Das französische Fischerei-Patrouillenboot „Osiris“ ist am Montag (24. September 2018) am havarierten Segelboot von Abhilash Tomy im südindischen Ozean angekommen, um den Freitag havarierten und verletzten Segler abzubergen. Tomy war beim Golden Globe Race 2018 in einem Sturm gekentert und hatte sich schwer verletzt. Die gute Nachricht kam vor wenigen Minuten von der Rennleitung: Der Segler ist bei Bewusstsein und befindet bereits an Bord des Rettungsschiffs. Im Wortlaut hieß es: „Sie haben Tomy an Bord. Er ist bei Bewusstsein und spricht… FANTASTISCHE NACHRICHTEN… GUT GEMACHT VON ALLEN BETEILIGTEN.“
Erste Priorität der französischen Berufsschiffer war es, den bewegungsunfähig unter Deck liegenden Solo-Segler an Bord ihres Patrouillenboots zu nehmen. Dazu wurden zwei Schlauchboote eingesetzt, die zu dem entmasteten 36-Fuß-Segelboot übergesetzt haben. Zwei Suchflugzeuge hatten die Aktion aus der Luft begleitet. Bilder der Rettung verbreiteten die australischen Seenotretter, die den Einsatz koordiniert hatten, am Dienstagmorgen. An Bord der „Osiris“ erfolgte die medizinische Erstversorgung des 39-jährigen Seglers. Die letzte Position von Tomys aufgegebenen Boot „Thuriya“ war 39′ Breite 32.79 S und 78′ Länge 3.29 E.
UPDATE: Auch Gregor McGuckin gerettet
Wie das Joint Rescue Coordination Centre (JRCC) in Canberra am späten Montagnachmittag bestätigte, wurde Gregor McGuckin um 12:10 Uhr UTC ebenfalls sicher von seiner entmasteten Segelyacht geborgen. Der wie Tomy im Sturm havarierte 32-jährige irische Segler hatte zwar zu keiner Zeit einen Notfall angemeldet. Er kam mit seinem selbstgebauten Notrigg im Southern Ocean aber nur sehr langsam voran, sodass das Golden Globe Race auch für ihn vorbei ist.
Nach erfolgreicher Mission nahm das Fischerei-Patrouillenboot „Osiris“ Kurs Nord auf die französisch verwaltete Insel Amsterdam im südindischen Ozean. Dort gibt es eine gut ausgestattete Krankenstation mit Röntgen- und Ultraschallausrüstung. Dort werden die beiden Geretteten zurzeit (Stand Dienstagmorgen) medizinisch versorgt und untersucht.
Anschließend wird entschieden, wie die beiden Segler evakuiert werden. Eine Möglichkeit ist es, sie auf die australische Fregatte „HMAS Ballarat“ zu bringen. Das Kriegsschiff voraussichtlich am Donnerstag die Insel Amsterdam erreichen. Es könnte die Havaristen nach Australien bringen.
Zwei Boote gekentert und entmastet
Am Freitag, den 21. September, war die Nachricht von der Regattaleitung des Golden Globe Race 2018 gekommen: Im südindischen Ozean ist die schon dezimierte Flotte der Weltumseglung in einen schweren Sturm geraten, mit 70 Knoten Wind und 14 Meter hohen Wellen. Die Solo-Segler Abhilash Tomy und Gregor McGuckin kenterten und verloren ihren Mast.
Der 39-jährige Abhilash Tomy, Kommandant bei der Indischen Marine, der bereits seine zweite Solo-Weltumsegelung macht, erlitt dabei eine Rückenverletzung und befand sich seitdem in Seenot. Per Not-SMS wendete sich Tomy am Freitag an die Rennleitung: „Gekentert. Schwere Rückenverletzung. Komme nicht hoch. Position: 39′ 26.323 S 077′ 29.848 E am 21 Sep 22:44 UTC“ Seitdem war eine groß angelegte Rettungsaktion im Gange, um den verletzten indischen Segler aus dem südlichen Ozean zu retten.
Zweites Lebenszeichen am Samstagmorgen
Am Samstagmorgen kam ein Update von der Leitung des Golden Globe Race 2018: „Ende letzter Nacht waren wir froh, die folgenden Nachrichten von Tomy zu erhalten. Bis dahin hatten wir nichts als die erste Nachricht gehört und wir waren alle sehr besorgt.“ Bei Tagesanbruch hatte Tomy an die GGR-Leitung eine zweite Nachricht geschickt: „Aktiviertes EPIRB. Extrem schwierig zu gehen, könnte Trage benötigen, bin sicher unter Deck. Bin nicht in der Lage, das zweite YB3 oder etwas anderes zu erreichen. Habe das Telefon ausgeschaltet.“
Tomy war demnach unter Deck an seine Koje gefesselt und konnte nicht aufstehen. Er verwendete für die Kommunikation per SMS eine tragbare Yellow-Brick-Einheit (kurz „YP3“ genannt). Die Batterien dieses Geräts können für Tage halten. Seine externe YB3i-Tracking-Einheit lieferte immer noch Positionsdaten an den Online-Tracker des Golden Globe Race, aber die Stromverbindung zu den Schiffsbatterien war beschädigt.
Tomys Haupt-Satellitentelefon war beschädigt. Es gab zwar ein zweites Satellitentelefon und eine zweite YB3-SMS-Einheit in seinem Emergency-Grab-Bag, aber Tomy konnte diese Hilfsmittel nicht erreichen. Auch ein Aviation-Handheld-UKW-Funkgerät war in dieser Tasche. Der Überflug eines Militärflugzeugs brachte erste Fotos des havarierten Boots. Eine Kontaktaufnahme per Funk war jedoch nicht möglich.
Seit Sonntagvormittag hatte es keine Nachrichten von Abhilash Tomy mehr gegeben. Alle späteren Nachrichten der Rennleitung an den Segler blieben unbestätigt. Vermutlich deshalb, weil die Batterie seines Yellowbrick-Nachrichtensystems zu schwach war. Der Onlinetracker des havarierten Boots arbeitet noch.
„Habe noch nie solche Bedingungen erlebt“
Am Samstag bestätigte Gregor McGuckin per Satellitentelefon, dass er sein Boot soweit repariert habe, dass er mit einem Notrigg in Richtung Tomy segeln kann. Seine Windfahne wurde beschädigt, als der Mast herunterfiel. Er muss jetzt von Hand steuern. Das Ruder macht seltsame Geräusche, aber es scheint in Ordnung zu sein.
Mitsegler Mark Slats teilte der Leitung des Golden Globe Race am Samstag mit, dass er sich noch immer in 15 Meter hohen Wellen bei 40 Knoten Wind befinde. Verglichen mit dem, was er durchgemacht habe, fühle sich die Situation jetzt sicher an. Er wurde im Sturm über Bord gespült, und das Boot wurde überflutet, als eine Welle in seine Niedergangstür schlug. Er sei mehrmals umgehauen worden und habe noch nie zuvor solche Bedingungen erlebt.
Sein Kurzwellen-Funkgerät ist beschädigt, ebenso andere elektrische Geräte an Bord. Er sei verletzt und OK, aber frustriert – jetzt, da seine Position und die vorhergesagten Winde es ihm nicht ermöglichen werden, in die Richtung von Tomy 230 Meilen westlich von ihm selbst zu gelangen. Die Rennleitung riet Slats, eine Rettung nicht zu versuchen, da für ihn bei starkem Gegenwind der Weg zu riskant sei.
Das Golden Globe Race 2018 wurde zum 50-jährigen Jubiläum der bis heute legendären Weltumseglung gleichen Namens ins Leben gerufen, die 1968/69 stattfand. Damals starteten neun mehr oder weniger erfahrene Hochseesegler zu einer Nonstop-Einhand-Weltumseglung. Doch nur einer kam ins Ziel: Robin Knox-Johnston! Entsprechend umstritten ist das Rennen, das am 1. Juli im französischen Les Sables d’Olonnes startete.