Was für eine Überraschung, was für ein Aufstieg! Kurz vor dem Start von The Ocean Race am 15. Januar 2023 in Alicante kommt diese Meldung: Endlich geht wieder eine deutsche Seglerin ins härteste Crew-Rennen um die Welt. Susann Beucke, Olympia-Silbermedaillengewinnerin im 49erFX, startet beim Team Holcim-PRB gemeinsam mit Skipper Kevin Escoffier.
Das letzte Mal, dass deutsche Seglerinnen bei dieser Weltumseglung in Etappen dabei waren, ist schon einen Moment her: 1981/1982 segelten die beiden Berlinerinnen Gisela Bunck und Anke Schulz beim Ocean-Race-Vorgänger Withbread Race auf der „Walross 3“ die vierte Etappe mit.
Die 31-jährige Kielerin ist erst Anfang dieses Jahres mit ihrer Kampagne This Race is Female ins Offshoresegeln eingestiegen. Und sie hatte dafür die Figaro-Klasse ausgewählt. Bereits im September ging sie beim Solitaire du Figaro an den Start und konnte ihr erstes Rennen erfolgreich beenden.
Sie nannte es im Interview mit float „das Rennen gegen mich selbst“. Und nun kommt, einen Tag nach den Weihnachtsfeiertagen, die Nachricht, dass sie die einzige Deutsche sein wird, die dieses Ocean Race segelt.

„Für mich geht gerade ein Lebenstraum in Erfüllung“, sagt die Kielerin. Als 2002 die „Illbruck“ in ihrer Heimatstadt das Volvo Ocean Race als erstes und einziges deutsches Team gewann, war sie mit ihrer Familie auf dem Wasser, um die „Illbruck“ zum Sieg zu begleiten.
Großes Vorbild an Bord
Susann Beucke wird das Rennen neben einer sehr erfahrenen Ocean-Racerin bestreiten: Die Britin Abby Ehler ist dieses Rennen schon dreimal gesegelt. 2001/02 startete sie zum ersten Mal im Frauen-Team Amer Sports Two, 2014/15 im Frauen-Team SCA und 2018 im Team Brunel. Abby Ehler ist außerdem aktive Mentorin beim float-Partner Magenta Project, das junge Offshore-Seglerinnen coacht.
Sanni Beucke hatte Escoffier im Sommer in Lorient kennengelernt. Und sie war mit ihm und seiner Crew einen Testtörn gesegelt. Danach hatte Escoffier die deutsche Profiseglerin gefragt, ob sie sich vorstellen könne, 2023 auch beim Ocean Race anzutreten. Sie konnte! Bevor sie im Herbst 2023 wieder am Solitaire du Figaro teilnehmen wird, kann Beucke extrem viel Erfahrung bei allen Legs sammeln, an denen sie teilnehmen wird.

Für die junge Offshore-Seglerin ist dieses Rennen, wie sie selbst sagt, das „pure Segeln“. Über sich selbst sagt sie: „Ich glaube, es liegt in meiner Natur, meine Grenzen in meinem Sport ausloten zu wollen.“
Für die Schweiz im Rennen
Obwohl Franzose, geht Kevin Escoffier mit Team Holcim-PRB bei The Ocean Race 2023 für die Schweiz ins Rennen. Escoffiers Imoca-Rennyacht entstand noch unter der PRB-Ägide Anfang 2022 – in Orange. PRB hatte ein halbfertiges Modell von Designer Guillaume Verdier übernommen und fertiggestellt. Jetzt ist die Imoca frisch überholt in Grün-Blau als Holcim-PRB auferstanden.

Escoffier war Teil des Teams Dongfeng, das 2018 das Volvo Ocean Race gewann. Zeitgleich holten Susann Beucke und Tina Lutz Silber bei der Kieler Woche. Bei der jüngsten Vendée Globe 2020 erlangte Kevin Escoffier traurigen Ruhm, als seine Rennyacht im Südlichen Ozean leck schlug und sank. Der Skipper wurde in einer extrem dramatischen Suche schließlich von Vendée-Globe-Teilnehmer Jean Le Cam gerettet.
Größte deutsche Beteiligung
Die deutsche Beteiligung bei The Ocean Race ist so groß wie noch nie. Boris Herrmann tritt mit seiner neuen Malizia-Seaexplorer an, die er Anfang Juli der Öffentlichkeit präsentierte. Das bei The Ocean Race Europe siegreiche Offshore Team Germany um Skipper Robert Stanjek (hier geht’s zum float-Podcast mit dem Berliner) hat seine Kräfte gebündelt und tritt mit Benjamin Dutreux von Guyot Environnement an.

Die Regatta führt in sieben Etappen über 60.000 Kilometer rund um die Welt. Sie gilt neben der Vendée Globe als härteste Prüfung im Segelsport und findet alle vier Jahre statt.
Am 15. Januar starten die elf Teams in Alicante, Spanien. Von dort führt sie ihr Weg über Südafrika nach Südamerika, an die Ostküste der USA, weiter in den Norden Europas und schließlich zum Finale nach Genua, Italien.