Diese Episode lässt nichts aus: ein Skylight mit Regenrinnen, ein schmucker Flugkapitän mit Edel-Flightcase, Schanzklampen, Halsenpuffer und ein Stück moderner Epoxybootsbautechnologie im Cockpit. Ein Ausflug führt die Tally-Ho-Crew aufs Land zu Freunden, um ein „Schiffsboot“ umzudrehen.
Leo hat sein Team gefunden und stellt es auf seiner Homepage vor. Fast jeder hat eigene Projekte am Start. Zusammen bauen sie die Tally Ho, den Albert-Strange-Rennkutter von 1909, wieder neu auf. Auf der Ziellinie gelangen sie in einen Mix aus edler Decksmöbelkunst, modernem Bootsbau und traditionellen Holzbeschlägen.
Wie baue ich ein Schmetterlings-Skylight?
Pat mit seinem mächtigen Schnurrbart ist schon über 40 Jahre im Geschäft als Schiffbauer, Lehrer und Gutachter für Holzschiffe. Dabei wurde er unter anderem bei der Restaurierung der USS Constitution zu Rate gezogen. Auf der Tally Ho ist er für die Decksaufbauten zuständig. Nach dem hinteren und dem vorderen Niedergangshaus baut er jetzt das Hauptskylight, das den großen Ausschnitt über dem Salon abdeckt.

Giebelleiste, Ablaufrinnen, Wasserstopper: Alles hat er genauestens durchdacht und perfekt ausgeführt. Pat ist der ruhende Pol und leistet wie alle hier allerbeste Handwerksarbeit. Nach dem Lackieren dieses Meisterstücks aus massivem Teak werden die Scheiben, Messingschienen, Stangenscharniere und Aufsteller montiert. Das Teil nennt sich Giebel-Schmetterlingsskylight, weil es auf beiden Seiten wie Flügel aufklappt. Leo und Pat können kaum erwarten, es auf der Tally Ho montiert zu sehen.
Kein Tropfen heißt kein Tropfen!
Der Cockpitbauer wird sehr schön in der Crewliste beschrieben: „Clifton ist unglaublich groß und lässt alle anderen klein aussehen. Wenn man das Glück hat, ihn ohne seinen Hut zu sehen, könnte man meinen, Einstein auf LSD würde vor einem stehen. Das macht Sinn, denn er kann mit Teak Dinge tun, die den grundlegenden Regeln des Universums widersprechen.“ Nun, ganz so schlimm ist es nicht, aber auch er ist meist gut gelaunt und hat einen lustigen Spruch auf den Lippen.
Zur Zeit überlässt er die Teakarbeiten Pat und widmet sich seit Monaten der herausnehmbaren Cockpitwanne. Das ganze Teil ist aus Schiffbau-Sperrholz gebaut. Fußboden und Seiten sind schon Epoxy-versiegelt und mit Gelbzeder- und Teakstäben beklebt. Nun sind die Sitzbänke dran. Dafür verleimt er zwei Sperrholzplatten vor Ort übereinander, um die Decksbalkenbucht (die Deckskrümmung in Querrichtung) in die Formverleimung einzubringen, und versiegelt sie dann mit zwei Lagen Glasmatten.

Ein Job, der den Holzschiffbauern nicht besonders schmeckt. Doch Sonnenschein Nic Nic Taylor Woodworking nimmt’s gelassen, als er mit Clifton die Laken auflaminiert. Damit die Oberfläche schön glatt bleibt, arbeiten sie mit Abreißgewebe. Nach dem Aushärten des Harzes wird diese Lage einfach „abgepeelt“ und nimmt alles überschüssige Material mit.
Sie geben sich so viel Mühe, weil der darunterliegende Motor- und Technikraum keine Feuchtigkeit abbekommen soll. Logisch, dass dieser ultradichte Hightech-Untergrund wieder mit Gelbzeder und Teak beklebt wird. Keine Schrauben, alle Stäbe werden mit speziellem G-Flex-Epoxy auf das Sperrholz geklebt, um den Gesamtcharakter zu erhalten. Gewicht spielt hier keine Rolle und Clifton kommt ordentlich in Schweiß, als er die Bleigewichte schleppt, die die Stäbe in das G-Flex-Epoxy drücken.
Blöcke und Kalbsklampen
Bob der Blockmeister sieht aus wie ein Hippie der 60er mit moderner Undercut-Frisur und Rauschebart. Er würde einem alten Seefahrer zur Ehre gereichen. Der Holzschiffbauer (Shipwright) hat sich auf traditionelle Riggtechnik spezialisiert und plant mit Leo das Decks- und Rigg-Layout. Dabei verfügt über einen unheimlichen Wissensschatz in seinem Metier, ob an Deck oder hoch oben auf der Gaffelspitze.

Bob hat alle 55 Blöcke der Tally Ho gebaut – jeder ein individuelles Einzelstück – und mit vielen Lagen Le-Tonkinois-Lacköl gestrichen, auf dass sie glänzen wie emailliert. Nun widmet er sich einer traditionellen Klampen-Technik: Balken aus Irokoholz (Kambala), die innen an der Schanz zwischen den Stützen eingelassen werden. Er nennt sie Cattle Clamps (Kalbsklampen). Wir sagen mal Schanzklampen, aber es gibt bestimmt noch einen besseren Fachbegriff.
Sie sind fest mit den Schanzstützen verschraubt und können viel Last aufnehmen. Hier können alle Leinen aus dem Rigg umgelenkt und belegt werden, aber auch anderes Tauwerk wie Festmacher, Springs und Verholeleinen. Warum Iroko, eine bisher auf Tally Ho noch nicht verwendete Holzart? Das Holz ist besonders fest und dauerhaft – und es gab ein besonders schönes Stück davon beim Holzhändler.
Es wird wie alles Holz an Deck nicht lackiert, sondern soll natürlich bewittern. Dadurch bildet es seine eigene Schutzpatina wie die Gelbzeder und das Teak und kann nicht rotten. Die achterste Schanzklampe läuft in den Spiegel ein und wird durch ein Viertelknie aus Robinie mit natürlichem Krummholz-Faserverlauf gehalten, worauf Bob besonders stolz ist.

Bronze-Pinne und Schotpferd
Die Pinne wird von Pete Langley und seinem Team von der Port Townsend Foundry aus Bronze gegossen. Leo und Bob haben lange überlegt und jede Menge Schablonen gebaut, damit sie wirklich passt. Sie sitzt oben auf dem Kopf des riesigen, schweren angehängten Ruders und kommt durch ein Loch durch den Spiegel an Deck.
Das Loch muss genau passen, es darf nicht zu groß und nicht zu klein sein, um den optimalen Rudereinschlag zuzulassen. Vor dem Pinnenloch sitzt der alte Halsenpuffer (der Jibe Buffer). An der Art Leuwagen hängt ein Bügel für die Großschot. Er wird durch dicke Gummipuffer in der Halse abgefedert. Man nennt ihn auch Sheethorse (Schotpferd).

Das Teil ist aus Gussstahl und Original von 1909. Ein befreundeter Schmied hat es überarbeitet, den Rost entfernt und wieder neu vernietet und mit Owatrol-Öl versiegelt. Nun sieht es aus wie ein Museumsstück, ist aber voll funktionsfähig. Der Bügel, der das Überschlagen des schweren Großbaums in einer Patenthalse abfedern soll, bekommt seinen Platz zwischen hinterem Cockpitsüll und dem Spiegel an Deck. Die Pinne läuft unter ihm durch. Alles Präzisionsarbeit, wenn es auch grob aussieht.
Kleiner Nebenjob
Ray Speck ist ein weiterer besonderer Charakter aus der Port Townsend Community. Etwas außerhalb der Stadt baut er seit 50 Jahren Holzboote und hat jetzt gerade sein letztes Projekt zu Ende gebracht: ein Dinghy aus Red Cedar nach Originalplänen aus dem 19. Jahrhundert vom San Francisco Maritime Museum. Er nennt es Shipsboat (Schiffsboot). Na klar: ein kleines Beiboot für ein großes Schiff.
Bootsbauerin Jenny hilft beim Finish. Nun soll das über Kopf liegende Boot gedreht werden. Dafür braucht es viele kräftige und sichere Hände. Clifton, Patty, Erika und Leo haben sich nicht lange bitten lassen. Quasi im Handumdrehen liegt das Boot wieder kielunten.

Ray ist ein großer Bewunderer des Tally-Ho-Projekts, nennt es sogar „vergoldet“. Nicht viele Menschen schaffen es, gute Leute um sich zu scharen, Geld aufzutreiben für die besten Materialien und Maschinen und mit Ruhe und viel Zeit solch ein besonderes Schiff wie die Tally Ho neu aufzubauen. Leo und seine Crew können sich wirklich glücklich schätzen, aber sie tun ja auch etwas dafür und behalten stets ihre gute Laune. Patty ist zum richtigen Holzkünstler geworden. Die wenigsten wissen, dass er eigentlich Keramik-Künstler ist und seine Objekte bundesweit in Galerien ausgestellt werden.
Reisekoffer finanziert Rennkutter
In Port Townsend wartet andere Arbeit: Ein Hersteller hochwertiger Alu-Reisekoffer hat ihnen einen Werbespot angeboten. Mit großem Enthusiasmus geben sie sich diesem Job hin. Patty mimt den Flug-Kapitän. Gedresst wie Gary Cooper fliegt er zum Supermarkt, um Mittagessen einzukaufen, das in dem Alu-Flightcase garantiert nicht gequetscht wird.

Bob hätte man nie zugetraut, dass er so ein guter Werbefuzzi ist, der die Ware in höchsten Tönen lobt. Wäre er nicht Rigger geworden, hätte er auch Gebrauchtwagenverkäufer werden können. ( Wieder ein paar Arbeitsschritte erledigt, wieder ein paar Dollar verdient und viel gelacht dabei. Der Herbst kann kommen und der Tag des Stapellaufs rückt immer näher. „Thanks for all, Cheers and see you next time.“