„Leudeee!!! Noch 373 nm to gooo. Es ist so zääähhhh, wir rudern stunden- bzw blockweise zu dritt, um nicht zu viel Zeit auf unsere errechnete Ankunftszeit einzubüßen. Es geht wirklich richtig ans Eingemachte hier, aber wir hoffen sehr, dass der von Robert versprochene Wind uns heute Nacht/spätestens morgen noch 2-3 Tage auf Antigua zuschiebt. Wenn alles nach Traum verläuft nur noch 5(!!!) Nächte auf See! Unfassbar !!!!“, schreibt die Frauencrew „RowHHome“ heute auf facebook.
Am 12. Dezember um 10:35 Uhr sind sie gestartet und pullen seit 37 Tagen über den Atlantik. Die vier Frauen haben Seekrankheit überwunden, sich durch 4,50 Meter hohe Wellen gekämpft und auf ihrem Ruderboot „Doris“ schon Geschwindigkeiten von 4 bis 5 Knoten erreicht. Sie werden am 24. Januar im Ziel auf Antigua erwartet.
Insgesamt 103 Ruderer und Ruderinnen, 88 Männer und 15 Frauen aus 12 Ländern sind bei der Taliker Atlantik Challange dieses Jahr an den Start gegangen. Zum ersten Mal ist ein deutsches Team dabei – ein Frauenteam, genauer gesagt.
Den Urgewalten trotzen
Vier Hamburgerinnen wollen beweisen, dass jede Frau etwas Außergewöhnliches erreichen kann. Das heißt in ihrem Fall: Eine Atlantiküberquerung im Ruderboot. Steuerfrau Catharina Streit, (33), Meike Ramuschkat (33), Stefanie Kluge (51) und ihre Tochter Timna Bicker (26) treten unter dem Teamnamen RowHHome bei der härtesten Ruderregatta der Welt an. Das HH im Namen steht für Hamburg. Sie wollen den Urgewalten trotzen und das Rennen über den Atlantik schaffen.
Sie sind keine Spitzensportlerinnen. Zwei von ihnen haben sogar erst 2018 begonnen zu rudern, aber zusammen wollen sie sich mit der Atlantiküberquerung im Ruderboot einen Lebenstraum erfüllen. „Bisher sind mehr Menschen in den Weltraum geflogen als über den Atlantik gerudert. Das ist eine unglaubliche Herausforderung“, weiß die Kardiologin Meike Ramuschkat.
Vier Frauen teilen sich 16 Quadratmeter
Ihr Boot heißt „Doris“ und ist ein spezielles Ruderboot für den Ozean. Es ist acht Meter lang, zwei Meter breit, hat drei Ruderplätze und zwei Kabinen, in denen zwei Frauen schlafen können, während die anderen rudern. Das Boot wurde speziell für sie in England bei der wesentlichen Werft Rannoch Adventure gebaut.

Auf einer Fläche von 16 Quadratmetern leben die vier Frauen für zwei Monate und rudern etwa 3.000 Seemeilen (5.500 Kilometer) über den Atlantischen Ozean. Tag und Nacht, im Wechsel von zwei Stunden pullen, schlafen, essen, ruhen sie. Wenn es hart kommt, können sie den Treibanker werfen und sich alle in den beiden Kabinen verschanzen, bis der Sturm vorüber ist. Das Boot ist unsinkbar und kann ohne Probleme durchkentern. Lenken können sie entweder mit dem Autopiloten oder dem Fußsteuer.
Leben an Bord
An Bord befindet sich eine Tonne Ausrüstung. Das ist vor allem Essen, aber auch Sicherheitsausrüstung, Medizin, Kleidung und technisches Equipement. Über Satellitentelefon ist die Crew mit der Rennleitung und ihren Familien in Kontakt, gespeist aus Solarstrom, der auch den Autopiloten, die Gopros und MP3-Player versorgt.
Mental kann das Rennen für das Team zur Tortur werden, denn sie sehen wochenlang nichts als Wellen und Himmel und hocken auf engstem Raum. Da ist es wichtig, sich mit Musik von den anderen auch mal abschirmen zu können, denn Spannungen bleiben bei dieser Herausforderung sicher nicht aus. Aber die Vier sind auch dafür gut gecoacht. Auf La Gomera haben sie von einer Ruderin, die letztes Jahr das Rennen gerudert ist, wichtige Tipps bekommen.


4.000 Kalorien in genau abgezählten Päckchen müssen sie täglich in Form von Astronautennahrung zu sich nehmen. Dazu trinken sie etwa sechs Liter aufbereitetes Meerwasser aus dem automatischen Watermaker. Trotzdem werden sie unter der immensen Anstrengung bis zu 20 Prozent ihres Körpergewichts verlieren. Die Sonne und das Salzwasser wird ihrer Haut zusetzen, ihre Händer werden vom Rudern Blasen und Risse bekommen. All das werden sie aushalten. So wie Alexander Doba, der den Atlantik dreimal im Kajak überquerte – das letzte Mal mit 70 Jahren.
Die Talisker Atlantic Challenge
Die Ruderregatta Talisker Atlantic Challenge wird bereits seit 1997 ausgetragen und seit 2011 von der schottischen Whisky-Brennerei Talisker gesponsert, daher der Name. Die Route des Rennens verläuft quer über den Nordatlantik von La Gomera zur Karibikinsel Antigua.
Ohne fremde Unterstützung werden die Teams aus aller Welt bis zu 90 Tage auf hoher See verbringen. Im Moment werden sie noch von einem Hubschrauber begleitet, in Kürze sind es zwei Segelboote, die das Feld vorne und hinten flankieren werden. Über die Wochen der Rennens kann sich das Feld jedoch bis auf 1.500 Seemeilen auffächern. Alle Crews verfügen über ein gutes Sicherheitssystem und sind über ein automaisches Identifikationssystem (AIS) jederzeit zu orten.
Mit den 35 Solo- bis Fünferteams tritt dieses Jahr die größte Flotte mit der höchsten Anzahl an weiblichen Teilnehmerinnen in der Geschichte des Wettkampfes an. In jeder Gruppe befinden sich Frauen, im Vierteam sind sogar zwei rein weibliche Crews dabei. Noch vor der zweiten weiblichen Crew „Swiss Ocean Dancers“, bei dem neben Schweizerinnen auch deutsche Frauen mitrudern.

Im Moment befindet sich das Team RowHHome auf Platz 11 in ihrer Gruppe und im guten Mittelfeld des gesamten Feldes. Kurz vor dem Startschuss auf La Gomera erklärte die Skipperin von RowHHOme Catharina Streit: „Wir waren inspiriert von „Four Women On a Boat“ und dachten. Wenn die das schaffen, dann können wir das auch.“
Wer dem Team wie wir folgen will, kann das auf dem Livetracker tun.
Das Filmprojekt Wellenbrecherinnen begleitet das Frauenteam schon seit eineinhalb Jahren mit der Kamera und gibt sehr schöne Einblicke von Beginn an.
Ein Kommentar
[…] Wellen des Atlantiks dauern, wenn die Damen den anspruchsvollen Turn voll durchziehen. floatmagazin.de, […]