Lisa lässt ihre Füße vorne am Bug über das ruhige Wasser baumeln. In der Bucht liegen noch zwei andere Yachten vor Anker, die Grillen zirpen am Ufer, sonst nichts. Sie blickt hinaus auf das offene Meer. Neben ihr an Deck ein Klemmbrett mit einigen dicht beschriebenen Blättern. Im Cockpit sitzen Monika und Magdalena, Post-its, Stifte, beschriebene Zettel und Klemmbretter am Tisch vor ihnen. Die beiden sind ins Gespräch vertieft. Sie sind dabei, ihr Startup unter Segeln zu planen.
„Macht ihr auf Schule?“ fragt der Skipper vom vorbeifahrenden Schiff sichtlich interessiert. Der Eindruck ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Neben den Schreibutensilien stehen auch Sundowner und Knabberzeug. An der Reling hängen Handtücher und Badekleidung zum Trocknen. „Nicht ganz“, antwortet Teilnehmerin Magdalena und beugt sich wieder über ihre Zettel. Sie holt sich von Monika gerade Feedback zu ihren Business-Ideen.

Segelyacht als schwimmender Seminarraum
Die sechs Frauen an Bord sind eine Woche lang gemeinsam unterwegs, um an ihren Projekt- und Geschäftsideen zu arbeiten. Die Yacht ist ein schwimmender Seminarraum. Aber nicht nur das. „Während der vielen Monate, die ich auf dem Segelboot verbracht habe, ist mir aufgefallen, dass beim Nichtstun und dem Betrachten der Wellen meine besten Ideen entstanden sind“, erklärt Veronika Steger, Skipperin und Gründerin der SeeFrauen.
Gemeinsam mit Unternehmensberaterin Julia Schratz und Hotelbesitzerin Vivienne Kaier hat sie daraus ein umfassendes Programm entwickelt. Ihr Ansatz, ein Startup unter Segeln zu entwickeln, heißt kompakt „Unternehmerinnen.segeln“.

„Unser Konzept basiert auf mehreren Säulen“, erklärt Julia Schratz: „Abgeschieden sein, visionieren, konkretisieren, Vertrauen in sich selbst gewinnen und gemeinsam Abenteuer erleben. Jede Teilnehmerin arbeitet am Vormittag konzentriert an ihren Ideen.“ Aber nicht den ganzen Tag. „Am Nachmittag lassen wir die Kopfarbeit hinter uns und segeln durch die kroatische Inselwelt. Jede kann sich beim Steuern und Leinen ziehen verausgaben. Am späteren Nachmittag, nach dem Sprung ins Wasser, wenn wir in einer neuen Bucht ankern und wieder Ruhe eingekehrt ist, geht’s weiter.“

Alle an Bord wollen ihre Ideen verwirklichen
Die Teilnehmerinnen an Bord haben entweder bereits ein Business, oder sind gerade dabei, ein eigenes Projekt aufzubauen. Alle an Bord wollen ihre Ideen verwirklichen. Heute Abend steht das Thema Ziele auf dem Plan. Am Tisch eine Schüssel Smarties und fünf aufgeklebte Zettel, auf denen das Akronym „SMART: Spezifisch, Messbar, Attraktiv, Realistisch, Terminisiert“ zu lesen ist.
Julia Schratz ist in ihrem Element. „Auf den ersten Blick klingt es simpel und logisch. Jede von uns formuliert Ziele, die den SMART Kriterien entsprechen. Meine Erfahrung hat gezeigt, dass aber erst der kritische Blick von außen die eigenen Vorhaben konkret und realistisch werden lässt“, führt sie ihre Überlegungen zur Übung aus. Die namensverwandten Schokolinsen dienen den Anwesenden zur Bewertung der vorgestellten Ziele.

„Es braucht mehrere Schritte, vom Traum, über die Vision hin zu den konkreten Zielen und Strategien, um Ideen wirklich umzusetzen“, erklärt Hotelbesitzerin und Trainerin Vivienne Kaier. „Strategische Visionsarbeit“ nennt sie das eigens entwickelte Konzept. „Wir nutzen einerseits das Lebensgefühl, das beim Segeln entsteht, das Gefühl von Freiheit und Selbstvertrauen. Andererseits arbeiten wir Schritt für Schritt daran, Ideen konkret werden zu lassen. Auf dem Boot gibt es wenig Ablenkung. Die Umgebung ist perfekt, um sich auf sich selbst zu konzentrieren“, ergänzt Veronika Steger.

Die Skipperin und Trainerin bietet ein interessantes Angebot an Bord ihrer Yacht, wie zum Beispiel Yoga an Bord oder Schreibkurse, die sie selber anleitet. In manchen Kursen sind auch Seemänner willkommen.
Krängungssicher montiertes Tagesmotto
Blickt man vom Cockpit ins Schiffsinnere, wird der schwimmende Seminarraum noch offensichtlicher. „Dream big, work hard, stay focused & surround yourself with good people.” Jeden Tag motiviert ein anderer Spruch nach dem Aufstehen, krängungssicher montiert.
Am nächsten Morgen liegt die Yacht der zukünftigen Unternehmerinnen noch vor Anker, als die interessierte Nachbarcrew vom Vortrag wieder vorbeifährt. „Immer noch beim Arbeiten?“, fragt ein Crewmitglied. Die Frauen winken und lachen. „Es fühlt sich nicht an wie arbeiten“, meint Lisa zu den anderen im Cockpit, „aber eigentlich ist es ja Arbeit. Ich nehme es bloß nicht so wahr, weil es für mein eigenes Projekt ist.“

Heute wird es darum gehen für die eigenen Projektziele eine gute und machbare Strategie zu entwickeln. Aber erst nach dem erfrischenden Sprung ins kühle Wasser. Dann denkt es sich besser.
Der nächste Termin ist vom 7. bis 14. September 2019 in Kroatien, auf einer 45-Fuß-Yacht. Und das Tolle: Es ist noch ein Platz frei! Weitere Infos gibt es hier.