Die Meldung ging in kürzester Zeit viral und hat seitdem eine Welle der Entrüstung ausgelöst. Clarisse Crémer, die erfolgreiche französische Skipperin, die bei der Vendée Globe 2020 als erste von sechs Frauen ins Ziel kam, wurde von ihrem Sponsor Banque Populaire entlassen.

Im November 2022 hat die Weltumseglerin ein kleines Mädchen geboren. Sie hatte ihre Entscheidung, ein Kind zu bekommen, schon ein Jahr zuvor ihrem Sponsor mitgeteilt und in der Öffentlichkeit publik gemacht. „Ich hatte meinen Sponsor Banque Populaire bereits im Februar 2021 über meinen Kinderwunsch informiert. Sie haben mich trotzdem für diese nächste Vendée Globe ausgewählt und unser gegenseitiges Engagement im Herbst 2021 kommuniziert“, schreibt sie auf Instagram.

Gegenüber den Konkurrenten zurückgefallen
Die Regeln der Vendée Globe für die Ausgabe 2024 schreiben allen SkipperInnen vor, Qualifikationsrennen zu segeln und Meilen zu sammeln. Nach diesen Kriterien ist die junge Mutter gegenüber den anderen Konkurrenten zurückgefallen, weil die Mutterschaft sie ein Jahr lang daran hinderte, an den Qualifikationsrennen teilzunehmen. Für Banque Populaire stelle das ein Risiko dar, das der Sponsor letztlich nicht eingehen wolle, schreibt Crémer.

„Ich bin schockiert, denn andere Projekte, die erst vor kurzem gestartet wurden, laufen ohne Bedenken weiter. Ich hatte noch zwei volle Saisons und vier Transatlantikrennen vor mir, um wieder auf das gleiche Niveau zu kommen, und ich wollte meine Rehabilitation so schnell wie möglich abschließen“, sagt die engagierte Offshoreseglerin. Aber offenbar sei der Sponsor eher bereit, das Risiko eines riesigen Trimarans mit allen technischen und menschlichen Unwägbarkeiten zu tragen als das Risiko einer Mutterschaft.
Wer mit Kind darf segeln gehen?
Der Hochseerennsport existiere heute nur, weil Sponsoren ihn als Kommunikationsmittel wählen, um schöne sportliche Geschichten über Menschen zu erzählen, sagt sie. „Ich habe überhaupt kein Verständnis für die Geschichte, die dieser Sponsor heute erzählt: ‚Die Vendée Globe um jeden Preis‘.“ Eine junge Mutter an den Start zu lassen, würde demnach bedeuten, ein zu großes Risiko einzugehen.

Boris Herrmann wurde Vater, kurz bevor er zu eben jener Vendée Globe aufbrach. Er sah seine kleine Tochter monatelang nur auf dem Display. Seine Frau Birthe hatte die klassische Mutterrolle übernommen und ermöglichte so ihrem Mann, die Vendee Globe zu segeln und berühmt zu werden.
Annie Lushs vierjährige Tochter war beim Start von The Ocean Race in Alicante dabei und verabschiedete ihre Mutter. Auch Sam Davies hatte ihren Sohn zu Hause bei der Familie gelassen, um die Vendée Globe 2020 zu segeln. Nicht jeder hatte dafür Verständnis gezeigt, dass sie wie ihr Mann auch ins Rennen startete. Die Vorstellung, welches Elternteil das Kind für die Zeit einer Weltumsegelung verlassen darf, sind auch beim Segelsport noch veraltet.