Sie sind Rookies – Neulinge in der Regatta-Szene, wie so viele beim Helga Cup. float stellt in den kommenden Monaten Crews vor, die im Juni an der ersten deutschen Frauenregatta auf der Hamburger Außenalster teilnehmen werden. Wir wollen wissen, wie sie sich vorbereiten und welche Herausforderungen sie meistern müssen.
Die Frauen der DSV Rookie Crew bezeichnen sich selbst als Vollblut-Mitseglerinnen auf den Familien-Dickschiffen. Aktiv ins Geschehen einzugreifen war für sie bisher nur nebenbei nötig. Das ändert sich jetzt auf einen Schlag. Denn die vier Frauen werfen sich ins Regattageschehen und dafür als erstes die Höflichkeitsformen über Bord.
79 Teams mit jeweils vier Frauen treten an
Der Startschuss fällt auf drei Bahnen gleichzeitig. Es wird eng auf der Alster. Höchste Konzentration wird der Helga-Cup Anfang Juni von den weiblichen Segelcrews fordern. Und sie müssen auf den Punkt fit sein, denn die Rennen sind kurz, gerade mal zehn bis zwölf Minuten sind für den Up-and-Down-Kurs mit Gate anvisiert.
Die Meldeliste umfasst momentan 79 Teams mit jeweils vier Frauen. Sportlichen Ehrgeiz haben alle, egal welche Erfahrungen sie haben. Segeln können auch alle, aber den Regattamodus kennen viele noch nicht. Andere sind bereits erfahrene Profis und wechseln beispielsweise für die Regatta nur die Bootsklasse. Das Feld ist bunt gemischt. Während die einen einfach nur zum Spaß mitsegeln, wollen andere von den Profis lernen. Die Erfahrenen segeln natürlich um den Sieg.
Die Frauen sitzen entweder in einem der jeweils acht J70-Boote oder sieben Seascape 24ern. Die Boote werden durchgetauscht, sodass die Teams sich nicht nur auf einem Boot zuhause fühlen müssen, sondern gleich auf zweien. Auch die nachgemeldeten Crews tauschen innerhalb ihrer Boote durch, da immer nur zwei an Bord Platz haben, aber alle vier gesegelt haben sollen. Die Gewinnercrew auf diesem Feld hat dann einen Startplatz im Finale sicher. Weitere Details oder eine Ausschreibung gibt es noch nicht.
Doch egal, ob Regatta-Profi oder Anfängerin: Alle werden zusammen gewertet. Ob es Sonderwertungen geben wird, steht im Moment noch nicht fest. Den Regatta-Beginnerinnen wie der DSV Rookie Crew gefällt dieses Modell: „Den Reiz macht aus, dass die Seglerinnen auf ganz unterschiedlichem Stand sind“, freut sich Skipperin Marion Köhler. „Alle helfen allen. Wir begegnen uns auf Augenhöhe. Auch wenn wir natürlich nicht das Wissen und die Erfahrung der Profis haben, ist es eine ganz tolle Atmosphäre.“ Lernen, sich etwas trauen und der Herausforderung stellen, darauf komme es an, findet die Skipperin.
Für den Helga Cup hat sich die DSV Rookie Crew neu gegründet. Die vier Frauen kommen vom Fahrtensegeln und kennen sich vom Kaffeetrinken im Heimathafen auf Fehmarn. Regatten haben sie bisher nie wirklich interessiert. „Segel hochziehen und dann wieder zurücklehnen und ein Buch lesen“, so beschreiben sie ihre seglerische Aktivität bei den bisherigen Ausflugstörns schmunzelnd. Als sie dann von DSV-Präsidentin Mona Küppers angesprochen wurden, zögerte keine, auch wenn sie es zu Beginn gar nicht so richtig glauben wollten. Alle sagten zu.
Treffen mit den Profis beim Theorie-Workshop
Zusammen mit den erfahrenen Crews saßen die Neulinge am vergangenen Wochenende beim Segeltheorie- und Regelkunde-Workshop des NRV. „Es war eine ganz tolle Stimmung.“ Und es habe Spaß gemacht, direkt neben den Profis wie der Tutima-Crew zu sitzen. Lernen, sich etwas trauen und der Herausforderung stellen, darauf komme es an. Und die Inhalte dieses Tages? Alles andere als graue Theorie – gar nicht langweilig, sind sie sich einig.
Gerade arbeiten sie daran, als Crew zusammenzuwachsen, an den Regattaregeln, Taktiküberlegungen. Daran, Kommandos zu geben, Handgriffe zu verinnerlichen, Manöver zu segeln und und und. Sieben Trainings hatten sie bisher, allerdings erst eine mit der vollständigen Crew. Denn es gab nach den ersten Monaten einen Wechsel, und so ist Barbara Weselmann ganz frisch als Taktikerin mit an Bord. Vorher war sie bereits die Ersatzfrau. Jetzt ist sie neben Skipperin Marion Köhler, Vorschoterin Nina Hertling und Trimmerin Anke Teschner fester Bestandteil des Teams.
Der Einstieg ins Regatta-Segeln begann auf der Alster, wo das noch unbekannte Boot, die J70, lag. Mit der Pinne in der Hand musste Marion Köhler zunächst ein Gespür für das Boot bekommen. Sie spürte den Druck im Segel, und das Boot schoss in den Wind. Nächster Versuch: Wieviel Druck hält das Ruder stand, ab wann läuft es aus dem Ruder? Langsam bekam sie ein Gefühl dafür, ebenso für den Bootstrimm. Ob ihre Crewmitglieder auf der hohen Kante sitzen oder auch Gewicht in Lee verteilt wird, probierte die Skipperin aus. Und musste dabei mit berechnen, dass ein Seitenwechsel bei starker Krängung auch starke Beinmuskulatur erfordert und mehr Zeit braucht. Alle laufen durcheinander, wirbeln herum. Struktur muss ins Chaos, um schneller zu werden und effizienter.
Noch ausbaufähig: Konzentration und Kommandos
Dazu zählen auch Kommandos. „Könntet ihr bitte mal…“ – diesen Satz musste sich Marion Köhler schnell abgewöhnen. Viel zu umständlich. Klar, präzise und schnell sollen die Worte aus ihrem Mund sprudeln. „Als Skipperin fällt es mir noch schwer, Ansagen zu machen“, sagt Marion Köhler. Denn Bitte oder Danke haben bei Regatten keinen Platz. Ebenso wenig wie sich ausreden zu lassen. „Unsere Trainerin versucht die ganze Zeit, uns das abzugewöhnen“, lachen die vier.
Auch den Segeltrimm müssen die Rookies üben. „Wie steht denn das Segel richtig und woran erkenne ich das?“ Ganz zu schweigen vom Gennaker, den bisher keine der vier gesegelt war. Das geschmeidige Hinübergleiten des großen Segeltuchs beim Schiften sieht bei den Profis so einfach aus. Etwas holpriger wirkt es bei den Regatta-Amateurinnen. Der Gennaker fällt immer wieder ein, hängt zwischenzeitlich wie ein nasser Sack in der Luft oder droht, sich irgendwo zu verhaken. Das ist auch noch so, als die Crew zum ersten Mal mit der Seascape 24 auf der Ostsee trainiert. Doch hier ist das Vorschiff breiter und bietet Nina Hertling mehr Platz, den Gennaker beim Seitenwechsel zu unterstützen. Auch die Skipperin freut sich über diesen Bootstyp: „Die Seascape 24 ist im Vergleich zur J70 weniger zickig. Sie läuft nicht so schnell aus dem Ruder.“
Auch die Konzentrationsspanne sei noch sehr ausbaufähig. Die Halse ist gesegelt, das Manöver hat mehr oder weniger zur Zufriedenheit geklappt. Entspannung kehrt ein. Zurücklehnen, sich kurz ausruhen. „Eure Konzentration reicht gerade mal für zwei Minuten“, ist daher der Kommentar der Trainerin, die die vier Frauen sofort wieder aufscheucht, um weiter an der Segelstellung, dem Bootstrimm und taktischen Überlegungen zu feilen. Die Konzentration darf erst nach der Ziellinie oder nach der Trainingseinheit wieder abflauen.
„Noch haben wir keine Ahnung, was es bedeutet, eine Regatta in nur zehn Minuten zu fahren.“ Die Intuition dafür fehle noch. Jetzt werden Manöver auf längeren Strecken immer wieder hintereinander weg trainiert. Nicht in schnellen, hektischen Phasen auf kurzen Up-and Down-Kursen. Es bleiben etwa zehn bis elf Trainingstermine, bis es ernst wird und im hektischen Gewusel des Regattafelds alles klappen soll.
Wenn sie auf den Juni blicken, wird ihnen schon ein bisschen mulmig. Die Angst, alles wieder vergessen zu haben, wenn es drauf ankommt, ist noch groß. „Wir haben ja nicht alles schon jahrelang verinnerlicht. Aber wenn wir mitmachen, dann wollen wir es auch gut machen.“ Und so versuchen sie, alles unter einen Hut zu bekommen: Das Training wird in den Familienplan und die beruflichen Verpflichtungen integriert, Bücher werden gewälzt, Theorie und Regattaregeln gelernt, an den Handgriffen gefeilt. Und Kommandos gegeben: ohne Bitte und ohne Danke.