Der Wiederaufbau des Rennkutters Tally Ho muss zwei Tage ruhen. Es ist Wochenende und Leo und Patty stellen sich dem Seventy48 Rowing Race.
Bei dieser Ruder-Regatta müssen die 133 Teilnehmer in 48 Stunden 70 Meilen (rund 113 km) in einem Ruderboot zurücklegen. Abenteuerliche Boote gehen an den Start, vom einfachen Dinghy über Kanus, die mit bis zu zehn Leuten besetzt sind, hin zu ultramodernen Ruder-Renn-Geräten.


Leo tritt mit seinem geliebten Nesting Dinghy als Team Tally Ho an. Kein Racer, eher ein Cruiser. Er möchte einfach nur seine Grenzen austesten und ist bereit aufzugeben, sobald er sie erreicht hat.

Ganz anders Patty: Er vertritt das Team Duchess of Desire in einem echten Renn-Skiff, gebaut von Joel in der Northwest Boat Building School für das 2019er Rennen, damals wurde Joel 13.
Das sportliche Rudern hat Patty mit Holly, einer echten Profi-Sportlerin, trainiert. Sie hat ihm auch den Flitzer für das Rennen geliehen. So sind seine Chancen hoch, auf einem der vorderen Plätze zu landen.
Rudern mit Rückspiegel
Am Samstagabend gehen die 133 Teams ausgestattet mit Rückspiegel und Rundumlicht in das Rennen. Die Strecke führt einmal den Puget Sound hoch, an Seattle vorbei und wieder nach Port Townsend. Jeder Teilnehmer braucht einen extrem starken mentalen Durchhaltewillen, um nach spätestens 48 Stunden im Ziel anzukommen.

Am Ende erreicht Patty nach nur 13 Stunden den 17. Platz. Das hätten wir nicht gedacht, dass soviel Energie in dem verrückten Vogel steckt. Leo landet nach 25 Stunden auf dem 53. Platz und beide schwärmen hinterher von der traumhaften Nacht und einem einmaligen mentalen Erlebnis.
Sie haben ihren Körper über den Punkt der totalen Erschöpfung und Schmerzen hinausgerudert und dabei Momente völliger Glückseligkeit erlebt. Am Ende musste Leo noch mit starkem Gegenwind kämpfen, doch das hat ihn nur umso mehr motiviert. Kein Wunder, er ist eben ein Kämpfer.

Seine Freunde geben ihm am Abend einen warmen Empfang und ein kaltes Bier, das allein schon war ihm die Strapaze wert. Stolz und glücklich, diesen Ruder-Marathon bis zum Schluss durchgezogen zu haben, kehren sie wieder an ihre Arbeit an der Tally Ho zurück.
Ein bisschen verrückt
In Port Townsend ist viel los. An diesem Hotspot der Klassikerszene an Amerikas Westküste, der noch nicht von den großen Kreuzfahrtschiffen entdeckt wurde, tummelt sich nicht nur ein Haufen guter Bootsbauer und -techniker, hier hat auch das North West Maritime Center/NWMC seinen Sitz.
Das Non-Profit-Unternehmen organisiert neben dem Seventy48 auch das R2AK, das Race to Alaska, bei dem die Teilnehmer in den unterschiedlichsten Booten ohne Maschine und Hilfsmannschaft auf Inshore-Wasserwegen 750 Meilen von Port Townsend nach Ketchikan in Alaska zurücklegen. Neben kleinen Kreuzeryachten nehmen auch ein Tretboot, eine Laserjolle und sogar ein Wingfoil-SUP teil.

Dafür muss man schon ein bisschen verrückt sein. Nur die Hälfte der Teams erreichte in den letzten Jahren das Ziel. Im September findet dann wieder das Wooden Boat Festival statt mit Musik, Regatten und vielen spannenden Attraktionen. Auch das Tally-Ho-Projekt wird sich dort präsentieren.

Sieben Spieren für Tally Ho
Das NWMC bietet neben der Ausbildung und Umschulung zum Bootsbauer auch erstklassigen Bootsbau an – ähnlich wie der Hamburger Verein Jugend in Arbeit. Unter der Leitung von Robert Darcy erstellt hier ein Team von hochmotivierten Spezialisten das Rigg der Tally Ho.