Die Nacht der Entscheidung beim dramatischen Golden Globe Race steht bevor. Jean Luc Van den Heede hatte eine weitere harte Nacht mit 45 Knoten Wind und sechs bis sieben Metern Welle. Ungefähr um 11 Uhr am heutigen Montag hat er die Soundings erreicht, wo die Wassertiefe des Atlantiks von 4.000 m auf nur 200 Meter zurückgeht. Hier kann es zu schwer kalkulierbaren wechselnden Strömungen kommen. Jean Luc ist momentan mit 5,4 Knoten Tempo auf Kurs Richtung Les Sables d’Olonne. Er ist nur noch 125 Seemeilen von der Ziellinie entfernt. Über Funk teilte er, gewohnt lakonisch, mit: „Ich nehme an, ihr wisst, dass ich möglicherweise morgen ankomme.“
Wahrscheinlich hat der 73-jährige Franzose nur das Stagsegel oben, um den Mast seiner Rustler 36 zu schonen. Für die kommenden neun Stunden werden die Segelbedingungen nach Auskunft der GGR-Rennleitung stetig moderater. Erwartet werden anschließend gute Segelbedingungen für VDH, die bis zum Ziel halten sollten. Seine Ankunft wird gegen 9 Uhr deutscher Zeit erwartet.

Der Wind könnte vorm Schluss einschlafen
Tatsächlich besteht die Möglichkeit, dass Van den Heede morgen im Morgengrauen für ein paar Stunden der Wind ausgeht. Und zwar, wenn der seit Rennstart souverän führende Weltumsegler kurz vor dem Ziel an der französischen Atlantikküste ist.
Es sieht aber immer noch sehr gut aus für die Ankunft des fast havarierten Weltumseglers gegen 10 Uhr am Dienstagmorgen. Die lokale Vorhersage deutet auf Regen und leichten Wind aus Nord-Nordwest mit fünf bis 15 Knoten hin. Der Sturm mit angekündigten 45 Knoten Wind, der dicht hinter Jean Luc Van den Heede liegt, hat sich etwas abgeschwächt. Die Windfront wird Les Sables d’Olonne erst morgen am späten Abend eintreffen.

Mark Slats ist wieder zu orten
Der Zweiplatzierte Mark Slats ist Van den Heede auf den Fersen, aber mit einem Abstand von zurzeit 321 Seemeilen nicht nahe genug, um dem alten Salzbuckel den Sieg nehmen zu können. Bis heute mittags herrschte Ungewissheit, wo genau sich der Niederländer befindet.
Der Tracker auf seinem Boot war am Vortag abgestürzt. „Wir wissen nicht, wo er ist.“ meldete die Rennleitung daher heute am frühen Morgen. Der Batteriestatus seines Trackers, so die GGR-Zentrale, zeige 53% an. Alle Systeme seien spät gestern Nacht überprüft worden. Es könne aus der Ferne aber kann nichts getan werden, um den Tracker neu zu starten.
Für heute Nachmittag ist ein Telefonat mit Mark Slats geplant. „Wir haben einen sehr klaren und einfachen Plan, den wir gestern aufgestellt haben.“ Auf diese Weise könnte das Schlimmste des nahenden Sturms an ihm vorbeiziehen. Der Sturm zieht etwas schneller als erwartet durch. „Das alles hilft Mark“, erklärt Don von der Rennleitung. Die GGR-Zentrale ist zu diesem Zeitpunkt nicht besorgt. „Seine gesamte Sicherheitsausrüstung und drei EPIRBS sind intakt, und das Wetter gestern war gut.“ Vorbildlich schaltet er sein Satellitentelefon nur dann ein, wenn er selbst anruft. Darum herrscht zurzeit Schweigen im Atlantik.
Das Trio der letzten Drei ist abgehängt
Uku Randmaa segelt zurzeit mit sechs Knoten bei seinem vermutlich letzten Tag des Passatwindsegelns. Früher als erwartet trifft er auf die Flautenzone. Seine nächste Wegmarke ist der Äquator 500 Meilen vor ihm. Istvan Kopar hat ebenfalls Passatwinde, aber nicht genug. Er ist mit nur 4,3 Knoten auf Platz 4 auf der Höhe Brasiliens unterwegs.
Der Letztplatzierte Tapio Lehtinen ist der Einzige, der noch im Südpazifik unterwegs ist. Er hatte viel Zeit verloren, als er der der Südspitze Neuseelands bedrohlich nah gekommen war. Die Folgen dieses Manövers beschäftigen den Finnen bis heute. Zuvor hatte er vor einer Begegnung mit einem Hai gegen Seepocken gekämpft.
Mit rund 4,4 Knoten segelt er Richtung Kap Hoorn, das noch 850 Seemeilen entfernt ist. Wenn er den Atlantik erreicht, werden Mark Slats und Jean Luc Van den Heede schon im heimischen Bett schlafen können.

Les Sables d’Olonne mobilisiert sich währenddessen, um den Gewinner mit einem großen Fest zu empfangen. Am Ponton wird gemunkelt, dass der Gewinner des ersten legendären Golden Globe Race, Sir Robin Knox-Johnston, persönlich anwesend sein wird. Er könnte den Mann begrüßen, der 50 Jahre später sein Nachfolger sein wird. Mit großer Voraussicht werden sich zwei fast Gleichaltrige die Ehre geben.