Das Lächeln von Skipper Charlie Enright war so strahlend wie die frühe Morgensonne im dänischen Aarhus. Am Montagmorgen führte er sein Team 11th Hour Racing auf Platz 1 in der fünften Etappe des Ocean Race. Nach 7 Tagen, 8 Stunden, 41 Minuten überquerte sein Team um 4:56 Uhr die Ziellinie. Die Crew der Malizia, die erst kurz zuvor den Tempo-Weltrekord gebrochen hatte, kam erst um 9:27 Uhr lokaler Zeit an – als Dritte.

Das Team von Charlie Enright fährt für diese Atlantiketappe von Nordamerika nach Europa 10 Punkte ein. Damit liegen 11th Hour Racing mit 28 Punkten in Führung bei der Gesamtwertung des Ocean Race.
Knapp 4 Stunden nach dem Etappensieg von 11th Hour Racing belegte das Team Holcim PRB einen hart erkämpften zweiten Platz. Skipper Kevin Escoffier verlor damit die Führung und liegt nun mit 27 Punkten einen Punkt im Rückstand. Team Malizia hatte mehr als 40 Meilen zu Holcim PRB gutmachen können, kam aber mit fünf Minuten Rückstand doch nur auf Platz drei und steht mit vier Punkten im Rückstand zum Führungsteam.
Will Harris enttäuscht, aber zuversichtlich
Dabei hätte dies ihre Etappe werden sollen. „Wir waren so nah dran, Holcim PRB am Ende noch einzuholen“, sagte Will Harris enttäuscht in Aarhus. „ Leider haben wir nicht ganz das Ergebnis erreicht, das wir wollten. Wir hätten wirklich gerne ein paar Punkte mehr geholt.“ Trotzdem bleibt er zuversichtlich, das Rennen noch gewinnen zu können: „In diesem Rennen kann alles passieren. Man muss bis zum Ende an sich glauben … es gibt noch viel zu kämpfen.“

Die 11th-Hour-Crew um Skipper Charlie Enright, den britischen Navigator Simon Fisher, Justine Mettraux und Charlie Dalin am Trimm sowie Media-Mann Amory Ross machte ein üerzeugendes Rennen. Sie dominierte fast die gesamte 3.874 Seemeilen lange Etappe souverän.
Gewusst, wann man pushen musste
„Es ist ein gutes Gefühl, an der Spitze der Tabelle zu stehen“, sagte Enright im Hafen. „Wir haben das Boot gut positioniert, wir sind schnell gesegelt und wir hatten keine technischen Probleme. Wir wussten, wann wir pushen und wann wir uns schonen mussten. Wir haben nicht ein einziges Mal die Werkzeugtasche geöffnet.“
Und das, obwohl das Team, als Maliza und Holcim PRB am 25. Mai die Tagesbestmarke knackten, eine Kollision mit einem Wal hatte. Und die war so heftig, dass Charlie Dalin und Amory Ross sich Verletzungen zuzogen. Amory Ross verletzte sich an der Schulter, Charlie Dalin zog sich eine Gehirnerschütterung zu.

11th Hour Racing hat damit die zweite Etappe in Folge gewonnen und die Taktik von Leg 4 fortgesetzt: Sie sind aggressiver gesegelt als in den ersten Legs. Navigator Simon „SiFi“ Fisher hatte mehr Freiraum, um sein eigenes taktisches Rennen zu fahren. Er hat einen besonders tollen Job gemacht. Das Team hat ihm dabei durch einen veränderten Wachwechsel den Rücken freigehalten.

Fisher erklärt es so: „Wir hatten viel Wind über Schottland und segelten zeitweise unter ziemlich schwierigen Bedingungen. Wir wussten, dass wir vielleicht nicht das schnellste Boot waren, aber wir haben uns ganz auf unsere Taktik verlassen.“
Eine neue Erkenntnis: nicht immer müde sein
Für den Vendée-Globe-Einhandsegler Charlie Dalin, der zum ersten Mal eine Imoca im Team segelte, war diese Etappe eine neue Erkenntnis: „Wenn man alleine unterwegs ist, ist man immer am Limit, immer müde. Mit einer kompletten Crew ist deine einzige Aufgabe, schnell zu segeln. Die Geschwindigkeit des Trimmens und die schnellen Manöver waren fast wie eine Choreographie. Wenn man die Segel wechselt oder halst, geht das so schnell, dass man das Boot kaum abbremst.“


Für die Schweizerin Justine Mettraux, die seit 2020 zum Kernteam von 11th Hour Racing gehört, war diese transatlantische Etappe ihre letzte an Bord der „Mālama“. „Es war großartig, Charlie Dalin bei uns zu haben. Er brachte neue Sichtweisen und andere Ideen für die Einstellungen und das Set-up ein“, sagte sie im Ziel. „SiFi hatte viel Spaß dabei, sich auf das Wetter zu konzentrieren, und wir haben die Wachen neu organisiert, um effizienter zu sein, und das hat alles sehr gut funktioniert.“
Team Biotherm, das wegen eines Problems mit den Wanten langsam segeln muss, nähert sich der Spitze Schottlands und hat noch über 750 Seemeilen bis zum Ziel vor sich. Es wird erst Ende der Woche in Aarhus eintreffen.
Am Mittwoch, den 8. Juni 2023, wird das Rennen für die sechste Etappe mit dem Fly By in Kiel auf dem Weg nach Den Haag in den Niederlanden wieder aufgenommen. Hoffentlich ist dann auch Guyot Environnement wieder dabei.
Etappenwertung
Platz 1: 11th Hour Racing Team, 28 Punkte (4+3+3+3+5+10)
Platz 2: Team Holcim – PRB, 27 Punkte (5+5+5+4+8)
Platz 3: Team Malizia – 24 Punkte (3+2+4+5+4+6)
Platz 4: Biotherm Racing – 13 Punkte (2+4+2+2+3+TBC)
Guyot environnement – Team Europa, 2 Punkte (1+1+0+0+0+0)
In-Port-Race-Rangliste
11th Hour Racing Team – 17 Punkte (4+4+5+4)
Team Malizia – 16 Punkte (5+3+3+5)
Holcim-PRB – 10 Punkte (0+5+2+3)
Biotherm – 9 Punkte (3+0+4+2)
GUYOT environnement – Team Europa 5 Punkte (2+2+1+0)
Die kommenden Etappen:
Etappe 6: Von Aarhus nach Den Haag (mit einem Fly By an Kiel
Etappe 7: Den Haag nach Genua