Unter den weltbesten der Strandsegler gibt es nur wenige Frauen. Das mag daran liegen, dass nur wenige Frauen überhaupt in der schnellsten Sportart unter Segeln antreten. Die Saison beginnt schon früh im Jahr, bevor die Touristenströme Deutschlands größte Sandkiste an der Halbinsel Eiderstedt bevölkern. Das Wasser, das auf der Sandbank von Sankt Peter-Ording steht und durch die Priele spült, ist im März noch eiskalt, die frische Nordseebrise pikst wie tausende Nadelstiche im Gesicht, der aufgewirbelte Sand brennt auf der Haut wie Schmirgelpapier.
Und dann sind da auch noch diese Matschlöcher, durch die die Segler mit Geschwindigkeiten wie auf der Autobahn brettern. 100 Stundenkilometer sind keine Seltenheit. Dass die Strandsegler von Sankt Peter-Ording ihr letztes Rennen der Saison „SAU-Pokal“ nennen, liegt da nur nahe. Dabei war SAU ursprünglich die Abkürzung für Saison-Abschluss-Umlaufrennen. Aber daran denkt nun wirklich keiner mehr, wenn die Trockenanzüge braun und klebrig sind.

Konkurrentinnen auf der Rennbahn
Barbara Starke und Gitta Steinhusen kann das nicht schrecken. Bei Wind und Wetter zieht es sie auf den Strand. Bei den Rennen werden aus den Freundinnen Rivalen. Starke ist amtierende Europameisterin in der Mini-Klasse, der kleinsten aber teilnehmerstärksten der sechs Segelklassen, Steinhusen Vize-Europameisterin. Was sie eint, ist auch der Kampf gegen ihre Lebensgefährten.
Sven Kraja, Steinhusens langjähriger Freund, war 2012 der erste Weltmeister in der Klasse. Bei der EM vergangenes Jahr in Irland holte sich der Schleswiger Segelmacher den Titel – vor Sven Harder, der wiederum der Lebensgefährte von Barbara Starke ist. Harder und Starke verdienen ihren Lebensunterhalt mit Strandsegeln. Sie betreiben die Strandsegelschule in Sankt Peter-Ording.

Vom 29. September bis zum 5. Oktober werden aus Starke und Steinhusen wieder Konkurrentinnen der Rennbahn. Zumindest tagsüber. Bei der Weltmeisterschaft vor der eigenen Haustür greifen beide nach der Krone. Beim letzten Rennen vor der Strandsegler-Weltmeisterschaft Anfang September setzte Steinhusen ein Ausrufezeichen. Sie segelte dem kompletten Feld auf und davon. Auch Sven Harder hatte bei den leichten Winden keine Chance gegen Steinhusen, Starke gab genervt auf. Ihren neuen Segelwagen brachte sie nicht zum Laufen. Sven Kraja, der Segelmacher, war nicht am Start. Er segelt dieses Jahr in der Klasse 5, der Konstrukteursklasse, in der er bereits einmal Bronze bei einer EM gewann.
Nur eine Handvoll Frauen
Es sind nur eine Handvoll Frauen, die in Deutschland diesem außergewöhnlichen Segelsport frönen. Meike Meyer aus Kiel ist gerade aus der schnellsten Klasse, der Klasse 3, in die größte Klasse gewechselt. In der sogenannten „Gentlemen-Class“ fühlt sie sich sicherer – auch wenn sie die einzige Seglerin unter lauter Männern ist. Aber das war sie in der Klasse 3 auch. Dann ist da noch Anke Münch aus Hamburg, die in der Einheitsklasse Standard startet – und regelmäßig einigen Männern ihr Heck zeigt. Darunter auch ihrem Mann Nils. Nur bei den Miniyachten, der jüngsten Klasse, wagen sich noch einige Seglerinnen an den Start. Aber die sind gegen Steinhusen und Starke chancenlos.

Da die Frauen bei den Strandseglern rar sind, segeln sie im Feld gegen die Männer. Um sich offiziell Europa- oder Weltmeisterin nennen zu dürfen, reicht es nicht aus, die schnellste Seglerin im Feld zu sein. Nach den Regeln des Strandsegel-Weltverbands Fisly muss die schnellste Frau mindestens im ersten Drittel des Gesamtklassements landen.
Schafft sie das nicht, gibt es auch keine offizielle Weltmeisterin. Steinhusen und Starke sehen dieser Richtlinie aber bei der kommenden Strandsegler-Weltmeisterschaft gelassen entgegen. Die Liste der männlichen Konkurrenten, die sie regelmäßig hinter sich lassen, ist extrem lang.

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