Frühmorgens, an einem regnerischen Freitag im Februar, Sturm Zeynep läuft sich schon warm, starten Theresa Schulte-Kramer und Jens Böckmann von Yachtverstand gemeinsam in Hamburg. Ihr erstes Ziel: die Bianca 27, die unter den fünf Auserwählten in die engere Wahl kommt.
Sie steht auf einem durch die letzten Regentage fast schon maritim anmutenden Bauernhof. Die Hafeneinfahrt ist ein Scheunentor, das die beiden in eine professionelle Winterlagerhalle führt. Der Eigner erwartet sie schon. Auf den ersten Blick zeigt sich die Bianca 27 in gutem Zustand.
Während sich Theresa mit dem Eigner den inneren Werten unter Deck widmet, beginnt Jens Böckmann mit hellem Schweinwerfer und detailliertem Prüfprotokoll seine systematische Prüfung am Unterwasserschiff. Das gibt leider ein trauriges Bild ab mit seiner Blasenbildung. Seit dem Auskranen im letzten Herbst besteht der Verdacht auf Osmose, so stand es auch in der Anzeige. Der Eigner ist ehrlich und korrekt. Das ist nicht immer so.
Aber ist es wirklich Osmose? Böckmann prüft das gesamten Unterwasserschiff auf Feuchtigkeit: negativ. Auch die Blasenflüssigkeit riecht nicht nach Osmose-Blasenflüssigkeit. Und liegt unter den Blasen rohes Laminat? Auch negativ. Ein Servicebetrieb hat für den Eigner schon einige Teststellen freigelegt, gut für den Yachtverständigen. So kann er den Feuchtigkeitsmesser direkt aufs Laminat aufsetzen. Aber auch hier: negativ. Das Messergebnis ist so trocken wie die Referenzpunkte an der Bordwand über Wasser.
Die Schäden summieren sich
Allerdings zeigt der Aufbau der Farbschichten ein sonderbares Bild. Über das System und ob es korrekt appliziert wurde, kann man nur mutmaßen. Unter Berücksichtigung aller Prüfergebnisse vermutet Böckmann, dass sie es hier mit einem schadhaften Farbsystem zu tun haben und allenfalls mit beginnender Osmose. Doch das bedeutet, alles muss bis aufs Gelcoat runtergeschliffen werden, final geprüft und mindestens neu aufgebaut werden.
Ein hoher Zeit- und Kostenfaktor. Wenn das vernünftig von einem Fachbetrieb gemacht wird, summiert sich das bei diesem Schiffstyp schnell auf bis zu 10.000 Euro. Und: Theresa wollte diese Saison schon intensiv zum Segeln nutzen. Mit diesem Schiff wird das eher nichts …
Theresa empfängt Jens Böckmann mit leuchtenden Augen unter Deck, denn hier macht alles einen vielversprechenden Eindruck. Und tatsächlich, auch er ist überrascht vom guten Gesamtzustand. Bei genauem Hinsehen offenbaren sich aber doch einige Schwachstellen: Der Teakbelag auf dem Vorluk fehlt größtenteils, das blanke Sperrholz der Unterkonstruktion liegt frei. Das sieht nicht nur furchtbar aus, sondern ruiniert auch in Kürze das ganze Luk.