Es war eine trickreiche Etappe bisher. Böen mit bis zu 55 Knoten fegten um die Südküste Spaniens, als die Racer sich den Weg gegenan bahnten. Neben der heftigen Brise und dem hohen Seegang waren auch der Schiffsverkehr und die Fischer eine Gefahr für die rasende Flotte. Um Schäden zu vermeiden, hatten sich die Teams am zweiten Tag des Ocean Race etwas ruhigere Gewässer in der Nähe der Küste gesucht und kreuzten Richtung Gibraltar.
Jede Wende entlang der Küste stellte ein Risiko, doch weniger Manöver hätten die Crews über längere Etappen hinaus in stärkere Winde und größere Wellen geführt. Das richtige Gleichgewicht zu finden, war schwierig. Besonders das 11th Hour Racing Team und sein engster Konkurrent Holcim-PRB lieferten sich immer wieder heiße Wendemanöver.
So berichtet der Onbordreporter Amory Ross: „In der morgendlichen Dunkelheit gab es einige sarkastische Diskussionen über berufliche Veränderungen, während wir im Zickzackkurs durch Gibraltar schlängelten und mit 4 Knoten Gegenstrom, 35 Knoten Wind, steilen Wellen und einer Armada von auslaufenden Schiffen zu kämpfen hatten. Aber man kann nicht sagen, dass wir nicht gewarnt wurden!“
Kevin Escoffier übernimmt Führung
Die führende Crew von Charlie Enright musste ihre Position verteidigen und gleichzeitig die beste Route unter der Küste fahren. Die ganze Nacht verkürzte das Team von Kevin Escoffier Meile um Meile die Führung von 11th Hour Racing und verringerte den Abstand von Stunde zu Stunde.
Das entscheidende Überholmanöver fand dann in den frühen Morgenstunden statt, als Holcim-PRB zuerst über Steuerbord wendete. Kurz danach drehte der Wind leicht auf Nord. Das brachte den kleinen, aber entscheidenden Vorteil. Als die Crew von Enright zu ihnen aufschloss, hatte Escoffier bereits die Führung übernommen.
Beide Teams lieferten sich ein Hochgeschwindigkeitsrennen gegen den Wind direkt vor der Meerenge von Gibraltar. Als erstes erreichte sie das Team Holcim-PRB um 04:00 UTC. Neun Wenden und drei Stunden später schlängelte sich Escoffiers Team durch die enge Passage und tauchte in den Atlantik ein. 11th Hour Racing brauchte 13 Wenden für den Durchstich.
Die Wettervorhersagen und die Analysen der Rennleitung in Alicante deuteten darauf hin, dass es für die Spitzenreiter klüger sein könnte, eine nördlichere Route einzuschlagen. So gingen dann die beiden Führenden tatsächlich erst nach Norden, bevor sie ihren Schleudergang nach Süden starteten.
Für die Holcim-PRB-Crew war die Taktik aufgegangen, aber ihr Großsegel war nahe am Vorliek gerissen, nachdem das Schothorn der Fock bei einer Wende das Segel durchschlagen hatte. Glücklicherweise konnte die Crew unter ruhigeren Bedingungen auf dem Atlantik den Schaden reparieren.
Team Malizia als Dritte durch die Meerenge
Boris Herrmann vom Team Malizia hatte das Tor zum Atlantik als drittes Team passiert. „Jetzt müssen wir noch ein paar Fischfarmen und Untiefen umfahren, und es ist immer noch viel Verkehr, aber wir haben den ersten großen Meilenstein des Rennens geschafft.“ Für den Vendée-Globe-Fünften, der kurz vor dem Ziel mit einem Fischkutter kollidiert war, was diese Passage sicher die angsterfüllteste. „Vielleicht war dies die schwierigste Zeit. Es war ein sehr intensiver Tag und eine sehr intensive Nacht. Wir haben gestern 50 Knoten Windgeschwindigkeit gehabt.“
Paul Meilhats Biotherm passierte als Vierter die Straße und GUYOT Environnement – Team Europe mit 60 Seemeilen Rückstand als Fünfter. Während das europäische Team um Robert Stanjek in den ersten 24 Stunden von seiner beeindruckenden Position zurückfiel, deutet die Wettervorhersage darauf hin, dass die Teams, die die Meerenge später verlassen, in der Lage sein könnten, von einer Verschiebung der Brise zu profitieren und früher nach Süden zu drehen.
Harte Bedingungen für die Teams der VO65
Angeführt wird das Feld in dieser Klasse vom Wind Whisper Racing Team, dessen taktisch kluger und dennoch konservativer Ansatz sich ausgezahlt hat.
In der Rangliste liegt das Mirpuri Foundation Racing Team an vierter Stelle, doch bei der Durchfahrt durch die Meerenge scheinen sie entgegen den Segelanweisungen in die Sperrzone des Traffic Separation Scheme (TSS) zu segeln. Die Wettfahrtleitung prüft die Situation und wird ihren Track möglicherweise an die Jury zur Bewertung und einer möglichen Strafe weiterleiten.
Direkt vor ihnen liegt Austrian Ocean Racing powered by Team Genova auf dem zweiten Platz, Team JAJO auf dem dritten und Ambersail 2 auf dem fünften.
„Wir stehen kurz vor der Ausfahrt aus der Straße von Gibraltar“, meldete Rokas Milevičius, Skipper von Ambersail 2. „Es waren ein paar intensive Tage und Nächte. Das Team freut sich auf die Atlantikfahrt. Das hier bei 30 bis 50 Knoten war nicht gerade ein Vergnügen. Nass. Kalt. Und holprig. Aber wir vermuten, dass es genau so sein soll.“
Als die Flotte die Meerenge passierte, befand sich Viva México immer noch in Almeria, nachdem sie die Regatta wegen eines Schadens an ihrem Großsegel unterbrochen hatte. Das Team arbeitet daran, die Regatta so schnell wie möglich wieder aufzunehmen, ist aber bei Winden von fast 40 Knoten und schwerem Seegang im Hafen festgenagelt.
Während die Durchfahrt durch die Straße von Gibraltar für alle eine taktische Herausforderung war, steht den beiden Flotten bei der Vorbereitung auf die zweite Etappe eindeutig mehr bevor. Nach den derzeitigen Prognosen werden die führenden IMOCAs am späten Freitag (Ortszeit) eintreffen, die VO65s mit weniger als 24 Stunden Rückstand.
Rangliste um 16:00 Uhr
Der Tracker wird stündlich aktualisiert
IMOCA
1. Team Holcim-PRB, 1.465,4 Meilen bis zum Ziel
2. 11th Hour Racing Team, 24,6 Meilen bis zum Führenden
3. Team Malizia, 46,0 Meilen bis zur Spitze
4. Biotherm, 54,9 Meilen bis zum Führenden
5. GUYOT Environnement – Team Europe, 61,3 Meilen bis zum Führenden
VO65
1. Wind Whisper Racing, 1.509,1 Meilen bis zum Ziel
2. Austrian Ocean Race – Team Genova, 6,5 Meilen bis zum Führenden
3. Team JAJO, 9,8 Meilen bis zum Führenden
4. Mirpuri Foundation Race Team, 9,9 Meilen bis zum Führenden
5. Ambersail 2, 21,2 Meilen bis zum Führenden
6. Viva Mexico, ausgesetztes Rennen, 194,5 Meilen bis zum Führenden