Aber viel wichtiger war Mau Piailugs Bereitschaft, die alte Überlieferungskonvention zu durchbrechen und die Geheimschatulle der archaischen Navigation zu öffnen. Dank seines geteilten Wissens konnte die Hōkūle’a 1976 auf die Reise von Hawaii nach Tahiti gehen – so wie die Vorfahren 2.000 Jahre zuvor.

Emanzipierte Tradition
Wichtiger, als sich mit Thor Heyerdahl zu verbünden, war es ihnen, den Anthropologen Andrew Sharp zu widerlegen. Er sprach in den 1950ern den frühen Inselbewohnern die Fähigkeit ab, über längere Strecken als 300 Seemeilen gezielt navigieren zu können. Alles nur Blindflug und Zufall.
Diesen Fehdehandschuh griff die Polynesian Voyaging Society auf und erbrachte mithilfe von Mau Piailug den Gegenbeweis. Die Hōkūle’a fand ihren Weg zielgenau ohne Navigationsinstrumente. Lehua Kamalu kontert Andrew Sharp: „Die Schnellstraße der Kommunikation ist heute das Internet. Für die Bewohner Polynesiens erfüllte die Funktion früher das Kanu!“

Wo bricht der Sonnenstrahl, wo springt der Fisch
Als Kapitänin und Navigatorin auf der Hōkūle’a hat sie seit 2018 den Pazifik von Hawaii nach Kalifornien und bis nach Südafrika abgesegelt. Mit einer zehnköpfigen Crew aus Segelschülern wiederholte sie im Frühjahr 2022 die Initiationsreise der Hōkūle’a von Hawaii nach Tahiti, 3.000 Seemeilen in 20 Tagen ohne Navigationsinstrumente.
Die nächste Reise ist schon geplant. Drei Jahre lang wird die Hōkūle’a ab Frühjahr 2023 zwischen den Anrainerstaaten des Pazifik kreuzen und dafür werben, dass eine Rückbesinnung sehr wohl ein Fortschritt sein kann.

Unser Navigieren ohne Instrumente verbindet den Menschen dagegen auf direktem Weg mit seiner natürlichen Umgebung. Wo bricht der Sonnenstrahl, wo springt der Fisch? Das bringt uns nicht nur zu unseren polynesischen Wurzeln zurück, sondern zu den Wurzeln des Menschseins generell.“
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