Das war wohl nichts! Nachdem wir eine große Gewitterfront in San Vito lo Capo abgewartet haben, wollen wir am nächsten Tag unsere nächste Nachtfahrt in Angriff nehmen. 160 Seemeilen liegen vor uns, von Sizilien nach Sardinien. Bei einer realistischen Durchschnittsgeschwindigkeit von 5 Knoten wären das 32 Stunden, bei 5,5 Knoten immerhin noch 29. Eine Mütze voll Schlaf wäre daher nicht schlecht. Doch das Gewitter hat ein kleines, gemeines Geschenk dagelassen: Schwell!
Solange Wind weht, ist das auch vor Anker nicht schlimm, sofern der aus der gleichen Richtung wie der Schwell kommt. Dann dreht die Dilly-Dally sich mit dem Bug in die Welle und die Bewegung an Bord ist minimal. Doch spät am Abend verabschiedet sich auch das letzte laue Lüftchen. Unsere Moody 425 legt sich quer zur gar nicht mal so hohen Welle und schaukelt sich in die Nacht.
Aber wir sind hellwach. Das Boot wackelt so dermaßen, dass wir mehr als einmal beinahe aus dem Bett fallen. Immer wieder stopfen wir Handtücher, Lappen oder Klamotten in die Schränke, um das Klappern von Geschirr, Flaschen oder sonstigem Zeug abzufedern. Katze und Hund schauen uns mit großen Augen an. Was ist hier los?
Schlaflose Nacht
Um sechs Uhr krieche ich mit verquollenen Augen aus den Federn. Gegen elf Uhr wollten wir aufbrechen, um Sardinien noch in der Helligkeit zu erreichen. Immer noch geigt die Dilly-Dally im Wiegeschritt einen Walzer nach dem anderem, an Schlaf ist nicht zu denken. Also Anker auf und los. Die ersten paar Stunden machen wir unter Genua und Groß gute Fahrt.
Dann motorsegeln wir in den Sonnenuntergang und schließlich ist der Wind ganz weg. Das war auch so angesagt. Ein Freund, der bereits auf Sardinien wartet, spottete vor der Abfahrt: Ihr wollt doch nicht allen Ernstes nach Sardinien motoren? Mal kurz überlegen…

Denn man muss es leider so sagen: Seit den Gewittern vor Italien sind wir ein stückweit paranoid. Immer wieder checken wir die Unwetter-Apps, jedes noch so kleine Licht am Ufer, und sei es nur das Blitzlicht einen Fotoapparats, lässt uns zusammenschrecken.
Mitten durch die tiefschwarze Nacht
Schon am Morgen bereiten wir alles für die Nachtfahrt vor. Arzum zaubert in der Pantry, ich lege das Sicherheitsequipment bereit, überprüfe, ob alle elektronischen Geräte aufgeladen sind und funktionieren. Eine Nachtfahrt, wie wir sie erwarten, ist problemlos.

Gleichzeitig wird auf dem Plotter angezeigt, an welcher Position das Signal verloren gegangen ist. Nicht optimal, aber immerhin besser als nichts. Wer das geschützte Cockpit bei Nacht verlässt, trägt Schwimmweste. Ein Scheinwerfer liegt immer griffbereit, natürlich das Fernglas sowie die Handfunke. Bei Nacht trägt jeder eine Stirnlampe, die über Rotlicht verfügt. Für mich das wichtigste Utensil ist aber der Thermo-Kaffeebecher.

Es ist eine Nacht nach Neumond und die schmale Sichel ist bereits verschwunden, da erhellte die untergegangene Sonne noch den Horizont.
Das Sternenzelt über uns ist gewaltig. Und wir fühlen uns ganz klein. Hier mitten auf dem Meer, irgendwo zwischen Sizilien und Sardinien, kommt uns die Milchstraße wie eine befahrene Autobahn bei Nacht vor. Hin und wieder saust eine Sternschnuppe vom Himmel, hell strahlt die Venus wie ein Scheinwerfer.
Gespenstisch und wunderschön zugleich
Einerseits sind wir fasziniert, andererseits immer noch angespannt. In der tiefschwarzen Nacht können wir keine Wolken am Himmel erkennen und jedes Dunstfeld wird zunächst mit Schrecken wahrgenommen. Doch sobald wir durch unser Marine-Fernglas der NVA hinter den dünnen Wölkchen Sterne erkennen, sind wir wieder beruhigt.
Gegen halb sechs verändert sich der Himmel im Osten. Langsam schiebt sich die Sonne an den Rand des Meeres, spendet Licht und uns damit Entspannung. Hinter uns erleben wir ein Feuerwerk an Farben, vor uns liegt die Welt in einem graublauen Schleier. Wo hört das Meer auf, wo fängt der Himmel an? Die See ist ruhig, so ruhig, wie wir sie selten gesehen haben. Gespenstisch und wunderschön zugleich.
Der erste Fisch des Tages zappelt kurz nach Sonnenaufgang an der Angel. Aber er schafft es noch einmal der Pfanne zu entkommen. Als die Angelschnur erneut surrt, haben wir Sardinien bereits im Blick. Eine kleine Makrele konnte unserem Köder nicht widerstehen. Hund und Katze freut das sehr. Als Belohnung für die Nachtfahrt gibt es an diesem Abend ein Festessen für sie.

Hangeln von Bucht zu Bucht
Auf Sardinien haben wir keine konkreten Ziele. Außer, dass wir an der Ostküste gen Norden segeln wollen. In kleinen Etappen. An die Costa Smeralda, um von dort einen Abstecher nach Korsika zu machen. Wir hangeln uns von Bucht zu Bucht, ankern mal als einziges Boot vor traumhafter Kulisse, mal vor einsamen Sandstränden, mal vor imposanten Klippen mit Höhlen. Spätestens am Nachmittag, wenn die Tagesausflügler in ihren hochmotorisierten RIBs zurück zum nächsten Hafen müssen, sind wir oft allein. Und genießen die Natur und Ruhe.


Eine dicke Salzkruste überzieht die Moody, die Solarpanele haben Krusten angesetzt und die Schoten könnten senkrecht an den Mast angelehnt werden. Vor allem aber müssen wir mal wieder unseren Müll entsorgen. Und das kann auf Sardinien teuer werden. Von Ankerliegern verlangen Marinas für deren Müllentsorgung schon mal 50 Euro pro Sack.
Ein Hafentag zum Entspannen
Porto Ottiolu steht auf der Sightseeing-Liste Sardiniens sicherlich nicht ganz oben. Aber die kleine Marina gefällt uns. Die Marina-Mitarbeiter sind ausgesprochen nett, die italienischen Stegnachbarn hilfsbereit und tolerant bis freudig überrascht, wenn unser Bordkatze spontan zu einem Besuch herüberkommt und sich in fremden Kabinen fläzt. Ottiolu ist ein Ferienort durch und durch. Und doch freuen wir uns über einen entspannten Abend bei Pizza und Wein an Land und eine Nacht ohne Schwell. Das angekündigte Gewitter ist dann übrigens doch nicht gekommen.

Der coolste Hund der Bucht
Trotz ihrer 13 Jahre genießt Cingene es, mit dem SUP an Land gepaddelt zu werden. Stolz steht sie vorne auf dem Brett, reckt keck ihren Kopf in den Wind, auf dass ihre großen Ohren im Wind flattern. Kinder am Strand bekommen großen Augen, Kameras klicken auf Booten. Ein Hund auf einem SUP? Wie cool!