Es geht mit großen Schritten beim Innenausbau der 112 Jahre alten klassischen Kutteryacht Tally Ho voran. Gezeichnet von Albert Strange, lief sie 1909 bei Stow & Son in Shoreham in West Sussex vom Stapel. Nach einer wechselvollen Geschichte lag das Schiff in einem jammervollen Zustand in Oregon, wo Bootsbauer Leo Sampson es mit Unterstützung der Albert Strange Association 2017 übernahm.
Eine Restaurierung war zwecklos. So baut Leo mit Hilfe eines kleinen Teams von freiwilligen Helfern und angestellten Bootsbauern die klassische Yacht seitdem komplett neu auf. Von Anfang an dokumentiert er in alle zwei Wochen erscheinenden Videos die Arbeitsfortschritte, garniert mit guter Musik und netten Anekdoten. float begleitet sein Projekt von Beginn an.

Diese Videos haben ihm inzwischen eine weltweite Fangemeinde beschert, die ihn mit Sach- und Geldspenden unterstützt. Die Verbreitung der Videos über Youtube mit zigtausenden Klicks verschafft ihm einen komfortablen finanziellen Background. So kann er mit besten Werkzeugen und Maschinen arbeiten, gutes Holz kaufen und Bootsbauer, die ihr Handwerk verstehen, bezahlen.
Angefangen hat er vor fünf Jahren allerdings mit kleinem Budget. Die Hilfe von vielen Freunden und freiwilligen Helfern hat ihm den Anfang erleichtert. Seine sympathische Art, hochklassige Bootsbau-Arbeit und die immer besseren Videos haben den Briten dahin gebracht, wo er heute steht. Der Stapellauf soll in zwei Jahren sein, vielleicht auch eher.
Eine Klappe und zwei Pfosten
Am Beispiel der Zugangsklappe zum Maschinenraum demonstriert Leo uns, wie er auch Details mit großer Akribie fertigt. Die kleine, aus dem Längsschott geschnittene Klappe bekommt einen Eichenrahmen mit Gehrungsecken, Isolierung und Einhakfüßen. Sie sitzt halb verdeckt an der Lotsenkoje. Ein Kompromiss, denn zum Impellerwechsel muss man die Matratze und einen Lattenrost anheben. Zum Glück ist diese Arbeit nicht allzu oft fällig.


Mit der Mini-Max-Kombimaschine baut er zwei aufwendig designte Türpfosten aus Eiche für den Eingang zu seiner „Eignerkabine“. Das Arbeitsgerät ist eine Kombination aus Abrichter, Dickenhobel, Kreissäge und Fräser, das ein Gönner gestiftet hat. Die Chefkajüte ist eigentlich nur eine große Koje mit einem kleinen Fußraum davor, direkt neben der Maschine.
Mit Wachs für die Bowlingbahn
Für den späteren Boat Captain allerdings ist der beste Platz direkt neben dem Niedergang. Zu beider Freude ist Papageiendame Pancho aus Sequim mal wieder zu Besuch und schaut Leo von Ihrem Sitzbaum über die Schulter. Wer genau hinschaut, entdeckt auch eine kleine Flasche „Bowling Alley Wax“ – das Bowlingbahnwachs. Damit rutschen die Holzwerkstücke besser über die Maschinen und in die Passungen.
Richard, dem Veteran, obliegt die Aufgabe noch ein paar kleine Schotten und die Lotsenkoje einzubauen. Mit seiner ruhigen Art, die von der Abgeklärtheit vieler Jahre Erfahrung spricht, fertigt er ohne Hast die Rahmen und Lattenroste für das Kapitänsbett. Klar, dass alle Verzapfungen 100-prozentig passen. Der Kapitän oder Lotse wird hier („Pilot Berth“ ist die englische Bezeichnung für diese Koje) einen ruhigen Schlaf haben, solange an Deck alles klar läuft.

Weiße Flächen für Licht im Innenraum
Rowan ist derweil damit beschäftigt, die Schotten weiß zu streichen. Dazu gehört ewiges Primern und Spachteln: „Ich denke, es werden so an die 40 Schichten Primer, bis Leo sagt, es reicht“, schmunzelt er. So viele werden es wohl nicht ganz werden. Zwei- bis dreimal primern und eine Lage weißer Lack reichen im Allgemeinen. Arbeit genug bei den großen Flächen.
Aber warum streicht er das schöne Douglasien-Holz weiß? Leo erklärt es uns: „Ein großes verwinkeltes Boot kann innen dunkel und eng wirken. Große weiße Flächen und Decken lassen den Innenraum leichter, größer und behaglicher erscheinen.“

Bevor der Innenausbau weitergeht, bekommen die Rumpfinnenflächen, Spanten und Balk- und Kimmweger noch mehrere Lagen „Le Tonkinois“. Dieses lösemittelfreie französische Lacköl basiert auf Leinöl und chinesischen Holzölen. Das Lacköl schützt das Holz optimal und ist besonders für Innenflächen geeignet. Dazu muss die gesamte Fläche angeschliffen werden. Das ganze Team ist einige Tage damit beschäftigt – unter Atemschutzmasken, versteht sich.
Back home to good old England
Pete hat sich im Lauf der letzten Wochen mit dem Anpassen der Teak-Leibhölzer und Fische – den Coverboards und Kingplanks – beschäftigt, die das Gelbzeder-Deck einfassen. Jetzt gönnt Leo Sampson sich und seiner Crew eine Auszeit.
Nach zwei Jahren zieht es ihn wieder in seine Heimat nach Südengland. Dort warten Freunde und Familie – und vielleicht seine alte Freundin Cecca? Leos Abschiedsformel ist so auch leicht abgeändert: Nach dem obligatorischen großen Dankeschön an alle seine Unterstützer heißt es diesmal „Anyway, let’s catch up flight“, grinst er in die Kamera.