Wenn man weiß, sie starten und kann es nicht live erleben, bremst das ein bisschen die Freude an der Berichterstattung. Man wartet sehnsüchtig auf Meldungen vom Pressezentrum der Rennorganisation, aktualisiert den Tracker, checkt Mails. Gestern Abend um 21:30 Uhr war es dann endlich soweit.
Die gesamte Flotte ist gestern um 16:15 Uhr (UTC) erneut ins Rennen gestartet. Nach dem Hafenrennen am Freitag, dass 11th Hour Racing als Sieg für sich verbuchen konnte, sind die fünf Teams jetzt zur vierten Etappe im Südatlantik aufgebrochen. In Führung liegt Biotherm mit kaum Abstand zum Rest der Flotte.
Der Start nach Norden erfolgte mit zwei küstennahen Runden auf Up- und Downwindkurs. Der großartige Start von 11th Hour Racing Team und Guyot Environnement Team Europe – die beiden Boote waren direkt an der Startlinie mit voller Geschwindigkeit losgeprescht – entpuppte sich als Fehlstart. Zurück auf Los. Ein teurer Fehler, der Biotherm den Weg zur frühen Führung ebnete, vor den Teams Malizia und Holcim-PRB.

Bei bummeligen 10 Knoten reichte es bei den Startrunden nicht ganz fürs volle Foilen. Biotherm baute seinen Vorsprung weiter aus. Zu Beginn der zweiten Runde gelang es Holcim-PRB schließlich, Malizia zu überholen. Das Boot von Kevin Escoffier schob sich auf Platz 2, während die Frühstarter weit zurücklagen.
Am Ende des Küstenabschnitts hatte Biotherm einen großen Vorsprung. Das Team von Benjamin Dutreux und Robert Stanjek holte ordentlich auf.
Paul Meilhats Biotherm lag am Morgen des ersten vollen Renntags in Führung. Aber jetzt (am Montagbend) ist es das Team Holcim-PRB, das sich nach vorne arbeitet. Noch sind die Abstände sehr gering: Zwischen dem ersten und dem fünften Platz liegen einen knappen Tag nach dem Start nur fünf Seemeilen.
Nico Lunven von Fockschot getroffen
Während der ersten Nacht auf See kam es zu einem unschönen Vorfall: Nico Lunven wurde gestern Abend von einer Fockschot im Team Malizia getroffen. Er erlitt leichte Schnitt- und Schürfwunden im Gesicht, wie das Team Malizia am Montagnachmittag bekanntgab.
Lunven wurde aus der Ferne von einem Arzt untersucht. Der Segler ist nach Angaben des Teams „fit, um weiter Rennen zu fahren und seine reguläre Wache zu übernehmen“. Nico Lunven konnte trotzdem die ganze Nacht durchrouten.

Er kommentierte sein Unglück lakonisch: „Ich fühle mich wie ein Boxer, der einen Kampf verloren hat, aber es ist ok.“ Trotz dieses Zwischenfalls konnte das Team Malizia den dritten Platz über Nacht halten und lag zum Zeitpunkt dieser Veröffentlichung (am Montag um 16 Uhr) nur zweieinhalb Seemeilen hinter der Spitze.
So wird es kommen: Das Wetter von Sebastian Wache
Diese Etappe führt 5.500 Seemeilen von Itajaij, Brasilien hoch nach Newport im US-Staat Rhode Island. Vom Südatlantik geht es in den Nordatlantik, von einer Hemisphäre in die nächste, vom Herbst in den Frühling. Wir befinden uns so ziemlich in der Halbzeit des Rennens, und es sind noch etwa 60 % der Punkte zu vergeben. Das Fly-by vor Kiel im Juni ist noch tausende Seemeilen entfernt.
Auf dem Weg von der Süd- auf die Nordhalbkugel werden wieder einige Klima- und damit Windzonen durchlaufen. Vor Brasiliens Küste befinden sich die Teams noch im subtropischen Bereich. Warme Temperaturen sind gepaart mit einem Wind, der vornehmlich vom sogenannten St.-Helena-Hoch gesteuert wird.

Je nach Lage des Hochs zeigt sich hier nicht der Südostpassat, sondern mit der Rundung des Windes um das Zentrum eher ein Nordostwind. Das macht es beschwerlicher, von der Küste wegzukommen.
Das Hoch wird in den kommenden Tagen sehr stabil und ortsfest bleiben. Die Teams müssen deshalb zunächst auf einen Ostkurs gehen, um dann kurz vor dem flauen Hochzentrum den Weg nach Norden zu nehmen. Dort, am Nordrand des Hochs, befindet sich der gute Passatwind. Und den wollen sie mitnehmen.
Sehr stark: der Guiana-Strom
Zum einen, um mit dem Wind besser und schneller zum Ziel nach Newport in den USA zu kommen. Zum anderen, um in der nächsten Klimazone – auf der Höhe der Tropen – die Strömung des Äquatorialstroms auszunutzen. Der geht unter der Küste Brasiliens in den teils sehr starken Guianastrom über.

Entlang der Kante der dortigen Sperrzone wird es mit dem Strom und auch mit einem guten Passatwind zügig vorangehen. Dabei treffen sich auf Höhe des Äquators auch die beiden Passatwindsysteme aus Südost- und Nordost-Passat. Das Risiko, in den Doldrums zu verhungern, ist mit jeder Meile unter der Küste nur sehr gering. Falls der Wind hier doch zu schwach ist, schiebt der Strom gut in die richtige Richtung.
Aus den Tropen zurück in die Subtropen der Karibik geht es weiter mit meist gutem östlichem Passatwind. Nach einer überwiegend stabilen Windlage wird es zwischen der Karibik bis Newport wieder extrem spannend.
Übergangsphase von Winter auf Sommer
Von den Subtropen geht es dann in den Bereich der gemäßigten Breiten – und damit in die Westwindzone. In der aktuellen Jahreszeit herrscht noch die Übergangsphase von Winter auf Sommer. Das führt zu rasch wechselnden Hochs und Tiefs in der Region.