Kurs eingeschlagen hat, muss der Pinnenausleger zurück vor den Körper. Das funktioniert auch, ohne dass man hinschaut: Der Handrücken der freien Hand ertastet den Ausleger – wie im Bild zu sehen. Dann greift man um und führt den Pinnenausleger nach oben und vor den Körper, ohne dabei die Pinne selbst zu bewegen. So bleibt das Boot exakt auf Kurs und die Augen bleiben nach vorn gerichtet.
Mit der beschriebenen Technik kriegt man auf fast allen Booten mit Pinnensteuerung eine kontrollierte Wende hin – ohne sich zu verheddern, mitten im Manöver zu „verhungern“ oder das Boot nach der Wende zu übersteuern.