In Alicante steht Susann Beucke am Steg und formt ein Herz mit ihren Händen, als die TeilnehmerInnen beim Start des Ocean Races zu ihren Booten gehen. Auf ihrer Jacke das Logo von Holcim PRB, dem Team von Kevin Escoffier. Seit Weihnachten ist sie Teil davon. Neben Abby Ehler ist sie eine von zwei Frauen an Bord und eine von acht in der Flotte der Imocas.
Kevin Escoffier hatte sie einfach gefragt und sie hatte einfach ja gesagt. Klingt romantisch, ist es aber nicht. Denn das Ja zum Ocean Race fordert viel Mut und Stärke von der 31-jährigen Kielerin, die gerade erst vor einem Jahr ihre Kampagne This Race is female startete und ihr erstes Solorennen beim Solitaire du Figaro im September segelte. Dann war es still um sie.
Und nun steht sie da, verabschiedet ihre neue Crew und geht auf den Kapverden zum 2. Leg selbst an Bord. Wir hatten Zeit mit Susann Beucke über ihr Ocean Race zu sprechen.
float: Sanni, erst mal ganz herzlichen Glückwunsch. Was für ein steiler Start.
Susann Beucke: Danke schön. Was für eine Überraschung. Es ist toll, dass mein Engagement gesehen worden ist. Dass auch jemand wie Kevin Escoffier das wahrgenommen hat und würdigt.

Kevin Escoffier hat dich schon im September in Lorient angesprochen und gefragt, ob du dir vorstellen kannst, das Ocean Race in seinem Team zu segeln. Dann seid ihr zusammen Probe gesegelt. Seine Entscheidung für dich fiel erst kurz vor Weihnachten. Bist du physisch und auch psychisch fit? Es war ja wenig Zeit bis jetzt.
Ja! Wir sind seit schon dem 27. Dezember in Alicante und wir trainieren hier richtig viel. In einem Monat kann man schon ordentlich aufholen. Ich fühle mich jetzt fast so stark wie vor den Olympischen Spielen. Wir hatten natürlich wenig Zeit auf dem Boot selber. Aber mittlerweile weiß ich, wo alle Schoten, Fallen und Strecker sind. Meine Hauptaufgabe wird sein, die Segel zu trimmen. Klar, es ist eine kurze Vorbereitungszeit, aber ich fühle mich tatsächlich bereit dafür.

Weißt du, warum Kevin gerade dich ausgewählt hat?
Unsere Boote lagen in Lorient nebeneinander und er hat gesehen, wie strukturiert und wie engagiert ich meine eigene Kampagne verfolgt habe, gepaart mit dem Höher, Schneller, Weiter, was wir als olympische Sportler lernen. Wichtig ist die Einstellung zum Lernen und offen für Kritik und Vorschläge zu sein. Ich habe die hohe Motivation Teil dieses Teams zu sein, weil ich selber ja 2028 bei der Vendée Globe starten will.
Das Rennen auf einer Imoca ist hart. Da ist extrem wenig Komfort unter Deck. Es knallt, es ist eng, es ist irre laut. Hast du eine Vorstellung, wie das sein wird?
Ich bereite mich einfach aufs Schlimmste vor! So habe ich es beim Solitaire du Figaro auch gemacht. Ich hatte mich darauf eingestellt, dass es ganz schlimm wird. Das Gleiche habe ich bei den Olympischen Spielen gemacht. Und so werde ich es auch dieses Mal halten: mir die Lautstärke unter Deck vorstellen, die Enge, den Geruch im Boot, die Schmerzen. Denn ich denke nicht, dass man da ganz unverletzt rausgehen kann. Wenn man vom Schlimmsten ausgeht, kann man nur positiv überrascht werden (lacht).
Du bist ja Rookie im Team, aber du hast mit Abby Ehler eine der größten Offshore-Seglerinnen unserer Zeit an deiner Seite. Das ist eine tolle Chance für dich, konntest du sie schon nutzen?
Ja klar. Wir haben zusammen im gleichen Apartment gewohnt in Alicante. Abby hat so viel Erfahrung. Sie weiß jederzeit genau, was gemacht werden muss, sie ist uns allen eine Nasenlänge voraus.

Sie hat ja die meiste Erfahrung im Ocean Race und ist mit drei Ocean Races wohl die Erfahrendste. Es wäre ja eine großartige Chance von ihr zu lernen. Segelt ihr zusammen in einem Leg?
Nein. Entweder ich segle oder sie segelt.
Na, vielleicht könnt ihr das ja noch ein bisschen pushen!
Ja, ich glaube aber, das Allercoolste wäre es, wenn es irgendwann auch Skipperinnen gibt, die entscheiden, wer wann und wo an Bord ist.
Das wird so kommen. Frauen segeln ja genauso gut. Aber wir sind biologisch unterschiedlich. Frauen bekommen ihre Periode, auch auf See. Du bist als Frau mit vier Männern in einem engen Cockpit. Gibt es da Scham?
Nö, gar nicht. Ich hoffe, dass das bei den Männern nicht so ist (lacht). Ich glaube, dass man sich daran gewöhnen muss. Alles ist unangenehmer als an Land. Man muss den Kopf ausschalten. Ich glaube, da draußen gibt es sehr viele stärkere Emotionen. Mich umzuziehen, wo mich keiner sieht, nur weil ich eine Frau bin, ist mir ein bisschen zu aufwendig. Und die Periode hat man halt. Ich bin eine Frau und das gehört dazu. Wir sind als Crew und nicht als Männer und Frauen im Rennen.