Endlich wird Tally Ho – in bestem Sonntags-Outfit – den begeisterten Fans vorgestellt. Über 2.000 kommen zum Open Ship. Erica – auch im Sonntagsdress – macht die Türsteherin und die Jungs stehen stolz zu allen Fragen Rede und Antwort.
In sechs Jahren Bauzeit hat Leo mithilfe einer Menge fantastischer Helfer die Tally Ho, 1909 von Albert Strange gezeichnet und ursprünglich in England gebaut, komplett neu aufgebaut. Wenn man die alten Bilder betrachtet, sieht man, wie schön das neue Schiff glänzt. Grund genug, es anlässlich des Port Townsend Boat Festivals der Öffentlichkeit zu präsentieren. Doch zuvor muss noch das Ruder samt Trimmklappe fertiggestellt werden.
Das Ruder ist smooth
Zeal widmet sich seit Monaten alleine dieser Aufgabe. Von dem Ausschneiden der ersten rohen Holzbalken aus Purple Heart im Dezember bis zum letzten Schliff an dem gigantischen Bauteil ist ihm ein wahres Meisterwerk gelungen. Alleine das Anpassen der fünf Ruderbeschläge war Maßarbeit in Perfektion.
Nun bringt er auch die Stiftbeschläge (Pintels) am Ruder an. Damit sie keinen Widerstand bieten, werden die Beschläge mit heißvernieteten Bronzebolzen an dem großen Holzbauteil angebracht, wie schon die Lochbeschläge (Gudgeons) am Achtersteven. Hierbei ist Kraft gefragt, wenn der große Hammer auf die glühenden Bolzenköpfe drischt. Durch diese jahrhundertealte Technik sitzen sie absolut fest.
Nach dem Überschleifen sind die Bolzen nahezu unsichtbar. Sollten die Beschläge doch einmal abgenommen werden müssen, bohrt man die Köpfe einfach auf. Das ist echte Schmiede-Arbeit, eine Kunst, die ein Schiffszimmerer beherrscht. Danach ist allerdings wieder Holzarbeit angesagt: Mit Stecheisen, Schiffshobel, Raspel und Schleifpapier rundet Zeal die letzten Kanten ab und macht das mächtige Ruder „smooth“.
Trimmklappe mit Clou
An der Hinterkante des Ruders wird nun die Trimmklappe montiert. Auch hier kommen wieder Ruderbeschläge aus der Port Townsend Foundry, der örtlichen Bronzegießerei von Pete Langley, zum Einsatz. Das kleine Extra-Ruder soll durch separate Einstellung den Ruderdruck verringern. Es ist aus dem viel leichteren Gelbzeder-Holz gefertigt, mit Glasmatte überzogen und mit eingelassener Bronzewelle versehen.
Es ist nicht nach oben abnehmbar wie das Ruder und ist nur in drei gelochten Beschlägen gelagert. Diese wiederum werden mit Maschinenschrauben befestigt zur leichteren Demontage. Der mittlere besteht aus zwei Teilen. Der eigentliche Clou ist allerdings der Einstellmechanismus: An der Oberseite ist die eingelassene Welle etwas länger, sodass sie mit einer weiteren Stange nach oben verlängert werden kann. Diese läuft durch ein schräg durch den Ruderkopf gebohrtes G10-Rohr mit Delrin-Lager und kann von oben eingestellt werden.
Nippel fürs Fett
Schwere Ruderstifte, die in passgenauen Bronzehülsen (Gudgeons) laufen sollen, bedürfen gelegentlicher Schmierung. Hier ist wieder Feinmechanikerarbeit gefragt. In jeden der Ruderbeschläge, die an Rumpf und Spiegel sitzen, bohrt Zeal ein kleines seitliches Loch mit Gewinde. Hier können Schmiernippel (Zerk fittings) eingeschraubt werden, um Fett einzupressen.
Da das aber nur selten notwendig ist, werden die Gewinde mit Madenschrauben verschlossen, damit die Gewindelöcher oder die Schmiernippel nicht durch Dreck oder Farbe verkleben. Zum Schluss bekommt das Ruder einen Schlag weiße Farbe wird wieder einmal mit vereinten Kräften und Flaschenzug eingehängt- fertig zur Präsentation am Open Ship day.
Auch das große Schmetterlings-Skylight und das Schotpferd werden nun an Deck gehievt. Zunächst nur trocken montiert für den Ehrentag, lassen sie zusammen mit den hochglanzpolierten Wilmex-Winschen und dem kleinen Kompasshaus die Tally Ho erstrahlen. Nun können die Besucher kommen.
Der Star des Port Townsend Wooden Boat Festivals
Und sie strömen herbei. Lange haben sie gewartet, um nun endlich in Natura zu sehen, was sie in bisher 165 (!) Video-Episoden verfolgt haben. In einer langen Schlange stehen seit dem frühen Morgen etwas 2.500 Tally-Ho-Fans und warten geduldig, bis Türsteherin Erica ihnen Einlass gewährt. Sie dürfen am Ruder „wedeln“, bestaunen die Trimmklappe und werden schließlich durch die Werkstatt an Deck der Tally Ho gelassen.
Hier stehen George, Nic, Patty, Zeal, Clifton, Joe und Leo und haben für jede Frage ein offenes Ohr. Viele Freunde und Sponsoren sind dabei. Leos Gastgeber Darleen und Raoul aus Sequim, wo seine Tally-Ho-Story ihren Anfang nahm, haben Papageiendame Pancho mitgebracht. Ein „sehr intensives Erlebnis für die ganze Crew mit vielen süßen Momenten und tollen Geschichten, wenn die Bewunderer erzählten, was die Videos ihnen bedeuten. Ein ganz spezieller Tag, vielen Dank an jeden, der dabei war“, freut sich Leo.
Was allerdings auffällt: Es ist kaum jemand dabei, den wir aus den frühen Videos kennen (und es gab viele, die an dem Projekt mitgearbeitet haben). Weder Rowan aus der Bronx noch Pete von nebenan gaben sich die Ehre. Schade.
Dennoch war es für alle ein gelungener Tag und Leo und sein Team sind glücklich und erschöpft an diesem Abend. In zwei Wochen sehen wir mehr. „See you next time, cheers.“