Erst hatten sie kein Glück, dann kam noch Pech dazu. So könnte man die letzten beiden Tage für das Malizia-Team zusammenfassen. Immerhin mussten sie nicht umkehren, anders als die Crew von Guyot Environnement – Team Europe. Die musstem wegen eines strukturellen Schadens am Rumpf die Etappe durch den Southern Ocean abbrechen und sind nun auf dem Rückweg nach Kapstadt.
Aber auch auf der Malizia brach kurz die Welt zusammen, als vor zwei Tagen abends beim Segelwechsel plötzlich das Code-Zero-Vorsegel ins Wasser rauschte und sich dabei im Foil verfing. Die einzige Lösung war es abzuschneiden, um Schäden an den Profilen und am Kiel zu vermeiden.

Die Crew konnte das zerschnittene Segel zwar wieder an Bord ziehen, kann es aber nun nicht mehr benutzen. Damit fehlt dem Team ein wichtiges Segel auf dieser Etappe. Das kostete die Segler nicht nur Nerven, sondern auch Meilen. Denn das Hoch, das direkt hinter ihnen lag, holte sie ein und setzte sie fest.

Boris Herrmann kommentierte das Geschehen gestern auf Youtube so: „Ich bin etwas niedergeschlagen, weil wir einen Riss im Mast festgestellt haben. Das ist ein ganz schöner Rückschlag für uns. Wir müssen noch mal hochklettern, den Mast abschleifen und dann laminieren. Und wenn wir es geschafft haben, den Riss mit Kohlefaser zu überziehen, können wir fast wieder mit 100 % segeln. Erstmal sind wir noch im Rennen.“
Eine Etappe mit ziemlich viel Pech
Alles in allem hatte das Malizia-Team bisher auf dieser Etappe ziemlich viel Pech. Der Start verlief gut, aber dann trieben sie in der Aghula-Strömung ab und verloren den Anschluss an das führende Team. Im Moment liegt die Malizia mitten im Hoch, 435 Seemeilen hinter dem Favoriten Holcim PRB. Kevin Escoffiers Crew konnte vor dem Hochdruckgebiet hersegeln und weiter am Rand eines Tiefs Meilen machen. Auch der Abstand zum Zweitplatzierten 11th Hour Racing beträgt mehr als 300 Seemeilen.


Hightech-Reparatur mit Anleitung
Die guten Wetterbedingungen ließen die Mast-Arbeiten schließlich am Nachmittag des 2. März 2023 zu. Das Ziel der Reparatur: ein Stück Kohlefaser über den beschädigten Mast zu laminieren. Die Malizia-Crew bekam dafür klare Anweisungen vom technischen Team an Land. Drei Stapel Kohlefaser-Matten mussten vorbereitet werden. Da nur begrenzte Vorräte an Bord sind mussten sie genau rechnen.
Jeder Stapel besteht aus sechs Materialstücken, die sternförmig aufgelegt werden müssen, damit sie funktionieren. Während der Reparatur konzentrierte sich Nico darauf, das Boot auf Kurs zu halten. Boris Herrmann koordinierte die Abläufe und hielt den Kontakt mit dem Landteam. Rosie, die zuvor in den Mast gestiegen war, bereitete das Laminat vor.

Will Harris übernahm in fast 30 Metern Höhe das Vorbereiten der defekten Stelle. Mit dem Elektrohandschleifer musste er die defekte Stelle glattschleifen, damit anschließend das Kohlefaser-Laminat aufgeklebt werden kann.
Hier zu arbeiten ist extrem anstrengend. Denn auch wenn nicht viel Wind geht, lassen die Wellenbewegungen ruhiges Arbeiten nicht zu. Will Harris kleben die Fasern im Gesicht, und sie stechen wie Glas. Ohne Dusche an Bord keine angenehme Sache.
Im Wettlauf mit der Zeit
Die Kohlefasermatten mussten an Deck mit Harz getränkt werden, bevor Will sie am Mast oben anbringen kann. Die Aushärtung des Materials ist nach 25 Minuten abgeschlossen. Der Arbeitsablauf musste also sehr genau koordiniert werden. So lief es ab: Will steigt in den Mast und gibt Bescheid, als er bereit ist. Rosie beginnt bei Minute Null mit dem Aufrollen des Harzes auf dem ersten Stapel Kohlefasermatten. 10 Minuten sind um.
Der Stapel wird in einem Eimer mit einer Winde den Mast hinaufgezogen. 15 Minuten sind um! Will bringt die erste Matte am Mast an. Dann tränkt Rosie den zweiten Kohlefaserflicken, anschließend den Dritten. Der ganze Prozess dauert Stunden. Will ist die ganze Zeit über oben am Mast und arbeitet zum Schluss mit der Stirnlampe im Dunkeln.


Wird das Material halten?
Der Mast sollte nach der Reparatur wieder voll belastbar sein. Auch wenn die Reparatur nicht hundertprozenzig funktioniert hat, kann das Team mit einem kleinen Vorsegel und Großsegel im ersten Reff weitersegeln.

Boris Herrmann, der mit Höhenangst selber schon in den Mast steigen musste, war sehr beeindruckt von Wills Arbeit im Mast. „Großer Respekt an Will, es erfordert so viel Mut, so viele Stunden in der Dunkelheit und bei drei Meter hohem Seegang dort oben zu sein“, sagte er nach getaner Reparatur. Jetzt muss sich zeigen, ob das Material ähnlich gut belastbar ist wie vorher.