Susie Goodall ist gerettet. Die 29-jährige britische Seglerin, die vorgestern 2.000 Meilen vor der südamerikanischen Küste havarierte, wurde um 16.14 Uhr deutscher Zeit von ihren Rettern an Bord geholt. Die Crew des chinesischen Frachters „Tian Fu“ hatte einen Tag zuvor Kurs auf die Havarieposition im südlichen pazifischen Ozean genommen. Am Mittwoch war die Seglerin, die am umstrittenen Golden Globe Race teilnimmt, bei stürmischer See über den Bug gekentert. Ihr elf Meter langes Boot hatte über die Bootsspitze einen Salto geschlagen. Danach war der Mast weg, sodass das Boot seitdem mit der verletzten Weltumseglerin manövrierunfähig im Ozean trieb.
Kurz vor der Rettung versagt der Motor
Der chinesische 40-Tonnen-Frachter war bereits in der Nacht an der Position des mit Anker treibenden Segelboots angekommen. Des unruhigen Wetters wegen warteten Susie und die Rettungscrew bis zum ersten Morgenlicht. Es war klar, dass kein Rettungsboot ausgebracht werden kann. So blieb nur die Möglichkeit, Susie Goodall per Bordleiter oder mit Hilfe von einem der vier Kräne an Deck der „Tian Fu“ an Bord zu nehmen.
Die Rettung hatte sich zunächst verzögert. Es war geplant, dass die Seglerin mit ihrem Boot unter Motor an das große Frachtschiff fährt und sich dort an den vom Schiff hängenden Haken einpickt. Doch dann versagte der eingebaute Motor des Segelboots. Die Befürchtung war: Ohne funktionieren Motor muss das Segelboot mit ausgebrachtem Anker driften, während der Steuermann sein 40.000 Tonnen schweres Schiff so manövriert, um Susie Goodalls exakte Position zu erreichen.
Die 29-jährige britische Weltumseglerin Susie Goodall ist am Mittwoch (05.12.2018) im Südlichen Ozean havariert. Ihre Position war rund 2.000 Meilen westlich von Kap Hoorn. Ihr elf Meter langes Boot ist in einem heftigen Sturm gekentert. Es wurde dadurch entmastet und ist seitdem manövrierunfähig. Susie Goodall ist die jüngste Teilnehmerin des umstrittenen Golden Globe Race, bei dem es bereits zahlreiche, teils lebensgefährliche Havarien gab. Jetzt naht Rettung, doch eine weitere Nacht wird vergehen, bis der chinesische Frachter „Tian Fu“ Susie Goodall durch schwere See erreichen wird.
„Ich war für eine Weile ausgeknockt“
In ihrer letzten SMS an die Rennleitung, die sie routinemäßig kurz vor der Entmastung am Mittwochmorgen (05.12.2018) gegen halb neun Uhr morgens schickte, berichtete Goodall: „ICH KRIEGE EINS DRAUF! ICH FRAGE MICH, WAS UM ALLES IN DER WELT ICH HIER DRAUSSEN MACHE.“ In der nächsten Nachricht, die um 12:23 Uhr empfangen wurde, schrieb sie: „ENTMASTET. BOOTSRUMPF OK. KEIN NOT-RIGG, ALLES WEG.“
Das Notsignal der 29-jährigen Seglerin wurde von der Küstenwache im britischen Falmouth am Mittwochvormittag um 11 Uhr englischer Zeit aufgefangen. Die Funkleitstelle informierte sofort die chilenischen Such- und Rettungsbehörden, die für diesen Sektor des Südpazifiks zuständig sind. Die Seglerin hatte zuvor ein „Pitchpole“ erlebt. Dabei war ihre Segelyacht über die Bootsspitze gekentert. „Ich wurde durch die Kajüte gewirbelt und war für eine Weile ausgeknockt“, berichtet Goodall.
Nach drei Versuchen erreichte die Rennleitung Goodall auf ihrem Not-Satellitentelefon. Sie bestätigte den Totalverlust: „Mein Boot wurde wurde entmastet. Ich dachte, der Rumpf habe ein Loch, weil das Boot voll Wasser war. Aber der Rumpf ist NICHT undicht. Der Rumpf ist in Ordnung. Das Boot ist hin. Ich kann kein Notsegel aufstellen. Das Einzige, was intakt ist, sind der Rumpf und das Deck.“

Manövrierunfähig und mit Schürfwunden
Susie Goodall bestätigte, dass sie alle Luken, Bullaugen und Sicherheitsausrüstung gesichert habe – und keine Soforthilfe brauche, berichtet die Rennleitung. Sie sagte, dass sie vor die Havarie die Segelbedingungen „genossen“ habe. Aber dann brach das Sicherheitsrohr an ihrer Automatiksteuerung. So war sie gezwungen, das Großsegel herunterzunehmen.
Die Seglerin war unter Deck, als das Boot kenterte. Susie berichtete, dass sie Schnittverletzungen, Schürfwunden und eine große Beule am Kopf davongetragen habe. Die Windstärke ist inzwischen auf 45 Knoten gefallen, und die Wetterbedingungen dürften sich weiter verbessern, da der Sturm weiter nach Osten zieht.
Das Notfallwasser ging bei der Kenterung flöten. Zerbrochenes Glas und Lebensmittel liegen überall herum. Alles im Salon ist in den Bugbereich geflogen und ein totales Durcheinander. Nach der Kälte an Deck wärmt sie sich seitdem in der Kajüte auf, heißt es.

Das Rennen geht weiter
Susie Goodall lag zum Zeitpunkt des Unglücks auf dem vierten Platz. Unangefochten führend ist der älteste Segler, der 73-jährige Franzose Jean Luc Van den Heede. Er selbst ist nach einer Havarie mit angeknackstem Mast unterwegs. Sei erst einmal der Atlantische Ozean erreicht, sagte der nur „VDH“ genannte Segler vor zwei Wochen, werde alles einfacher. Notfalls werde er sein Notrigg nutzen, falls der Mast seinen Dienst versagt. Inzwischen segelt der Favorit mit 6,7 Knoten Speed im weniger stürmischen Südatlantik.
Was mit Goodalls Schiff nach der Rettung geschieht, ist noch nicht bekannt. Die „Laaland“, das Boot des vor einigen Wochen ebenfalls verunglückten Golden-Globe-Mitseglers Loik Lepage, war nach der Rettung gesunken.