A Race nobody must win. Bei diesem Rennen geht es um etwas anderes, und das definiert jeder der 16 Teilnehmer beim Golden Globe Race 2022 anders. Jeder, der sich auf einem alten Langkieler solo um die Welt traut, hat seinen Schweinehund überwunden.
Wir sind Träumer, sagt der jüngste Teilnehmer Elliot Scott auf der Pressekonferenz. Michael Guggenberger, den float besonders eng begleitet an diesen drei intensiven Tagen in Les Sables d’Olonne, sagt: Es ist ein Abenteuer. Ohne Zweifel! Und jedem sein eigenes. Einige wollen gewinnen, andere wollen einfach dabei sein. Arnaud Guist hat 120 Bücher an Bord und gut zu essen dabei. Das darf einfach nicht fehlen, findet der Franzose. Sein Zehnmeterboot wiegt 8,5 Tonnen. Damit gewinnt man nicht. Doch gewiss ist auch das nicht.

Organisator Don McIntyre rief zur zweiten Ausgabe seiner Retro-Regatta Golden Globe Race, und sie kamen. 2018 waren 18 Segler angetreten, diesmal haben es 16 Segler geschafft, rechtzeitig im Starthafen Les Sables d’Olonne einzutreffen. Hier liegen die Boote vorm Countdown am Steg.
Es wird gepackt und gewerkelt bis kurz vorm Start. Bei manchen fällt es schwer sich vorzustellen, wie sie sicher rumkommen. Aber alle haben ihre Boote in den letzten Monaten in Schuss gebracht.

Eine ganz besondere Atmosphäre
Es braucht nur wenige Interviews und schon ist man drin in dieser Golden-Globe-Gemeinde. Herzlich ist der Umgang, jeder hilft jedem. Und dazwischen sind die Fans und Begeisterten, die Fotos machen, Glück wünschen, Geschenke bringen. Tagelang. Die Atmosphäre verdichtet sich mit jedem Moment. Und immer deutlicher wird, was sie da eigentlich vorhaben. Ist es wahnsinnig, nur mit einem Sextanten – ohne Wassermacher und Kontakt zur Außenwelt – dieses Wagnis einzugehen?
Tappen im Ungewissen
Während die Außenwelt auf dem Tracker zuschauen kann und auf Windy die tobenden Stürme auf die Teilnehmer zukommen sieht, tappen die Skipper im Ungewissen und möglicherweise direkt ins Unwetter hinein. Weil es elektronische Wetterdaten 1968 noch nicht gab, bekommen die Teilnehmer einmal am Tag ein Wetterfax mit den aktuellen Wetterdaten. Bläst es mit mehr als 35 kn werden sie auch außerhalb der Reihe angefunkt und gewarnt.

So kann man manche Gewissheiten beim Golden Globe Race noch ignorieren und ist nicht der ständigen Datenkontrolle ausgesetzt, wie die Skipper der Vendée Globe, die permanent ihre Tracker checken um dran zu bleiben. Ein Pat Lawless, der jahrzehntelang in der irischen See gefischt hat, muss sich nicht vom Piepen der Instrumente nerven lassen, er kann das Wetter sehen, sagt er. Stürme sind sein Element. Er fürchtet sich mehr vor den Doldrums, der Flaute und der Schwüle. Gespannt ist er auf den Southern Ocean.
Es ist eine Frage der Haltung. Abenteuer kann man nur erleben, wenn man die Wirklichkeit ein Stück weit ausblendet, die digitale Kontrolle abgibt. Das ist die Herausforderung für die Skipper, die sich auf den 68er Weg gemacht haben, in den kommenden acht Monaten und mehr.

Bei der ersten Ausgabe 1968 kam nur ein Segler ins Ziel: Robin Knox-Johnston mit seiner Suhaili. Mindestens so viel Aufmerksamkeit bekam Bernard Moitessier, der sich dazu entschloss, als Zivilisationsverweigerer in die Südsee abzustechen und das Rennen sausen zu lassen. Donald Crowhurst hatte seine eigene Strategie, er frisierte sein Logbuch und versteckte sich. Geholfen hat es ihm nichts.
Eine Frau ist im Rennen
Beim zweiten Rennen 2018 lief Jean-Luc Van den Heede verdient als Erster ins Ziel. Jetzt läuft er über den Steg und schüttelt Hände. Gleiches tut Robin Knox-Johnston, auch er darf hier nicht fehlen. Er ist die lebende Legende für die Teilnehmer. Und die Teilnehmerin.

Kirsten Neuschäfer, die einzige Frau im Rennen, ist zurückhaltend. Sie mag den Medienrummel nicht. Sie will zeigen, was sie kann, gewinnen vielleicht. Doch da ist auch Respekt vor der Gewalt des Southern Ocean. Einige sagen, sie hat das Zeug zur Siegerin. Wenn nur das Material hält.
2018 schlossen sechs Skipper die Weltumseglung ab, Mark Sinclair allerdings mit Unterbrechung und erst drei Jahre nach dem Start. Nach streng mathematischer Reihe (1 – 6 – 12) müssten diesmal Dreiviertel der Skipper das Rennen meistern. float wird weiter vom Golden Globe Race 2022 berichten.
Das Wetter für die nächsten Tage von Sebastian Wache
Die Bedingungen sind für die Teilnehmer des GGR schon zu Beginn kein Zuckerschlecken. Denn ein festgefahrenes Tief bei Irland steuert im Moment weiträumig das Wettergeschehen auf den ersten Meilen. Doch bevor sie damit zu tun haben, sorgt vor dem Tief noch ein Hochdruckgebiet in der inneren Biskaya für eher schwächere und wechselnde Windsysteme.
Erst in der äußeren Biskaya auf Höhe von A Coruna wird sich das Windfeld des Tiefs zeigen. Dort baut sich ein stürmischer Südwestwind auf, der sich bis Mittwoch über die gesamte Biskaya ausbreitet. Es wird auch am Kap Finisterre deutlich windiger zugehen. Am Donnerstag zieht das Tief nach Osten ab. Und das entspannt die Lage etwas, auch weil ein Zwischenhoch sich von Portugal ins Teilnehmerfeld schieben wird.
Tief Danielle übernimmt
Das Hoch wird nicht von langer Dauer sein, denn die Situation ist von atlantischen Hurrikans geprägt. Der aktuelle Hurrikan Danielle wird im Laufe des Freitags als außertropisches Sturmtief die Regie übernehmen. Danielle wird sich ausdehnen und für viel Wind aus Südwest entlang der portugiesischen Küste sorgen.
Dazu zeigen die Modelle in der kommende Woche am Südrand des Ex-Hurrikans eine starke Randtiefbildung. Das wird den Südwestwind entlang der Küste Portugals weiter befeuern. Für die Segler sieht Sebastian Wache daher „sehr schwere erste zehn Tage“ auf See. Sebastian: „Ich befürchte, dass schon die ersten aufgeben könnten.“
Wer es bis Höhe Lissabon schafft, der sollte Mitte der kommenden Woche das Gröbste überstanden haben. Dann geht es deutlich entspannter in Richtung Kanaren und Kapverden. Doch die Phase der Hurrikans ist noch nicht vorbei. Und da diese bekanntlich schwer in den Modellen zu berechnen sind, ist nicht ausgeschlossen, dass die Segler es noch mit dem einen oder anderen tropischen Sturm zu tun bekommen könnten. Wirklich sicher sind die GGR-Segler erst, sobald sie die 5 Grad N unterschritten haben und damit kurz vor dem Äquator stehen.
Spannend ist ein Blick auf die 16 Teilnehmer.