Damit hatte keiner im County gerechnet: Kurz nach Veröffentlichung von Leos letztem Video hagelte es E-Mails aus aller Welt mit der Bitte, das Projekt nicht in Gefahr zu bringen. Viele waren freundlich, einige harsch und anklagend: Alle wollen, dass die 111 Jahre alte „Tally Ho“ weiter restauriert werden kann, nachdem ein Nachbar sich beschwert hatte.
Seit vier Jahren baut Leo Sampson in seiner Freiluftwerft Sampson Boat Co die Kutter-Segelyacht „Tally Ho“ wieder auf, seitdem berichtet float darüber. Die Gewinnerin des Fastnet Race von 1927 wird hinter dem Haus seiner Gastgeber in Sequim im US-Bundesstaat Washington restauriert. In bald 100 exzellenten Videos zeigt Leo auf unterhaltsame Weise, wie traditioneller Bootsbau praktisch abläuft. Eine riesige Fangemeinde spendet ihm Werkzeug und Geld, Know-how und immer wieder auch seelischen Beistand.
Mit seinem Team freiwilliger Helfer, der Auszubildenden Rosie und Pete, dem fest angestellten Holzschiffbauer, sind in zwei Jahren ein neuer Kiel, Vor- und Achtersteven, Spiegel, Spanten, Balk- und Kimmweger und Decksbalken entstanden. Seit Dezember wird der Rumpf beplankt. Jetzt steht der Schiffskörper kurz vorm Einsetzen der Schlussplanke.

Eine dunkle Bedrohung
Das gesamte Projekt war zuletzt bedroht, weil ein genervter Nachbar sich wiederholt bei der Gemeindeverwaltung über Leo beschwert hatte. In einem amtlichen Brief wurde Leo Sampson unter Androhung eines Bußgelds untersagt, Baulärm und Staub zu verursachen sowie Videos zu drehen und darüber Spenden einzuwerben.
Es gab daraufhin eine offizielle Anhörung und jetzt auch ein befriedigendes Ergebnis. Vielleicht auch, weil viele Fans Leo Sampson Rückendeckung gegeben haben. Zwei Anwälte aus der Gegend haben ihn gegenüber dem County vertreten.

Am Ende musste die oberste Gemeinderätin öffentlich zugeben, dass der Verfasser des Briefs seine Kompetenzen überschritten hat. Leo darf in Ruhe weiter bauen, Videos veröffentlichen und Spenden sammeln, solange er sich an die Ruhezeiten hält. Aber er versteht die Menschen, die nicht neben einer Bootswerft wohnen möchten. Vor allem möchte er keinen Rechtsstreit führen.
Bootssuppe, Trunnels und Buttocks
Zunächst aber geht es im aktuellen Video um den Bootsbau selbst, und Leo beantwortet Fragen seiner Unterstützer. Rosie erklärt, dass der Rumpf von außen farbig lackiert wird, weil das der beste Schutz gegen UV-Strahlung ist. Von innen wird das Holz mit Boots-Suppe, einer Mischung aus Holzteer, Leinöl und Terpentin behandelt. Beim Bohren der Löcher für die Nieten werden manchmal auch die Holznägel (Trunnels) getroffen, mit denen die einzelnen Spantenteile (Buttocks) verbunden sind. Sie sind dicker als die Nieten, und der Gesamtverbund bringt zudem die Festigkeit.

Warum verwendet Leo unterschiedliche Holzsorten in der Beplankung? Das festere und gegen Rott resistentere Angelique bildet die Kielplanken (garboards) und die breiten Planken (broads) im Unterwasserschiff. Hier drohen von innen Fäulnis und von außen Felsen. Im Schergang laufen viele strukturelle Befestigungen zusammen.
Er bildet die Verbindung zum Deck und muss bei unsanften Manövern auch mal einen Stoß abfedern. Für die dazwischenliegenden Planken kann das günstigere Wana-Holz (Red Louro) verwendet werden. Den ganzen Rumpf mit Angelique zu beplanken, würde das Budget übersteigen.
Schergang-Biegung und Spiegel-Ansatz
Die allerletzte Angelique-Bohle ist voller Holzfehler. Daraus den Backbord-Schergang zu schneiden, ist eine Herausforderung. Die nötige Querbiegung beim Ansetzen ist aber noch im grünen Bereich. Warum laufen die Planken von außen an den Spiegel (also die Heckplatte), so dass das empfindliche Hirnholz (das end-grain) der Sonne ausgesetzt ist?