Es gibt im Segelsport viele erfolgreiche Frauen. Im Gegensatz zum Schwimmen, Fussball oder zur Leichtathletik sitzen sie oft gemeinsam mit ihren männlichen Sportsfreunden in einem Boot, so wie beim aktuellen Volvo Ocean Race. Oder sie segeln gegeneinander wie bei der Segel-Bundesliga, so wie unsere Interview-Partnerin Silke Basedow.
Gemeinsam mit ihrer Schwester Maren hat sich die Bundesliga-Seglerin Silke Basedow bis in die Weltspitze im Match-Race gesegelt. Aktuell ist sie als Steuerfrau und Coach im Bundesliga-Team des Hamburger Segler-Clubs (HSC) aktiv. 2016 ist ihre Crew in die erste Bundesliga aufgestiegen. Beim Finale Anfang November in Berlin stiegen sie unglücklich direkt wieder ab.
float: Hallo Silke, herzlichen Glückwunsch, dass ihr so weit gekommen seid, und unser Bedauern, dass ihr nicht die erste Bundesliga halten konntet. Wie kam es dazu?
Silke Basedow: Ja, das ist sehr schade! In Berlin fehlten uns nur fünf Punkte. Bei drei Rennen waren wir das erste Boot an der Luvtonne und sind dann doch auf einem der hinteren Plätze gelandet. Aber so ist das manchmal im Sport.
Wie geht ihr damit um?
Wir sind schon enttäuscht. Mit meiner Schwester Maren und den Brüdern Max und Karl Gurgel hatten wir ein sehr gutes Team aufgestellt. Unser Potenzial haben wir in vielen Situationen gezeigt, aber am Ende hat es knapp nicht gereicht.
Wie geht es weiter?
Jetzt heißt es Analysieren und aus den Fehlern lernen. Wir werden im Winter das Team aufbauen und steuern für 2018 den direkten Wiederaufstieg an. Erste Trainings sind schon in Planung, und im Winter machen wir Theorieunterricht.
Was ist wichtig für den Erfolg im Regattasport?
Das A und O ist Training. Um gut zu sein, musst Du viel Zeit investieren und immer wieder aufs Wasser, am besten in Regattasituationen. Darum werden wir nächstes Jahr unter anderem an den Mittwochsregatten auf der Alster teilnehmen. Von April bis September sind da immer um die 70 Boote unterwegs, manchmal sogar 90 – vom 420er über 505er, Conger und Drachen bis zur J24.
Die schnellen Boote starten im Känguru-System als Letzte und müssen sich an der ganzen Flotte vorbeiarbeiten. Dabei sind nicht nur Feierabend-Skipper. Da wird an jeder Tonne gekämpft. Im April geht es dann für eine Woche an den Gardasee zum Trainingslager.
Hat sich das gemischte Team bewährt?
Ja und nein. Ab 15 Knoten Wind brauchst du kräftige Jungs an Bord, die ordentlich ziehen können und Gewicht auf die Kante bringen. Mit zwei Frauen oder auch zu dritt ist man einfach zu leicht. Deshalb wollen wir im kommenden Jahr mit fünf Frauen an der Deutschen Segel-Bundesliga teilnehmen. Abgesehen vom Gewichtsthema ist es aus meiner Sicht egal, ob es Männer oder Frauen sind. Es muss Spaß machen, und das Team muss gut funktionieren.
Silke, erzähl uns doch mal bitte ein bisschen von deinem bisherigen Seglerinnenleben.
Meine Schwester Maren und ich haben viele Sportarten ausprobiert und sind beim Segeln hängen geblieben. Das hat uns direkt gepackt. Im Opti alleine herumzuschippern machte uns keinen Spaß. Wir wollten gerne zusammen segeln. So kamen wir in den Teenie und zum Hamburger Segel-Club. Schnell gehörten wir zu den besten Teenie-Seglerinnen in Deutschland, 1996 wurde ich Deutsche Jüngsten-Meisterin – gemeinsam mit einem Jungen.
Dann bin ich auf den 420er umgestiegen. Es folgten deutsche und internationale Meisterschaften in Italien, Portugal, England und Australien. Das beste Ergebnis war ein vierter Platz bei der WM 2003 in England gemeinsam mit Marion Rommel.
2005 sind wir dann in die Match-Race-Szene eingestiegen. Im Damen-Match-Race waren wir ziemlich erfolgreich und konnten auf Platz 2 der Weltrangliste vorrücken. Unser Ziel waren die Olympischen Spiele in London 2012. Bei der Ausscheidung in Perth verloren wir das entscheidende Rennen. Es fehlte uns ein Punkt − das war schon bitter. Im Anschluss war ich Trainingspartnerin des russischen Olympiateams um Ekaterina Skudina, das am Ende knapp die Bronzemedaille verpasste.
Segeln ist seitdem für mich zu einem ambitionierten Hobby geworden. Ich segele sehr viel mit und gegen Männer: 2014 gewannen wir mit einem reinen Damenteam die Deutsche Match Race-Meisterschaft gegen die deutsche Männerelite, 2014 und 2016 die bunt besetzte Alsterglocke. Mit Steffi Köpcke und dem Frauenteam vom Mühlenberger Segel-Club gewann ich 2015 die German Open.


Wie kriegst du das Segel und deinen Job unter einen Hut?
Dazu gehört schon viel Disziplin – und gute Organisation.
Wie siehst du die Geschlechterverteilung im Segelsport?
Es kommt auf das Team an, egal ob Mann oder Frau. Profi-Seglerinnen und -segler teilen das Team nach Fähigkeiten ein. Meine Erfahrung ist, dass die Teams dann am erfolgreichsten sind, wenn es keine Genderprobleme gibt. Beim Start des Volvo Ocean Race sieht man, dass Carolijn Brouwer und Marie Riou auf der „Dong Feng“ die entscheidenden Segeltrimm-Positionen besetzen.
Aber es ist richtig: Es gibt immer noch sehr wenige Frauen im professionellen Segelsport. Dass beim Volvo Ocean Race Frauen am Start sind, liegt vor allem an einer Regeländerung, die reine Männerteams benachteiligt.
In Deutschland gibt es im Bereich des Frauensegelns einige Bewegung. Der Helga-Cup ist ein super Schritt in die richtige Richtung, um mehr Frauen für den Segelsport zu begeistern.
Gibt es in deinem bisherigen Seglerleben ein richtig schlimmes Erlebnis?
Verlieren ist nie schön. Wenn du dich lange vorbereitet hast, wie bei der Olympiakampagne für London 2012, und dann knapp dran vorbeischrammst, ist die Enttäuschung groß. Aber ich will aus solchen Krisen gestärkt hervorgehen. Mit Selbstreflexion und einem guten Coach wie Markus Bauchrowitz kann man das lernen. Man kann gerade aus dem Segelsport unheimlich viel in den Job mitnehmen: Teamgeist, nach Misserfolgen weitermachen und daraus lernen. Chancen und Risiken richtig einzuschätzen und schnell und flexibel auf veränderte Situationen zu reagieren.
Und wie steht es mit schönen Erlebnissen?
Davon gibt es reichlich! Der Aufstieg in die erste Bundesliga mit einem Superteam war ein tolles Erlebnis. Highlights waren für mich auch die Siege bei der Europameisterschaft 2009 und beim Damen-Weltcup bei der Sémaine Olympique vor Hyères 2010. Dort sind wir das Finale mit Stacy Jackson gesegelt, die aktuell mit „Vestas 11th Hour Racing“ das Volvo Ocean Race anführt.
Silke, wir danken dir für das Gespräch und wünschen dir eine erfolgreiche Saison in 2018.
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