Eine der bekanntesten Motorbootmarken der Welt wird den Eigentümer wechseln. Wie der Mutterkonzern Brunswick Corp. vor einiger Zeit mitteilte, soll Sea Ray verkauft werden, um das „Risiko- und Margenprofil des Unternehmens zu verbessern“ und den Aktienwert zu steigern. Damit stößt Brunswick zum ersten Mal seit der Wirtschaftskrise 2008 eine sehr bekannte Bootsmarke ab. Der Aktienkurs des Mutterunternehmens sprang nach der Verkaufsankündigung auf ein Allzeithoch.
Rätselraten über den Käufer
Damit ist die amerikanische Traditionsmarke mit ihren gut verarbeiteten Sport- und Kajütbooten und Ansätzen für neue Konzepte für eine ganze Reihe größerer Werften interessant. Zuletzt hatte die Beneteau-Gruppe die US-Marken Wellcraft, Glastron, Four Winns und Scarab übernommen und so das eigene Motorboot-Portfolio deutlich sportlicher gemacht.
Nun scheint der Deal direkt bevorzustehen. Anfang des Monats meldete der Branchendienst IBI News, dass „gut informierte Quellen darauf hindeuten, dass es innerhalb weniger Wochen eine Einigung über den Kauf von Sea Ray erzielt wird“. Ein Sprecher der Konzernmutter hatte zuvor mitgeteilt, es habe eine „robuste Reaktion“ auf die Kaufankündigung gegeben.
Es scheint, dass sich das Feld der Bieter inzwischen auf eine Handvoll ernsthafter Interessenten verengt hat. Offenbar war es schwierig, eine realistische Bewertung der Werft zu erreichen. Nach Medienberichten hat die Traditionsmarke in letzter Zeit ein Minus eingefahren. Brunswick erwartet nach eigenen Angaben einen Verlust von 40 Millionen Dollar für die Transaktion.
Zwei potenzielle Kaufinteressenten – Yamaha und Beneteau, die beide schon Werften in den USA erworben haben – erklärten gegenüber IBI News, sie seien nicht daran interessiert, Sea Ray zu kaufen. Ob ein anderer Bootsbauer oder ein Distributor die materiellen Werte der Marke ganz oder teilweise kauft, ist unklar. Ein Investor oder ein Risikokapital-Fonds erscheint als Käufer zurzeit wahrscheinlicher.
Lob für die Kultmarke
„Wir sind überzeugt, dass das Sea-Ray-Geschäft mit seiner führenden Marke und seiner aufregenden Produktlinie einem neuen Eigentümer attraktive Möglichkeiten zur Wertschöpfung bietet“, ergänzte Brunswick-Chef Mark. D. Schwabero. „Sea Ray ist eine Traditionsmarke mit einer langen Geschichte und einem guten Ruf in Sachen Verarbeitung, Qualität und Styling. Die Produktionsanlagen von Sea Ray gehören zu den modernsten in der Bootsindustrie, und die Werft hat talentierte und engagierte Mitarbeiter.“ Sea Ray setzte als eine der ersten Werften GFK und Polyesterharze im Bootsbau ein.
Übrig bleiben für Brunswick noch immer zahlreiche Bootsmarken, darunter Quicksilver und Bayliner und die finnischen Marken Bella, Flipper und Aquador. Dazu kommen die weit verbreiteten Mariner- und Mercury-Bootsmotoren. Gerade erst stellte Mercury eine neue Reihe modernster V6- und V8-Außenborder vor. „Diese fokussierte Strategie wird die besten Wachstumschancen bieten und unsere anderen maritimen Angebote, einschließlich Motoren, Teile und Zubehör, ergänzen“, sagte Schwabero. Sea Ray gehört für den US-Konzern nicht mehr dazu. Gründervater und Namensgeber der 1959 gegründeten Werft war Conny Ray. Er verkaufte sein Lebenswerk 1986 an Brunswick.
Arbeitsplätze auf zwei Kontinenten
„Der Verkauf von Sea Ray wird unsere Anlagen in Sykes Creek und Palm Coast in Florida umfassen, dazu in Tennessee unsere Vonore-Produktionsstätte in Tellico und den Support in Dandridge und Greeneville, die sich hauptsächlich der Sea-Ray-Produktion widmen und diese derzeit unterstützen“, erklärte Brunswicks PR-Chef Daniel Kubera gegenüber USA Today. Die Produktentwicklung und das Engineering von Sea Ray in Florida und die internationalen Aktivitäten der Marke werden ebenfalls verkauft, so Kubera.
Nach Kuberas Angaben beschäftigt Sea Ray in den USA rund 1.500 Mitarbeiter. Die meisten in Europa verkauften Boote der Marke Sea Ray lässt Brunswick im Auftrag im polnischen Augustow fertigen. Welche Auswirkungen der Verkauf auf die europäische Produktion hat, ist noch nicht bekannt. Im Handel äußerte man sich optimistisch, dass der Eigentümerwechsel keine großen Änderungen zur Folge haben werde.